Damian
lebten hier nicht einfache Bauern oder Viehhirten, sondern Gelehrte, Architekten, Schreiber, Handwerker und Künstler.“ In Rubins Gesicht zeigen sich vor Aufregung rote Flecken.
„Aber“, fährt er fort, „die Siedlung und die Gräber erwiesen sich als wissenschaftlicher Flop. Man fand nur ein paar Scherben von Tonkrügen und Schalen und einige wenige Überbleibsel von Werkzeugen. Alles in allem also nichts, was man nicht schon in Deir el-Medina gefunden hatte. Die Kosten einer umfangreichen Expedition und Ausgrabung erschienen nach diesen ersten Erkenntnissen ungerechtfertigt, weil sie nicht erfolgversprechend waren. Also fanden sich auch keine Investoren. So beließ man es bei den wenigen Dingen, die fast offen im Wüstensand lagen und konzentrierte sich auf die Gräber, übrigens fünf an der Zahl.“ Rachel schaut den Professor wissbegierig an.
„Aber auch das erwies sich als eine überaus unbefriedigende Aktion. Man befreite die Eingänge vom Sand und fand relativ schnell den Zugang zum Inneren. Aber die Enttäuschung unter den Wissenschaftlern war groß. Die Gräber waren vollkommen schmucklos, keine einzige Zeichnung oder Hieroglyphe zierte die Wände und man fand weder einen Sarkophag, geschweige denn eine Mumie oder irgendwelche kostbaren Beigaben.“ Rachel schüttelt verwirrt den Kopf.
„Aber dann hieße das doch, dass Cunningham ein Lügner ist. Die Gegenstände, die er angeblich hier gefunden hat, sind demzufolge entweder Fälschungen oder aber nicht von hier“, denkt sie laut nach.
„Nun, Cunningham hat uns bestimmt noch nicht alles über seine Sammlung altägyptischer Gegenstände erzählt“, fügt der Professor leise hinzu, „bewusst oder unbewusst, ich weiß es nicht. Aber, ich würde ihn nicht gleich als Lügner oder Fälscher bezeichnen. Die Fotos, die er uns vorab hat zukommen lassen sind überaus bemerkenswert“, wirft Rubins ein. „Für mich waren diese Aufnahmen es alle Mal wert hierher zu fliegen und die Originale einmal genauestens zu betrachten. Im Übrigen hat Cunningham die Gegenstände nicht selbst aus dem Wüstensand gegraben, wenn Du das glaubst. Er hat angegeben sie von seinem Großvater geerbt zu haben. Wobei sich auch hier die Frage stellt, woher sein Großvater die Fundstücke hat, wenn die Siedlung erst vor ein paar Jahren entdeckt wurde.“ Rachel ist immer noch misstrauisch.
„Was ist aber, wenn die Stücke tatsächlich gefälscht sind? Sie werden ihm doch bestimmt nicht ins Gesicht sagen, dass er ein Lügner und Betrüger ist.“ Rachel sieht den Professor aufmerksam an.
„Nein, nein, natürlich nicht! Aber ich glaube nicht, dass es Fälschungen oder Replikate sind. Diese verkauft man über dubiose Händler auf dem Schwarzmarkt. Käufer gibt es genug und die Preise sind astronomisch. Nein, wenn es Fälschungen wären, dann würde sich ein so intelligenter Mann wie Cunningham niemals an ein wissenschaftliches Institut wenden und erst recht nicht die finanziellen Mittel für unsere Arbeit bereitstellen.“ Rubins kramt die Unterlagen wieder zusammen und stopft sie zurück in seine alte Ledertasche.
„Mir ist immer noch nicht ganz klar, warum das Ministerium für Altertumsforschung in Kairo dieses Gebiet nicht auch für seine Zwecke nutzt“, beginnt Rachel von Neuem. Rubins weiß, was sie andeuten will. Natürlich werden die antiken Sehenswürdigkeiten Ägypten massiv für den Tourismus genutzt.
„Es gibt noch so viele unentdeckte Schätze im Wüstensand und die Archive des Museums in Kairo sind bis unter das Dach prall gefüllt. Selbst dort sind noch nicht alle Artefakte genau untersucht und katalogisiert. Erst vor ein paar Jahren hat man in den dortigen Archiven erstaunliche Entdeckungen gemacht. Man hat einfach vergessen, dass dort wahre Kostbarkeiten lagern. Eine weitere Siedlung in der Nähe des Tals der Könige ist zwar recht interessant, aber letztlich für den Tourismus uninteressant, da Deir el-Medina bereits alles zeigt, was für die touristische Vermarktung von Bedeutung ist. Diese kleinere Siedlung wird keine Devisen ins Land spülen, weil es nichts Spektakuläres zu sehen gibt. Also hat das Ministerium die Akten zu diesem Gebiet geschlossen und es für „nicht unmittelbar erschließungswürdig“ abgestempelt.“ Rachel sieht zu, wie der Professor seine Tasche verschließt und sich aufmacht den Wohnwagen zu verlassen. Irgendwie ist für einige Sekunden eine gewisse Anspannung zu spüren, der Rachel auf den Grund gehen will.
„Da ist
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