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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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müssen davon ausgehen, daß er recht hat. Ich werde eine Reiterschar zur Nordstraße zurückführen.
    Aber erst morgen. Heute bleibt es nicht mehr lang genug hell.« Er sah auf Damiano hinunter. »Jedenfalls nicht für Menschenaugen. Aber wenn du uns helfen willst, dann kannst du uns etwas zu essen besorgen. Sonst müssen wir auslosen, wessen Pferd geschlachtet wird.«
    Damiano warf ihm einen scharfen Blick zu.
    »Was erwartest du von mir? Fische und Brote? Ich habe eine Flasche schleimlösende Medizin in meinem Bündel. Das ist der Grund, weshalb ich den Auszug aus der Stadt versäumte. Ich überwachte den Kessel.«
    Belloc lächelte trotz der Sorge auf seinem Gesicht.
    »Ah ja, über dem Kessel.«
    »Wovon wolltet ihr euch denn nähren«, fuhr Damiano fort, »wenn ihr praktisch nur mit den Kleidern, die ihr auf dem Leib tragt, hier herausgekommen seid?«
    Denezzi setzte ein unwirsches Gesicht auf und warf Holz in die Flammen.
    »Wir glaubten, wir würden bald wieder heimwärts ziehen können. Sobald Pardo weitermarschiert wäre. Spätestens in einer Woche. Und ich rechnete damit, daß die Hirten die Schafherden heimwärts treiben würden, sobald sie vom Vormarsch des Heeres hörten. Aber sie sind nie gekommen, obwohl wir anderthalb Tage auf sie warteten. Sie sind wahrscheinlich längst in Turin und haben die Schafe als ihre eigenen verkauft.«
    »Nehmt nicht gleich das Schlechteste von ihnen an«, knurrte Belloc. »Es kann auch sein, daß sie überrannt worden sind und unsere Schäfchen jetzt in den Bäuchen der Soldaten liegen.«
    Doch das tröstete Denezzi nicht.
    »Du hast den Befehl zum Marsch gegeben?« fragte Damiano nachdenklich, während er an den schlaffen Saiten seiner Laute zupfte. »Du, nicht der Bürgermeister oder der Stadtrat?«
    Denezzi machte eine Handbewegung, als wolle er eine Fliege vertreiben.
    »Ich sitze im Stadtrat. Auf mich hört man. Im übrigen sind die meisten unserer Stadtväter nicht in wehrfähigem Alter; der Bürgermeister selbst ist mit den Frauen nach Aosta gezogen.«
    Damiano spähte durch das ziselierte Gitterwerk der Elfenbeinrose, die das Schalloch der Laute schmückte. War da drinnen etwas feucht geworden?
    »Ich habe weder Fleisch noch Brot, Paolo. Und sie lassen sich mit Hexenkraft nicht herbeischaffen. Ich fürchte, ihr werdet ein Pferd schlachten müssen.«
    »Das wird einen der armen Burschen hier schwer treffen«, entgegnete Denezzi. »Und unnötig ist es auch. Ich glaube, du kannst uns helfen, Damiano.«
    »Wie?«
    »Du kannst uns ein Tier aus den Bergen herbeirufen, das wir schlachten können.«
    Damiano fuhr verblüfft herum.
    »Ich hab’ es dich schon früher tun sehen«, fuhr Denezzi fort. »Wir waren damals beide noch Knaben. Da hast du die Kaninchen aus den Feldern gerufen und die Hunde aus den Zwingern ihrer Herren. Und mein Pferd. Ich weiß noch, wie es mich abwarf und zu dir trabte und seine schwarze Nase in deine Hand legte. Oh, das vergesse ich nie.«
    »Ich habe deinem Pferd damals nicht befohlen, dich abzuwerfen Paolo. Das war sein eigener Einfall.«
    Damiano erinnerte sich der Episode wohl; am deutlichsten erinnerte er sich des harten Schlags auf die Lippe, den Denezzi ihm nach seinem Sturz verpaßt hatte. Damiano war damals neun Jahre alt gewesen und Denezzi dreizehn.
    Damiano runzelte die Stirn in dem Bemühen, etwas zu erklären, das sich nicht so leicht in Worte fassen ließ.
    »Ich kann – ich kann die Tiere mit dem Versprechen auf ein Stück Brot oder einen freundlichen Klaps auf die Nase zu mir locken, Paolo. Aber ich kann sie nicht zwingen. Und ich kann sie gewiß nicht mit dem Ruf locken, ›Kommt her und laßt euch schlachten‹.«
    »Sag einfach ›kommt‹ «, schlug Denezzi vor. »Ich weiß, du kannst kein Blut sehen, Schleiereule, darum brauchst du die Ziege oder was es sonst für ein Tier ist, nur zu streicheln, und wir erledigen den Rest.«
    Damiano senkte wieder den Kopf.
    »Das ist Verrat.«
    Er hörte einen Mann auf der anderen Seite des Feuers kichern. Er biß die Zähne zusammen.
    »Es ist sehr schwierig, ohne Worte zu lügen, Paolo.«
    »Es ist sehr schwierig, Hunger zu leiden«, versetzte Denezzi. »Entweder ein wildes Tier oder ein Pferd, Schleiereule. Du kannst es wenigstens versuchen.«
    Er hätte Erschöpfung vorschützen können; er war wirklich fast bewußtlos vor Müdigkeit. Aber er spürte die Augen der Männer auf sich, und er hatte seine Hilfe angeboten. Außerdem kannte er praktisch jedes Pferd von Partestrada bei

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