Damiano
ausplündert!«
Paris mischte sich gewandt ins Gespräch.
»Möglich wäre es, aber ich denke, es ist nicht der Fall. Die Condottieri dienen Verträgen, nicht Menschen, und ich erinnere mich, bei meinem letzten Besuch am päpstlichen Hof gehört zu haben, daß Pardos Zeit abgelaufen war, und entweder er oder der Heilige Vater den Vertrag nicht verlängert hatte. Und was, meine lieben Brüder, ist ein Condottieri ohne Land und ohne Auftraggeber mehr als ein Straßenräuber?«
»Sie sind sowieso alle Räuber«, erklärte Eulenspiegel höhnisch, während er mißmutig in die Leere starrte.
Damiano revidierte seinen Eindruck von diesem Mann; er hatte in der Vergangenheit zweifellos großen Schmerz gelitten.
»Dennoch bitte ich euch, seid vorsichtig, ihr Herren. Schlagt nicht die Straße ein, die von den Bergen abwärts führt, sonst werdet ihr vielleicht feststellen müssen, daß ihr mitten ins Unglück gelaufen seid. Und wenn Ihr den Hufschlag vieler Pferde auf der Straße hört, dann verlaßt sie schnell und versteckt euch.«
»Würden wir sowieso tun«, brummte Eulenspiegel, während der Dichter nur seufzte.
»Ah, ich danke Euch, Freund Delstrego«, sagte Paris, während er den Wein in der Korbflasche und einen Laib Brot zu Damiano hinüberschob. »Ich trinke auf Eure Gesundheit, denn Ihr habt Sorge um die unsere offenbart.« Er nahm Damianos grüne Flasche und trank daraus. »Jetzt müßt auch Ihr trinken, sonst hat der Trinkspruch keine Wirksamkeit.«
Mit einem verlegenen Lächeln trank Damiano von ihrem Wein. Zu seiner Überraschung war er so gut wie sein eigener. Er lobte ihn.
»Das will ich meinen, daß er gut ist«, versetzte Eulenspiegel und zeigte seine Zähne.
Paris räusperte sich. »Ich weiß Euren Rat zu schätzen, Signore Dottore Delstrego, und glaube, wir sind Euch alle drei dankbar. Doch unser Weg wurde uns bestimmt, noch ehe wir Frankreich verließen, und wollten wir von ihm abschweifen, so wäre damit der Sinn unserer Reise dahin.
Ich will Euch sagen, Freund in der Wildnis, daß wir drei den Spuren des großen Petrarca von Avignon nach Mailand folgen, um jedes Fleckchen des Landes zu erkunden, über das er schrieb.«
»Ah, diese Verse!« rief Breton, der Dichter. »Unsterbliche Verse, wild wie der Gott Pan.«
Damiano fuhr zusammen. Es war, als hätte ein Hund gesprochen – nicht Macchiata, sondern ein anderer Hund.
»Ich suchte ihn in Mailand auf«, bemerkte Damiano. »Er war sehr freundlich und ließ mich vier von seinen Gedichten in ein Buch abschreiben. Um mehr wagte ich nicht zu bitten, denn ich saß in seinem Büro mit dem Fenster zum Dom, und er saß mir gegenüber und fragte mich, welche Stellen mir gefielen. Es war ein großer Augenblick in meinem Leben. Dennoch glaube ich nicht, daß Petrarca zu Beginn des Winters von Avignon fortritt, oder doch?«
Der Dichter öffnete seine braunen Augen so weit, daß sie kreisrund wirkten.
»Er hat mit Euch gesprochen? Der Laureat persönlich? Ihr habt in seinem Haus geweilt?«
Damiano zuckte die Schultern.
»Nur eine Stunde. Ich zweifle, daß er sich meines Namens erinnern würde.«
»Delstrego vergißt man so leicht nicht«, bemerkte der Flachskopf. »Ich habe mir den hier angesehen«, fügte er hinzu und deutete auf den Stab, der in der Beuge von Damianos linkem Arm lehnte. »Ihr gebraucht ihn beim Gehen?«
Das schwarze Holz begann unter den Blicken der vier Augenpaare zu vibrieren. Damiano strich mit der Hand darüber, so verlegen wie immer, wenn die Rede auf seine Hexenkunst kam.
»Nein, obwohl er in dieser Hinsicht sehr nützlich und brauchbar ist. Ich gebrauche ihn, um meine Konzentration zu bündeln, denn sonst bewegt sich die – Kraft – ungebunden im Körper und umwölkt den Geist.«
»Ihr seid ein Hexer?« hauchte Paris, und er und seine Gefährten erstarrten.
»Ein Zauberer«, widersprach Damiano und fragte sich augenblicklich, warum, um alles in der Welt, er das gesagt hatte. Die drei drängten sich zusammen wie Vögel vor der Schlange, und Damiano errötete tief.
»Domine Deus, meine Freunde, ihr braucht darum keine Angst vor mir zu haben. Ich bin ein Gelehrter und ein Christ.«
Aber sie blieben stocksteif sitzen. Gleich, dachte Damiano, würde einer von ihnen sagen: »Aber der Teufel kann auch die Bibel zitieren.« Es war ein Spruch, der ihn immer ärgerte. Mit einem tiefen Seufzer stand er auf, stellte seinen Stab zu der eingewickelten Laute in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes.
»So, ihr Herren. Meine Kraft
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