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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Schweigen und durch seinen klaren Blick dazu bringt, ehrlich zu sagen, wie es wirklich um ihn steht. Dabei darf der Begleiter nicht bewerten. Gerade in einer Atmosphäre, in der sich der Begleitete nicht bewertet fühlt, findet er den Mut, ehrlich auszusprechen, was in ihm ist. Ein guter Begleiter gibt keinen Kommentar. Aber indem er an der richtigen Stelle nachfragt, ermöglicht er es dem Erzähler, noch genauer hinzusehen, wo er sich verunreinigt fühlt. In einem guten Gespräch wird klar, wo die eigene Spiritualität vermischt ist mit egozentrischen Motiven, wo die Emotionen und Leidenschaften vermischt sind mit den aggressiven und destruktiven Tendenzen der Umgebung.
    Eine Hilfe bei der Klärung und Reinigung der Affekte ist, immer wieder nachzufragen, wie sich das Gefühl anfühlt, woher es kommt, was es bewirken möchte. Ich könnte die
    Gesprächspartnerin auffordern, in Worte zu kleiden, was das Gefühl ihr sagen möchte, welche Botschaft in ihm steckt. Der Affekt soll sich wie eine Person zu Wort melden. Dann wird klarer, wofür er steht. Solange die Affekte unbewußt bleiben, verunreinigen sie die Seele. Wenn sie bewußt gemacht werden,
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    können sie sich klären. Einen guten Weg, wie sich die Gedanken und Affekte klären können, bietet die Methode des Focusing an.
    Dabei geht es darum, daß der Klient darauf achtet, welches Gefühl das, was er sagt, in seinem Brust und Bauchraum bewirkt. Er soll beim Sprechen in Beziehung zu diesem Gefühl bleiben und es ausdrücken. Und es geht darum, diese spürbare Körperstelle zu fragen, was sie braucht. Der Körper weiß oft besser, was er braucht. Auf diese Weise kann sich ein noch unklares Gefühl klären. Ich sehe wieder klarer. Und ich fühle mich erleichtert, weil ich das bisher Unklare verstehe.

    Vieles, was die Psychoanalyse von der Katharsis geschrieben hat, kann auch in einem geistlichen Gespräch geschehen. Doch es geht in der geistlichen Begleitung vor allem um die Beziehung zu Gott. Und gerade unsere Beziehung zu Gott ist ja oft genug vermischt mit ganz anderen Motiven. So ist es eine wichtige Aufgabe des geistlichen Begleiters, immer wieder nachzufragen, was der andere mit seiner Spiritualität bezweckt, welche Nebenabsichten er in sie hineingemischt hat, wo er Gott und seinen spirituellen Weg benutzt, um sich über andere zu stellen oder um vitalen Impulsen aus dem Weg zu gehen. Das ist oft ein schwieriges Unterfangen. Gerade bei Menschen, die sich einer ganz bestimmten Richtung von Frömmigkeit verschrieben haben, mischen sich oft ideologische Überhöhungen in ihre Frömmigkeit. Wenn sie ihre Beziehung zu Gott beschreiben, so klingt das wunderbar. Man möchte vor Ehrfurcht erstarren.
    Doch zugleich hat man als Begleiter oft das Gefühl, daß da etwas nicht stimmt. Die freundlichen Worte und das lächelnde Gesicht strahlen noch etwas anderes aus: Aggressivität, Rechthaberei, Angst und manchmal auch Depressivität. Aber es ist schwer, durch diese ideologische Überhöhung
    hindurchzustoßen und an die eigentlichen Motive
    heranzukommen. Die Ideologie hat die Frömmigkeit
    beschmutzt. Doch die Frommen merken es gar nicht. Wenn man
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    ihre Frömmigkeit in Frage stellt, werden sie häufig aggressiv.
    Sie greifen den Begleiter an, daß er keine Ahnung habe von wirklicher Spiritualität. Und doch merkt man, daß da in der Frömmigkeit etwas unklar und unrein ist. Es braucht oft viel Geduld, innere Klarheit und zugleich Wohlwollen für den Begleiteten, bis er sich traut, auch das Vermischte in seiner Frömmigkeit zu sehen und zu benennen.

    Der Indio, der meinen Freund bei seiner Reinigungskur begleitet hat, hat nicht viel gesprochen. Er hat oft nur schweigend dagesessen, in einer großen Präsenz. Aber er hatte sich selbst vorher durch Fasten und Gebet innerlich gereinigt.
    Ich merke bei mir, daß ich mich bei der Begleitung manchmal unter Druck setze, immer etwas Sinnvolles zu dem zu sagen, was der Gast mir erzählt. Doch ich habe auch die Erfahrung gemacht, daß oft im Schweigen die eigentliche Klärung geschieht. Wenn ich schweigend dasitze und ganz aufmerksam bin, offen für das, was sich im ändern tut, und wenn ich in der Stille für den anderen bete, daß Gott seinen Geist der Klarheit senden möge, dann bewegt sich oft mehr als im Gespräch. Aber es braucht eine starke Präsenz, damit sich im ändern etwas klären kann. Von den russischen Starzen wird oft erzählt, daß sie einfach durch den klaren Blick den Ratsuchenden zu seinem

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