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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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und verzog schmerzlich sein Gesicht, als er der Fesseln gewahr wurde. Einen Augenblick später lösten sich alle Fesseln und Bänder auf dem Karren und huschten wie die Schlangen davon. Die Wagendeichsel kippte nach vorn auf die Straße, und ein Dutzend Frauen taten mit schrillem Geschrei ihre Verblüffung über die plötzliche Befreiung und den Verlust ihrer Schnürkorsetts kund.
    »Damiano!« sagte Carla eindringlich, die entweder kein Schnürkorsett trug oder sich nichts daraus machte. »Ich habe darum gebetet, daß ich dich wiedersehen würde, aber ich hatte wenig Hoffnung. Wie bist du nur durchgekommen? Ich glaube, der Teufel selbst ist * über uns hinweggeflogen. Konntest du ihn fühlen?«
    »Wie?« Damiano wandte sich ab. Obwohl er noch Augenblicke zuvor gleichgültig dem Tod ins Auge gesehen hatte, war ihm durch Carla sein eigenes Gesicht wieder offenbart worden. Der Teufel selbst? Er schämte sich, ohne recht zu wissen, warum.
    Unterdessen fegte der Tod wie ein Lauffeuer über die schneebedeckte Bergstraße hinweg. Damiano wollte auch das nicht sehen, deshalb senkte er seinen Blick auf die rauhen Holzbretter.
    »Die Kinder«, stammelte er. »Die anderen Frauen und die alten Männer. Was ist ihnen zugestoßen? Pater Antonio… Haben sie – «
    »Sie sind alle in Aosta«, zischte Signora Anuzzi gehässig. Sie hatte sich einfachen Handwerkern wie den Delstregos immer überlegen gefühlt. »Sie wurden von einer Eskorte Soldaten begleitet, ganz wie es sich gehört. Als wäre das armselige Gesindel von königlichem Geblüt. Nur diejenigen unter uns, die etwas wert sind, wurden zusammengeschnürt wie Schweine, die zum Markt fahren.«
    »Die Soldaten – waren nicht gewalttätig?« Damiano sah fragend von einem Gesicht zum anderen.
    Signora Anuzzi prustete verächtlich.
    »Sie haben uns nicht vergewaltigt, falls Ihr das meint, junger Tunichtgut.«
    Er kratzte sich verwundert am Kopf. »Aber – « Wieder sah er Carla Denezzi an. »Sie werden alle umgebracht«, sagte er und schwieg dann, als erwarte er eine Bestätigung seiner eigenen Worte.
    Sie betrachtete ihn ernst und schweigend. Ihre Hand lag leicht auf der seinen.
    »Die Soldaten werden alle getötet, aus Rache für die Verbrechen, die sie an euch begangen haben. Und ich habe das möglich gemacht«, schloß er.
    »Gott sei gelobt«, brummte die alte Signora Anuzzi.
    Carla spürte, wie Damiano zusammenfuhr. Sie fing seinen entsetzten Blick auf und hielt ihn fest. Nur ihr vollkommenes Verständnis in diesem Augenblick bewahrte Damiano davor, sich in einem Tränenstrom oder im Wahnsinn zu verlieren.
    Der Karren neigte sich. Paolo Denezzi kletterte herauf.
    »Es ist erledigt«, verkündete er, dann sah er Damiano und Carla. »Du rührst meine Schwester nicht an«, brüllte er, so daß die Hälfte der Frauen von neuem hysterisch zu weinen anfing. »Sie ist eine reine Taube. Und du – du, Delstrego, bist ein Ungeheuer.«
    »Paolo!« rief Carla voll Zorn und Empörung.
    Doch Damiano entzog ihr sehr langsam seine Hand. Er sagte nichts und sprang vom Wagen. Er ging zwischen den Gestalten hindurch, die so reglos auf der Straße lagen, als hätten sie Leben nie gekannt.

Aosta war eine größere und wohlhabendere Stadt als Partestrada, da es an der schönsten und günstigsten Stelle der einzigen Straße lag, die von Norden aus nach Piemont hineinführte. Damiano hatte häufig so empfunden, daß dies ein ungerechter Vorteil für eine Stadt sei, die sonst kaum Besonderheiten vorzuweisen hatte. Sie teilte mit Partestrada einen schnell strömenden Fluß, der in den Bergen Evançon hieß, am Fuß der Berge jedoch seinen Namen und sein ungestümes Wesen änderte und von nun an Dora Baltea genannt wurde.
    Ein großer Teil desGoldes, das Damiano aus dem Haus Delstrego mitgenommen hatte, war dafür verwendet worden, den ärmeren Flüchtlingen Unterkunft zu bezahlen, aber dennoch würden diese rasch Arbeit finden oder weiterziehen müssen. Hätten die Bürger von Aosta, die sich über das unverhoffte Geschäft freuten, gewußt, daß oben im Schnee fünfzig Soldaten und acht Pferde begraben waren, so hätten sie die Flüchtlinge gewiß nicht aufgenommen. Im Tal von Aosta, wo man durch die umliegenden Berge zwar einigermaßen, aber doch nicht hinreichend geschützt war, hatte man keinerlei Verlangen, sich in die Händel einzumischen, die Amadeus selbst hätte austragen müssen.
    Doch die Leute von Aosta brauchten von all dem nichts zu wissen. General Pardo selbst würde so schnell

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