Damit Dein Leben Freiheit Atmet
dadurch glänzen, daß sie noch zwei Aktenkoffer mit Arbeit ins Wochenende mitnehmen. Gott hat am siebten Tag von seinem Werk
ausgeruht. Das ist ein Bild auch für unseren Sonntag. Er soll vor allem ein Tag der Ruhe sein, der nicht mit Aktivitäten vollgestopft ist, sondern an dem wir aufatmen und die Ruhe genießen können.
Die Reinigungskur der Fastenzeit sollte auch die
Eßgewohnheiten einmal überprüfen. Esse ich bewußt oder stopfe ich nebenher alles mögliche in mich hinein? Wähle ich mein Essen bewußt aus oder nehme ich alles, was sich mir anbietet? Beschränke ich mein Essen auf die Mahlzeiten?
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Nehme ich mir Zeit für die Mahlzeiten? Habe ich eine Eßkultur oder schlinge ich das Essen möglichst schnell in mich hinein?
Für mich ist die Fastenzeit immer eine willkommene Zeit, mein Essen wieder in Ordnung zu bringen. In der Weihnachtszeit bin ich immer in Gefahr, abends beim Schreiben oder Lesen noch etwas von den Süßigkeiten zu essen, die ich geschenkt bekommen habe. Doch ich spüre, daß mir das auf Dauer nicht guttut. In der Fastenzeit ist es klar, daß ich keine Süßigkeiten esse und keinen Alkohol trinke. Meistens hält die neue Disziplin im Essen dann doch bis Weihnachten an. Auf diese Weise habe ich dann auch kein schlechtes Gewissen, wenn ich mir in der Weihnachtszeit die Süßigkeiten schmecken lasse. Damit ich die innere Freiheit auch im Chaos des Alltags weiter lebe, braucht es natürlich auch Disziplin. Es geht nicht automatisch. Ich brauche dann andere Abendrituale. Statt Süßigkeiten zu essen, trinke ich Wasser oder esse ich einen Apfel. Die Disziplin verstehe ich nicht als Härte, sondern als Ausdruck, daß ich me in Leben selbst in die Hand nehme und gestalte.
Ehepaare überlegen sich in der Fastenzeit, wie sie wieder einfacher essen können. Die Gefahr ist ja, daß man sich von der Werbung anstecken läßt, das Essen immer mehr zu verfeinern.
Das einfache und gesunde Essen während der Fastenzeit tut gut.
Und oft wächst dann die Sehnsucht, die Einfachheit auch länger durchzuhalten. Die Einfachheit des Essens ist nicht Selbstzweck.
Sie ist auch ein Baustein auf dem Weg, ein einfaches Herz zu erlangen. Und die Einfachheit des Herzens hat sehr viel mit Reinheit und Absichtslosigkeit zu tun. Ich will nur das eine und nicht auch noch tausend Dinge nebenbei.
Das Ziel der Fastenzeit und der jährlichen Reinigungskur ist die innere Reinheit und Klarheit des Menschen. Diese Klarhe it bezieht sich nicht nur auf die Sinne, mit denen ich die Welt bewußter wahrnehme, sondern auch auf das Gebet. In der geistlichen Tradition wurde das Fasten als Weg zur
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Kontemplation gesehen. Das Beten wird reiner und klarer. Es ist nicht mehr getrübt vom inneren Unrat. Tertullian sieht das Fasten als Bedingung für die Verklärung an. So hat Jesus auf dem Berg der Verklärung Mose und Elija getroffen. Sie waren Genossen seines Fastens. Nun werden sie auch zu Genossen seiner Herrlichkeit. Im Fasten klärt sich etwas auf. Die eigentliche und ursprüngliche Gestalt kommt zum Vorschein.
Der Himmel öffnet sich, und wir kommen Gott näher. Daher hat man das Fasten immer als Weg zur Erleuchtung verstanden. Das Fasten dient dem Ziel des mystischen Weges, alles klar zu sehen und in allem Gott zu schauen. Die christlichen Mystiker, die dem griechischen Philosophen Plotin nahestanden, strebten danach, durch Fasten »die Seele von allen Fesseln des Sinnlichen frei zu machen, um dadurch eine Reinigung, Verähnlichung und Vereinigung mit dem Göttlichen zu erreichen« (Arbesmann 467).
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Die Urlaubszeit
Die Urlaubszeit ist für mich jährlich eine heilige Zeit. Es geht mir dabei nicht nur um Erholung, sondern auch um die innere Freiheit und Klarheit. Daher kann ich im Urlaub nicht vie le Menschen ertragen. Ich brauche Ruhe und Abgeschiedenheit.
Ich wandere viel, und ich nehme mir Zeit, zu lesen oder einfach dazusitzen und die Landschaft zu betrachten. Der abendliche Sternenhimmel ist mir wichtig. Da wird mein Herz weit. Und ich kann frei atmen. Die Urlaubszeit ist für mich auch eine Zeit, in der ich einfacher esse als während des Jahres.
Urlaub kommt von »erlauben«. Ursprünglich kommt Urlaub von der Erlaubnis, die mir ein Höhergestellter gibt, wegzugehen.
Dann meint Urlaub die Freistellung von einem Dienstverhältnis.
Doch wenn wir seine Wortbedeutung genauer anschauen, hat
»Urlaub« und »erlauben« mit der althochdeutschen Wurzel
»liob« zu tun. »Liob« heißt: gern
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