Damit Dein Leben Freiheit Atmet
Absichten, die sich manchmal in das Tun gemischt haben, wurden verbrannt. Die Fassade, die man errichtet hat, wurde vom Feuer niedergerissen.
Zurück bleibt der reine Kern. Es hat weh getan. Aber ich kenne Menschen, die durch solche Feuererfahrung wirklich geläutert worden sind. Sie sind nicht bitter geworden durch die Verleumdungen, sondern gehen nun gelassen und mit innerer Klarheit ihren Weg.
Wir suchen uns die Reinigung durch das Feuer nicht aus. Das wäre Masochismus. Doch manchmal greift das Feuer nach uns.
Wir geraten in eine Krise. Aller Halt wird uns genommen. Alles, worauf wir gebaut haben, stürzt zusammen. Die Krise ist wie ein Feuer, durch das wir schreiten müssen. Für den einen ist es eine berufliche Krise, für den anderen eine existentielle. Einer gerät durch den Verlust der Arbeitsstelle in eine Krise, ein anderer durch eine lebensbedrohliche Krankheit, wieder ein anderer durch das Zerbrechen seiner Ehe oder durch den Tod des Ehepartners. Gerade in Situationen, in denen wir nichts machen können, sondern einfach einer äußeren oder inneren Gefährdung ausgesetzt sind, erfahren wir die Läuterung durch Feuer. Da wird alles Unreine in uns verbrannt. Und zurück bleibt der eigentliche Personkern. Er ist wie Gold, das im Feuer geläutert wurde. Es bleibt das reine und glänzende Gold übrig. Während wir im Feuer sind, spüren wir nur den Schmerz. Da erfahren wir keine Reinigung. Aber wenn wir durch das Feuer gegangen sind, erleben wir uns wie neugeboren. Alle Schlacken, die sich um das Gold unseres wahren Selbst gelegt haben, sind verbrannt.
Wir fühlen uns verwundbarer, aber auch authentischer, bescheidener und stimmiger. Gold ist ein Bild der
Vollkommenheit und der Liebe. Und es ist Bild für das himmlische Licht. Wenn nach dem Feuerbrand unserer
Lebenskrisen das reine Gold übrigbleibt, dann sind wir fähig zur reinen Liebe. Dann spiegelt unsere Liebe etwas vom
himmlischen Glanz. Alles egozentrische „Habenwollen“ und
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alle Nebenabsichten, die sich mit unserer Liebe vermischt haben, sind verbrannt.
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Wasser
Im Judentum gab es viele Waschungen. Wenn sich die Juden ihre Hände schmutzig gemacht haben, wuschen sie sich, um sich für die gemeinsame Mahlzeit zu reinigen. Manche dieser Reinigungsriten sind rein hygienisch zu verstehen. Und wir sehen sie heute als Anstandsregeln an. Doch es gab auch Waschriten, die uns heute fremd sind. Eine Frau, die geboren hatte, galt als unrein. Sie mußte erst komplizierte Waschrituale durchlaufen, um sich wieder rein zu fühlen. Wer eine blutflüssige Frau oder einen Aussätzigen berührte, mußte sich waschen. Die Reinheit verstand Israel sowohl kultisch als auch sittlich. Der prophetischen Tradition war es bewußt, daß die Waschungen den Menschen nicht innerlich rein machen, wenn der Mensch nicht auch in seinem Verhalten umkehrt. Das Waschritual war Ausdruck der Bereitschaft, auch sein Herz von Fehlern zu reinigen. Doch zur Zeit Jesu war diese Einheit von kultischer und sittlicher Reinigung nicht immer bewußt. Da versteifte man sich oft auf die äußeren Waschriten. Aber auch Jesus unterzog sich dem Reinigungsbad der Taufe, die Johannes der Täufer vollzog. Reinigung ist bei den Juden oft mit dem Abwaschen von Schuld verbunden. So he ißt es in Psalm 51,4:
»Wasch meine Schuld von mir ab, und mach mich rein von meiner Sünde!« Die Schuld vermittelt dem Menschen
offensichtlich das Gefühl, daß er schmutzig ist. So kann er sich selbst nicht annehmen. So betet der Psalmist voller Hoffnung:
»Wasche mich, dann werde ich weißer als Schnee.« (Psalm 51,9) Sich weiß wie Schnee zu fühlen, das gibt ein neues Selbstwertgefühl, eine Ahnung von innerer Lauterkeit.
In allen Kulturen gilt das Bad als Ort der Reinigung, der Erneuerung und der Wiedergeburt. Nach einem Bad fühlt man
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sich wie neugeboren. Man hat den Eindruck, daß mit dem äußeren Schmutz auch der innere abgewaschen wurde. In der Antike hat man auch Götterstatuen gebadet, um die Beziehung zwischen Gott und den Menschen zu erneuern. Die
Psychoana lyse sieht im Bad den unbewußten Wunsch, in den Mutterleib zurückzukehren und dort die ursprüngliche Reinheit wiederzugewinnen.
Manchmal träumen wir davon, daß wir in trübem Wasser schwimmen. Das ist ein Bild dafür, daß unser Unbewußtes verunreinigt ist. Die Bibel berichtet uns davon, daß die Israeliten auf ihrem Weg durch die Wüste nach Mara kamen. Doch dort
»konnten sie das Wasser von Mara nicht trinken,
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