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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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und dem darüber vom Wind aufgehäuften Erdreich gebildet hatte. Er lauschte auf das Klirren von Pferdegeschirren. Hinter ihm tat sich ein gähnender Abgrund auf, der in bodenlose Tiefen mündete.
    Er merkte plötzlich, daß Macchiata an seiner Seite war.
    »Nein, Macchiata«, flüsterte er scharf. »Mach daß du wegkommst. Du darfst nicht in meiner Nähe sein.«
    »Nicht in deiner Nähe sein?« echote sie in klagendem Ton. »Nicht in deiner Nähe sein, Herr? Wie kannst du das sagen? Ich bin heute schon stundenlang von dir getrennt gewesen, und dabei sollte doch nichts uns trennen, solange wir leben. Das hast du selbst gesagt – «
    Damiano ließ sich nicht erweichen. Er duckte sich tief auf den Boden, die Augen auf den oberen Teil der Straße gerichtet.
    »Ja, meine Kleine, und wenn du nicht von hier verschwindest und schleunigst machst, daß du die Straße hinunter kommst, wird einer von uns nicht mehr lange leben. Ab jetzt!«
    Macchiata lief davon.
    Die Männer von Partestrada hatten sich einige hundert Fuß zu Damianos Linker zusammengeschart, an einer Stelle, die Damiano von seinem Versteck aus sehen konnte, die aber von der oberen Straße nicht eingesehen werden konnte. Mit gezogenen Schwertern und blanken Äxten warteten sie nervös. Sie hatten keine Ähnlichkeit mit Soldaten, aber wenigstens waren ihre Pferde nirgends zu sehen.
    Damiano gewahrte den Anführer des Zugs der Soldaten in seiner dunklen Uniform, im selben Moment, als er das Klirren eisenbeschlagener Hufe auf Eis hörte. Der Hauptmann war derselbe, der Damiano zuvor entdeckt und ihm anzuhalten befohlen hatte. Damiano versuchte festzustellen, welche der Männer über Pfeil und Bogen verfügten.
    Der Hauptmann passierte Damianos Versteck. Er führte fünfzig Männer an, zwanzig Schwertkämpfer, zwanzig Speerkämpfer, fünf Bogenschützen. Die restlichen fünf Männer mußten die Wagen bewachen. Sie ritten so nahe vorüber, daß Damiano nur seinen Stab hätte schwingen müssen, um einen von ihnen niederzuschlagen.
    Statt dessen jedoch stand er auf, von einer tiefen Erregung und prickelndem Grauen erfüllt. Der Soldat, der ihm am nächsten war, wich in abergläubischem Schrecken zurück, als er Damiano so unversehens auftauchen sah, als wäre er an der glatten Felswand emporgeschwebt.
    Damiano nahm seinen Stab in beide Hände. Er ließ seine dunkle, unsichtbare Kraft in das Holz strömen. Mit teuflischer Befriedigung ließ er den tödlichen Refrain los, den er seit dem Zusammenbruch der Kuh in sich erstickt hatte.
    »Kommt!« Der schreckliche Ruf widerhallte an den Felsen, klang weithin durch die Lüfte, konnte nicht unbeachtet bleiben. »Kommt! Kommt und laßt euch schlachten!« kreischte es.
    Jedes Pferd bäumte sich in wilder Hysterie auf, und jeder Mann schlug seine Hände auf die Ohren.
    Die gellenden Schreie der Tiere vereinten sich mit seinen Schreien, während er sie an ihren Tod glauben machte. Männer, die sich schon tot wähnten, stürzten aus den Sätteln und blieben in Eis und Schnee liegen.
    Die Ochsen, die den Karren mit den Frauen zogen, gebärdeten sich wie wild, schlugen ziellos mit allen Vieren um sich. Einer der Ochsen stieß einem anderen die spitzen Hörner in die Augen, und das Schmerzensgebrüll des verwundeten Tieres vermischte sich mit dem Schreien und Heulen rundum. Auch die Frauen schrien. Als Damiano die Augen öffnete, sah er, wie ein Pferd blindlings in den Abgrund sprang.
    Keiner der Männer hatte sein Pferd in der Gewalt; nur wenige saßen noch im Sattel. Noch während er zusah, zerbrachen die Ochsen des ersten Packwagens den hölzernen Bremshebel und galoppierten vom Ende des Zugs nach vorn, wobei der Wagen in immer schnellere Fahrt geriet, und die Ochsen Menschen und Pferde gleichermaßen niedertrampelten. Die hohen, bunt bemalten Räder hinterließen blutige Spuren.
    Die Männer von Partestrada standen an die Felswand gedrückt. Damiano konnte sie kaum sehen. An der Biegung geriet der Ochsenkarren vollends außer Kontrolle. Das Außenrad drehte sich wie rasend im Leeren, dann kippte der Karren zur Seite. Verängstigtes Brüllen wurde zu gellendem Geschrei, das dünn und klagend heraufklang, als sängen die Tiere beim Sturz in den Abgrund.
    Damiano betrachtete stumm das Werk der Zerstörung. Männer krochen auf allen vieren wie Pferde, ohne sich um die Schwerter zu kümmern, die ihnen aus den Händen gefallen waren. Ein brauner Wallach lag unmittelbar vor ihm flach auf dem Boden und schrie wie ein Mensch. Ein paar

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