Damit Dein Leben Freiheit Atmet
weil es bitter war« (Exodus 15,23). Mose wirft ein Stück Holz in das Wasser, und es wird süß. Das Bitterwasser ist ein Bild für die innere Bitterkeit, die uns das Leben schwer macht. Manchmal ist in uns eine bittere Quelle, aus der wir nicht trinken können. Das Holz, das Mose in das Wasser wirft, ist für die Kirchenväter ein Bild für das Kreuz. Wenn wir das Kreuz Jesu in unsere Bitterkeit halten, wird sie verwandelt, und wir können aus der reinen Quelle in uns trinken.
Wenn wir die Reinigung durch Wasser als ein inneres Bild verstehen, dann bedeutet es: Ich kenne genau die schmutzigen Stellen in mir. Ich erkenne, daß meine Seele verschmutzt ist durch Haß und Bitterkeit. Dann halte ich diese schmutzigen Seiten Gott hin, ich halte sie in das Bad der göttlichen Liebe, daß es mich von meiner Schuld und meinen Schuldgefühlen reinwasche. Ich spreche meine Schuld vor Gott aus oder aber vor einem Menschen, wie etwa in der Beichte. Was ich ausgesprochen habe, klebt nicht mehr an mir. Manchmal ist der Schmutz allerdings nicht so genau zu definieren. Es ist mehr eine Staubschicht, die sich auf alles gelegt hat. Ich kann es nicht in Worte fassen. Dann genügt es, mich so, wie ich bin, in Gottes Liebe zu halten. Durch das Bad der Liebe wird alles wieder rein.
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Blut
Der Hohepriester besprengte alle Geräte, die für den Gottesdienst gebraucht wurden, den Tempel und das ganze Volk mit Blut. Als Begründung gibt der Hebräerbrief an: »Fast alles wird nach dem Gesetz mit Blut gereinigt, und ohne daß Blut vergossen wird, gibt es keine Vergebung.« (Hebr 9, 22) Der Hebräerbrief versteht das Blut, das Jesus für uns am Kreuz vergossen hat, als die eigentliche Reinigung von den Sünden.
Und die Tradition hat dieses Bild immer wieder gebraucht: Wir sind reingewaschen durch das Blut Jesu Christi. Manchmal klingt das im Mund fundamentalistischer Christen sehr blutrünstig. Doch genau wie der Hebräerbrief im Blut Jesu nur die Erfüllung alttestamentlicher Verheißungen sieht, ohne das Wirken Jesu in dieser Sprache zu verkünden, so müssen auch wir heute das Bild vom Blut Jesu auf geistige Weise verstehen.
Das Blut, das Jesus für uns vergossen hat, ist Ausdruck seiner Liebe. Jede große Liebe schenkt dem Geliebten das eigene Herzblut. Und die Liebe vollendet sich immer im Tod. Wenn die Offenbarung des Johannes also sagt, daß die Christen »ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht«
haben (Offenbarung 7,14), dann ist das ein Bild für die Reinigung durch die Liebe Jesu, die in seinem Tod am Kreuz bis zur Vollendung sichtbar wurde. Nicht das Blut als Blut, sondern als Ausdruck tiefster Liebe, reinigt uns.
Wenn ein Mensch blutet, sagen wir, er sei ganz
blutverschmiert. Mit Blut besudelt sein ist für uns eher ein Ausdruck von Befleckt sein. Daher tun wir uns schwer mit der Vorstellung, das Blut könne reinigen. Bei den Juden war die reinigende Wirkung des Blutes auch mehr mit dem Tod des Opferlammes oder Opferstieres verbunden. Nicht das Blut als
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Blut reinigt, sondern weil das Tier zum Zeichen der Sühne geopfert worden ist. Der Hebräerbrief bezieht das auf den Tod Jesu, der alle alttestamentlichen Opfer ablöst. Im Tod Jesu werden wir von unserer Sünde gereinigt. Doch der Hebräerbrief mahnt uns, den Tod Jesu nicht auf der gleichen Ebene zu verstehen wie das Opfer eines Tieres. Christus ist durch sein Blut in das himmlische Heiligtum eingetreten. Dort tritt er für uns ein. Dorthin ist er uns vorausgegangen und hat uns den Zugang zum Allerheiligsten jetzt schon ermöglicht. Die Sünde ist für den Hebräerbrief weniger etwas Beschmutzendes, das gereinigt werden muß, sondern ein Hindernis, das uns den Zugang zum himmlischen Heiligtum versperrt. In der Sünde verschließen wir uns vor dem eigenen Inneren. Wir haben keinen Zugang mehr zu unserem Herzen. Durch den Tod Jesu wird die Verschlossenheit aufgebrochen, und wir bekommen wieder Zugang zu unserem Inneren. Jesus hat uns den Weg eröffnet, damit wir mit ihm ins innere Heiligtum unseres Herzens eintreten. Jesus ist der »Urheber und Vollender des Glaubens« (Hebr 12,2). Er ist in unser inneres Heiligtum getreten und hat uns den Zugang dazu eröffnet, den Weg zu unserem wahren Selbst, den inneren Raum des Heiligen, in dem wir durch ihn schon heilig sind und ganz, rein und lauter.
Es ist kein magisches Geschehen, das uns von unseren Sünden reinigt. Es geht vielmehr darum, sich und seine Schuld in die Liebe Gottes zu
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