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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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Hand in seiner Mähne, die steile Straße hinauf.
    Zwei trutzige Steinpfosten markierten den Eingang zum Dorf, aber weder schwangen zwischen ihnen die Flügel eines Tores, noch schloß sich ihnen eine Mauer an. Auf der einen Seite eines der Pfosten wuchs dort, wo die Mauer hätte sein müssen, eine mächtige Eiche, die offenbar schon sehr alt war. Das schien darauf hinzuweisen, daß die Mauern von San Gabriele Jahrhunderte zuvor eingestürzt waren, wenn sie überhaupt je errichtet worden waren. Damiano schritt unter den kahlen, knorrigen Ästen des alten Baumes hindurch.
    Hier pulsierte wieder Leben. Buden und Stände säumten die Straße bis weit über die Grenzen des eigentlichen Ortes hinaus. Wollsachen, Korbzeug und zu leuchtenden Farben getrocknete Peperoni wurden dort feilgeboten. Der erste Mann, den er sah, trug einen Rock aus selbstgewebtem Tuch, der zweite einen Umhang aus Otterfell. Sieben blökende Mutterschafe wurden die Hauptstraße hinuntergetrieben, an einem Mann im Narrenkleid vorüber, der eine Weinflasche auf der Nase balancierte.
    Damiano hatte nicht gewußt, wie ausgehungert er nach dem Anblick von bunten Stoffballen und hochgestapelten Winterkürbissen war, nach den Gesprächen wohlhabender Bauern und dem Klagegeheul der Bettler. Auch Macchiata war begeistert und winselte sehnsüchtig, während sie mit dem Schwanz gegen das Bein ihres Herrn klopfte.
    »Warte noch ein bißchen, meine Kleine«, flüsterte Damiano und führte das Pferd abseits des Weges auf das umgepflügte Feld. »Ich weiß, es riecht betörend, aber wir können nicht riskieren, daß der edle Festelligambe einem Händler die Äpfel vom Karren frißt.«
    Das Feld war von einer Reihe Pappeln begrenzt. Damiano steuerte direkt auf sie zu und hielt neben den grauen Stämmen an. Er griff in sein Bündel.
    »Hier«, sagte er und warf das noch gefaltete Öltuch auf den Boden. Auf das Viereck schüttete er Hafer. »Kann ich mich darauf verlassen, daß du hier bleibst und keine Dummheiten machst, solange ich fort bin?«
    Augen, Ohren, Nase und Schwanz des Pferdes antworteten in schönem Einklang, daß er das nicht könne. Damiano seufzte.
    »Dann muß ein Bindezauber her, da ich keine Leine habe, dich festzubinden«, verkündete er. »Aber der wird dich zu Tode schrecken und mich unnötig ermüden.«
    Das hochbeinige Pferd gab klein bei. Es berührte Damianos Haar mit seinen Lippen.
    »Gut. Vertrauen ist das Beste. Und du, Macchiata – bewachst du mir die Sachen, bis ich vom Markt zurückkomme?«
    Macchiata starrte ihn fassungslos an. Ihr Kopf fiel nach unten, und ihr dünner Schwanz kroch zwischen ihre Beine.
    »Na schön«, sagte Damiano. »Also gut. Ich trag’ das Zeug.«
    Stück um Stück schwang er sich die Satteltaschen, den Weinschlauch, den Sack mit den Vorräten und die Laute über die Schultern. Unter jeden Arm klemmte er eine zusammengerollte Decke, und aus einer dieser Rollen lugte die silberne Spitze seines Stabs hervor. So beladen, ging Damiano schwankend über die Erdschollen zur Straße zurück.
    Ein Markt ist nicht lustig für einen, der kein Geld hat. Diese Entdeckung machte Damiano überrascht, denn er war es nicht gewöhnt, ohne Geld zu sein.
    Es wurde geblasenes Glas feilgeboten, klar und auch bunt, und manche der Gefäße waren absolut makellos, und von wohlgerundeter Form, so recht geeignet für den alchimistischen Gebrauch. Damiano überlegte, ob er ein schön geformtes offenes Rohr von Armeslänge kaufen sollte, dessen Glas so dünn war wie die Wände einer Seifenblase, als ihm plötzlich bewußt wurde, daß er es ja gar nicht bezahlen konnte, daß er es nicht befördern konnte, kein Zuhause hatte, wo er es hätte aufbewahren können. Dann sah er eine Mütze aus goldfarbenem Marderfell, die mit den Delstrego-Farben harmonierte. Wieder mußte Damiano verzichten, obwohl er die Mütze liebend gern besessen hätte.
    Aber am schlimmsten war es, sich nichts von dem verlockenden Gebäck kaufen zu können, das auf dem Markt angeboten wurde. Da gab es Kuchen in den verschiedensten Farben, golden vom Safran, blau vom Heliotrop, purpurrot von Amarant oder grün von Petersilie. Manche waren klein und hatten die Form von Fischen, andere waren groß und eckig wie Festungen. Manche waren mit Honig gefüllt, andere mit Wachteln. Beim Duft des buttrigen Gebäcks lief Damiano das Wasser im Mund zusammen. Macchiata, die er zwischen seinen Beinen eingezwickt hielt, winselte voll quälendem Verlangen.
    »Tut mir leid, meine Kleine,

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