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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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aber wir haben kein Geld.«
    Sie leckte sich die Lefzen.
    »Vielleicht gibt uns der Mann trotzdem etwas, weil wir so hungrig sind.«
    Damiano lachte. »Wohl kaum. Außerdem sind wir in Wirklichkeit gar nicht hungrig. Wir haben erst vor vier Stunden etwas gegessen. – Käse und Brot. Wir haben nur Appetit, weil es so gut riecht.«
    Die Hündin winselte zustimmend.
    Sie kamen an einem Gaukler vorüber, der auf seiner Narrenkappe mit den Glöckchen einen Stuhl balancierte und gleichzeitig sechs Zucchinis auf komplizierten elliptischen Bahnen von einer Hand in die andere durch die Luft warf. Damiano betrachtete den Mann mit Hochachtung, insbesondere als er die Holzschale vor ihm auf der Erde mit den vielen Kupferstücken sah.
    Er lehnte sich an die weiße warme Mauer eines Stalls.
    »Wir haben hier nichts zu suchen«, flüsterte er der Hündin zu. »Wir können nicht essen, nicht trinken, nicht im Gasthaus übernachten, wenn es in diesem kleinen Nest eines gibt. Wir sollten weiterziehen.«
    »Nein, Herr«, flehte Macchiata. »Ich bin müde, und Festelligambe ist müde, und irgend jemand in diesem Gewühl läßt bestimmt etwas fallen. Ich will auch alles mit dir teilen, ganz gleich, wie groß oder wie klein«, schloß sie.
    Mit einem trüben Lächeln legte Damiano seine Lasten ab und lehnte sie an die Mauer.
    »Und ich bin auch müde«, bekannte er. »Dabei haben wir noch einen so weiten Weg vor uns.« Er ließ sich an der weißen Wand herabgleiten und hockte sich auf die Fersen. »Aber ich würde mich glatt mit dir um den Schwanz eines dieser kleinen Weizenfische streiten, selbst wenn er auf dem Boden gelegen hätte.«
    Ein Schatten fiel auf Damiano. Als er aufblickte, sah er einen Straßenjungen unbestimmbaren Alters, hellhäutig wie die meisten Norditaliener, auf dem Kopf fuchsrotes Haar. Damiano begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln.
    Der Junge zögerte. Vielleicht überlegte er, ob er diesem gutgekleideten Fremden gegenüber die intime oder die höfliche Form der Rede gebrauchen sollte.
    »Hat der Hund eben gesprochen?« fragte der Junge argwöhnisch.
    Damiano nickte. »Aber er spricht nur selten mit Fremden.«
    Das Kind trug das Wollhemd eines erwachsenen Mannes. Es hing ihm so weit über die Knie, daß er so verhüllt war wie eine Frau. Ein Stück von Macchiata entfernt setzte er sich nieder und unterzog sie einer genauen Musterung. Die häßliche weiße Hündin beäugte ihn genauso aufmerksam, und ihre Nackenhaare sträubten sich.
    »Ist ja gut, Hund«, sagte der Junge mit gerunzelter Stirn. »Ich mag dich.«
    Macchiatas Gereiztheit löste sich in Verwirrung auf. Sie fuhr sich mit der langen Zunge über ihre bereits feuchte Nase.
    »Was tut Ihr hier, Herr? Ihr wohnt nicht in San Gabriele und Ihr kauft und verkauft auch nichts.«
    Damiano betrachtete den zerlumpten Jungen genauer.
    »Woher weißt du, daß ich nichts kaufe oder verkaufe?«
    Der Junge antwortete mit einem typisch italienischen Schulterzucken, bei dem auch die Augenbrauen die Bewegung mitmachten.
    »Ich habe Euch beobachtet. Ich weiß, daß Ihr nichts kauft, und Ihr habt nichts, was sich verkaufen ließe. Folglich, denk’ ich mir, hockt Ihr hier und wünscht, Ihr hättet irgendwo noch ein paar Münzen zum Zusammenkratzen.«
    Damiano war belustigt über die Beobachtungsgabe des Jungen. Er lächelte.
    »Du hast recht, junger Freund. Du bist ein guter Beobachter. Aber da ich von Natur aus Optimist bin, habe ich mir eben überlegt, wie ich mir ein paar Münzen verdienen könnte, um mir so einen gebutterten Weizenfisch zu kaufen.«
    Der Junge hockte sich neben Damiano auf den Boden.
    »Kenne ich«, sagte er mit einem weisen Nicken. »Die Situation kenn’ ich. Laßt doch den Hund reden. Er braucht ja nicht gerade Dante zitieren oder so was. Schon wenn er ein paar gute Antworten gäbe, würdet Ihr das Silber klimpern hören.«
    Macchiata schrumpfte sichtlich in sich zusammen. Sie versteckte ihre Nase hinter ihrem Herrn. Er streichelte sie.
    »Macchiata hat viele Gaben«, erklärte er. »Sie ist eine Rattenfängerin, eine Alchimistengehilfin, eine großartige Reisegefährtin und eine Freundin von Engeln. Man sieht es ihr vielleicht nicht an, aber es ist noch keine Woche her, da rettete sie mir das Leben, indem sie drei Straßenräuber in die Flucht schlug, die Mord im Schilde führten. Aber welcher Art auch immer ihre Talente sein mögen, die Begabung zur öffentlichen Vortragskünstlerin fehlt ihr.«
    Der Junge hörte sich das alles mit seitlich

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