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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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geneigtem Kopf an.
    »Aber Ihr, Herr«, sagte er dann, »seid doch ein Mann von Format, Eurer Kleidung nach zu urteilen und auch Eurer Art zu reden. Gewiß habt Ihr etwas, was die Leute haben wollen – wenn nicht einen goldenen Ring, dann wenigstens eine besondere Fähigkeit.«
    Damianos Blick glitt von dem schmutzverschmierten kleinen Gesicht die Straße hinunter.
    »Goldene Ringe habe ich leider keine. Aber es ist wahr, ich besitze gewisse Fähigkeiten. Ich kann Gold prüfen – mit den geeigneten Geräten. Ich kann Krankheiten bei Tier und Mensch heilen – mit der geeigneten Medizin. Ich kann vergiftete Brunnen reinigen und verklemmte Schlösser öffnen, ich kann verlorenen Schmuck wiederfinden und Kühe – « unversehens versagte Damiano die Stimme – »und Kühe, die in die Irre gelaufen sind… Ich kann gar vieles, kleiner Freund. Aber ich bin es gewöhnt, daß die Leute zu mir kommen und mich bitten, meine Fähigkeiten anzuwenden. Ich habe nie gelernt, mich – mich anzupreisen.«
    Er sah, wie die Geringschätzigkeit auf dem Gesicht des Knaben sich zu offener Ungläubigkeit wandelte.
    »Ich spreche die Wahrheit, mein kleiner Philosoph. Paß auf – ich kann mich unsichtbar machen.«
    Damiano schob die linke Hand in die Rolle mit dem Bettzeug bis sie seinen Stab berührte. Augenblicklich war er nicht mehr zu sehen.
    Und schon im nächsten Augenblick war er wieder da.
    »Halt, mein Freund und Ratgeber! Geh nicht fort. Ich verspreche dir, ich werde es nicht wieder tun.« Der Junge, der schon zur Flucht angesetzt hatte, hielt inne.
    »Ihr könnt Euch tatsächlich unsichtbar machen? Ihr seid ein Hexer!«
    Ruhig gab Damiano es zu.
    »Ja, ich bin ein Hexer. Aber ich bin kein dahergelaufener Zauberkünstler. Ich wohnte in Partestrada in einem wohlanständigen Haus, das mein Großvater erbaut hatte. Dort ging ich einer Beschäftigung nach, die mir genug für ein sorgloses Leben einbrachte. Aber Partestrada – aber vielleicht hast du schon davon gehört?«
    Der Junge nickte und spie auf die Straße.
    »Hat die Hände gewechselt. Gabriel sei Dank, daß dieses Dorf so klein ist und zu hoch in den Bergen liegt, um Pardo und seine Soldaten zu interessieren.«
    Damiano blickte mit trüber Miene die bunte, lebendige Straße hinunter.
    »Da kann man nie sicher sein. Aber wie ich schon sagte, ich braue keine Liebestränke und ich verhänge keine Flüche. Das, was ich mit Zauber bewirken kann, ist eher geeignet, die Leute zu erschrecken, als sie zu erheitern. Aber dennoch haben diese kleine Hundedame und ich großen Appetit auf heißes Gebäck. Was soll ich also tun?«
    Damiano kniff plötzlich ein Auge zusammen.
    »Wenn ich mich kräftig anstrenge, könnte ich vielleicht sechs Zucchinis in der Luft schweben lassen und so tun, als wäre ich ein geübter Jongleur, aber das wäre – «
    »Was ist das da?« unterbrach der Junge ihn und klopfte mit dem Knöchel einer Hand an den glänzenden, runden Rücken der Laute. »Könnt Ihr sie spielen?«
    »Die Laute«, rief Damiano, vom Offensichtlichen verdutzt. »Ja, die kann ich spielen. Aber ich habe nie für Geld gespielt. Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
    Der Junge zuckte wieder gleichmütig mit den Schultern.
    »Die Leute hier sind nicht sehr verwöhnt. Aber sie sind auch nicht besonders großzügig. Ihr könnt es nur versuchen.«
    Damiano zog das Instrument auf seinen Schoß und begann, es zu stimmen.
    »Musik für Geld«, murmelte er. »Wenn du meinen Lehrer kenntest, Philosoph…«
    Die kleine Laute klang klar und rein. Bei den ersten Tönen beugte der Junge sich vor.
    »Vielleicht kenn’ ich ihn. Ich kenn’ alle Musikanten, die hier durchkommen. Und die Akrobaten auch. Wie heißt er?«
    »Raphael«, antwortete Damiano kurz, da er damit beschäftigt war, die Melodie kontrapunktisch zu untermalen, und es nicht gewöhnt war, gleichzeitig zu spielen und zu sprechen.
    »Nein, den kenne ich nicht.«

Das Griffbrett war kalt und glatt unterseinen Fingern, während seine Hand sich vorsichtig den Weg durch die Melodien suchte. Er war nicht so sehr außer Übung, wie er geglaubt hatte, und die vertrauten Griffe gelangen wie von selbst.
    Die bleiche Wintersonne erschien ihm, der die ganze vergangene Woche durch den Schnee gestapft war, wärmend. Er streckte seine Beine vor sich aus, weil er hoffte, daß seine Stiefel dann trocknen würden. Leute gingen vorüber, und ihre Schritte klatschten im Schlamm. Eine beleibte Matrone stieg über Damianos Beine hinweg; ihre Röcke streiften

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