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Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Titel: Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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Annette wurde schwanger, und Henry hoffte, dass er einen Sohn bekommen würde.
    Doch als Henry eines Abends nach Hause kam, fand er seine Frau in Krämpfen vor und brachte sie rasch ins Krankenhaus. Das Kind kam drei Monate zu früh zur Welt, ein winziger Junge, kaum ein Pfund schwer. Sie nannten ihn Jerell. Die Ärzte sagten, er habe kaum Überlebenschancen, aber Henry hielt den winzigen Jungen in seiner großen Hand und küsste seine Füßchen.
    »Mein Sohn«, flüsterte er. Und er bat Gott um Beistand. »Mach, dass er am Leben bleibt. Bitte, lass ihn leben.«
    Fünf Tage später starb der Kleine.
    Henry und Annette bestatteten ihr Kind auf einem Friedhof auf Long Island, und eine Zeitlang fragte sich Henry, ob der Herr ihn für seine Sünden bestrafen wollte.
    Doch bald wurde er bitter. Beruflich lief es nicht gut, und ihr Haus wurde ihnen weggenommen. Als Henry bemerkte, dass sein Bruder, der mit Drogen dealte, mehr Hunderter als Eindollarscheine in der Tasche hatte, kehrte er Gott und den neuen Chancen ein weiteres Mal den Rücken und begab sich wieder auf die Seite der Gesetzesbrecher.
    Zuerst verkaufte er nur kleine Drogenmengen, dann zunehmend größere. Das Geld floss reichlich, und Henry begann sich aufzuführen wie ein Fürst. Er kaufte sich teure Kleidung, stylte seine Haare und kommandierte andere herum. Er zwang die Leute sogar dazu niederzuknien, wenn sie etwas von ihm wollten. Nur Mütter mit Babys behandelte er besser. Diese Frauen boten ihm oft alles Erdenkliche an, um an Drogen zu kommen: Lebensmittel, die sie gerade eingekauft hatten, oder sogar die Ohrringe ihrer kleinen Tochter.
    »Die kannst du behalten«, sagte Henry dann und gab ihnen ein Tütchen. »Aber die Ohrringe gehören jetzt mir, und ich will sie jedes Mal an der Kleinen sehen, wenn du zu mir kommst.«
    Mitte der achtziger Jahre verdiente Henry weit über zehntausend Dollar im Monat. Er verkaufte seine Drogen bei schicken Partys an »ehrenwerte« Leute wie Richter, Anwälte und sogar an einen beurlaubten Polizisten. Henry ergötzte sich an der Schwäche seiner Kunden und seiner eigenen Macht. Doch eines Abends beging er – wie viele Dealer – einen folgenschweren Fehler: Er probierte seine eigene Ware.
    Danach ging es steil bergab mit ihm.
    Bald war Henry süchtig und wollte sich nur noch selbst mit dem Crack benebeln, mit dem er dealte. Nicht selten brauchte er selbst auf, was er verkaufen sollte, und ließ sich dann allerhand Ausreden als Erklärung einfallen.
    Einmal brannte er sich selbst mit einer Zigarette Löcher in den Arm und erzählte den Drogenbossen, er sei gefoltert worden und man habe ihm das Crack gestohlen.
    Ein andermal musste ein Freund ihn mit einer Pistole ins Bein schießen, damit er den Bossen weismachen konnte, er sei ausgeraubt worden. Sie kamen dennoch ins Krankenhaus, um sich mit eigenen Augen von der Wunde zu überzeugen.
    An einem besonders üblen Abend, an dem er schon früh high war und noch mehr Geld brauchte, fuhr er mit seinem Neffen und seinem Schwager und ein paar anderen in einem Coupe DeVille nach Canarsie in Brooklyn. Sie begingen ihre Überfälle, indem sie jemanden überraschend ausbremsten, aus dem Wagen sprangen, Geld verlangten und wieder davonrasten.
    Diesmal nahmen sie sich ein altes Ehepaar vor. Henry sprang aus dem Auto und zielte mit einer Pistole auf die beiden.
    »Ihr wisst, was das ist!«, brüllte er.
    Die Frau schrie.
    »Schnauze, oder ich blas euch die Birne weg!«, brüllte Henry.
    Die beiden rückten Geld, Schmuck und Uhren heraus. Weil die beiden so alt waren, spürte Henry einen Anflug von schlechtem Gewissen. Doch kurz darauf rasten sie mit dem Coupe DeVille wieder die Flatland Avenue entlang.
    Und dann hörten sie das Martinshorn und sahen das Blaulicht. Henry schrie seinem Neffen zu, er solle weiterfahren, und warf alles zum Fenster hinaus: Schmuck, Geld, sogar die Waffen.
    Wenige Sekunden später wurden sie verhaftet.
    Im Revier wurde er mit anderen in einer Reihe aufgestellt. Dann brachten die Polizisten den alten Mann herein.
    Und Henry wusste, dass er nun geliefert war.
    Wenn der Mann ihn identifizierte, würde Henry angeklagt und zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt werden. Das bedeutete das Ende seines bisherigen Lebens. Warum hatte er alles aufs Spiel gesetzt? Er hatte sein Leben buchstäblich zum Fenster hinausgeworfen.
    »Ist er das?«, fragte der Polizist.
    Henry schluckte.
    »Ich bin mir nicht sicher«, murmelte der alte Mann.
    Wie?
    »Schauen Sie genau hin«,

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