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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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Köpfe aus der Tür, als der prachtvoll anzusehende Fremde mit seinem Hund vorüberritt. Sie waren spärlich gekleidet für das kühle Wetter, und eines war sogar barfuß.
    Damiano hielt Festelligambe an und betrachtete die Kinder mit der Aufmerksamkeit, die er üblicherweise kleinen Geschöpfen der Wildnis zukommen ließ. In der Dunkelheit der Hütte rührte sich etwas, und dann erschien ein Mädchen hinter den Kindern. Sie hatte helles Haar und einen drallen Körper, und ihr Gesicht war so rund und unschuldig wie eine schmutzige Blume. Sie trug ein geflicktes Kleid aus grauer Wolle, das über die eine Schulter herabgezogen war. In den Armen hielt sie einen Säugling, dem sie gerade die Brust gab.
    Obwohl Damiano schon oft stillende Frauen gesehen hatte, wurde er, angesichts so viel zur Schau getragener üppiger Weiblichkeit verlegen. Das Mädchen hatte Haare wie Carla. Und die blauen Augen, mit denen sie ihn so scheu ansah, erinnerten an ein Maihäschen; an die Augen eines Kindes. Sie war viel jünger als er.
    Ehe das Schweigen unbehaglich werden konnte, hörte Damiano Macchiata knurren. Erschreckt drehte er sich um und sah eine magere Gestalt, die in vollem Lauf über das kahle Feld auf ihn zukam. Das Mädchen sah die Gestalt im selben Moment und zog sich wieder in die Hütte zurück. Die Kinder rannten ihr hinterher und waren verschwunden.
    Der junge Bauer war nur so groß wie Damiano, aber viel breiter gebaut. Er trug nichts weiter als ein langes wollenes Hemd und die Lumpen an seinen Füßen. Auch er war sehr jung, aber er trug am Gürtel ein Messer, dessen Klinge so lang war wie der Unterarm eines Mannes. Er pflanzte sich zwischen der Tür und dem Rappen auf und musterte Damiano, noch immer keuchend vom schnellen Lauf, von oben bis unten.
    »Der Herr wünscht?« fragte er in so starkem Dialekt, daß selbst Damiano Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    »Äh? Nun«, antwortete Damiano vom Rücken seines Pferdes aus, »wir möchten den Herrn bitten, uns zu sagen, ob hier am Weg ein größerer Ort liegt.«
    »Wir sind keine Stunde von San Gabriele entfernt«, erklärte der Bauer widerstrebend. Und als Damiano Anstalten machte, sich wieder in Bewegung zu setzen, fügte er hinzu: »Der Herr trägt kein Schwert?«
    Damiano sah den Mann unwillig an.
    »Nein, ich brauche keines. Mein reines Herz schützt mich.«
    Er trieb den Wallach zum Trab an, wobei er mit einiger Befriedigung dachte, daß dem beiläufigen Beobachter die Tatsache seiner Keuschheit offenbar nicht auffiel.
    San Gabriele. Das war ein gutes Zeichen. Wenn auch Gabriel nicht Raphael war. Er war immerhin auch ein Erzengel.
    »Das wußte ich gar nicht«, japste Macchiata, die zu seiner Linken lief, »daß du kein Schwert brauchst, weil dein reines Herz dich schützt. Ich dachte, du trägst keines, weil es dir mit dem Stab in die Quere käme.«
    Damiano seufzte. »Das war doch nur ein Scherz, Macchiata. Ich will dir sagen, warum ich kein Schwert trage: weil ich es, wenn ich eines trüge, früher oder später gebrauchen müßte. Das ist mit Waffen immer so. Außerdem ist meine große Flöte hier – « er klopfte auf den Stab aus Ebenholz – »hundertmal nützlicher.«
    Der unfreundliche Bauer hatte nicht gelogen. Sie näherten sich einer Ortschaft. Immer mehr Schuppen und Hütten wurden zwischen den kahlen, nicht voneinander abgegrenzten Feldern sichtbar. Einmal kamen sie an einer Bewässerungspumpe vorbei, einem komplizierten Mechanismus aus Speichen und Eimern, das jetzt im Winter untätig und verlassen stand. Dann überholten sie einen von einer rundbäuchigen Ziege gezogenen Karren, der mit Körben voll schnatternder Gänse beladen war. Damiano bedachte den schlaksigen Buschen, der die Ziege führte, mit einem freundlichen Gruß.
    Macchiata schnaubte und schnüffelte erwartungsfroh, und bald nahm Damianos Nase, die empfindlicher war als die der meisten Menschen – wenn auch nicht von der Feinheit eines Hundes –, die Gerüche von Mist und Knoblauch wahr.
    San Gabriele lag in einer trockenen Mulde zwischen den Hügeln eingebettet, etwa zehn bis fünfzehn Meter oberhalb der Landstraße. An dem tief gefurchten Fahrweg zur Ortschaft hinauf standen überall Wagen und Karren; die Ochsen, die die Wagen gezogen hatten, trotteten angepflockt auf den umgepflügten Feldern zu beiden Seiten umher – immer noch paarweise wie im Gespann.
    Erregung erwachte in Damiano, als er merkte, daß in San Gabriele Markttag war. Er sprang vom Pferd und führte Festelligambe, die

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