Damon Knight's Collection 09 (FO 16)
schlägt, von dem fortzukommen er sich verzweifelt bemüht.
Der gleiche Traum, nur daß die Details verschieden sind. Wie die Träume, die ich von den Tonbändern hörte. Wie meine eigenen.
Gegen drei Uhr morgens kommt Staunton zu mir. Man sieht ihm an, daß er nicht geschlafen hat, doch wünschte ich mir, daß er seine Schlaflosigkeit für sich behielte. Er sagt: „Vielleicht kann ich Ihnen helfen, ich will Sie nicht stören. Ich werde mich nur ein wenig hierhersetzen und lesen.“ Er sieht abgespannt aus, und wie Sid scheint er seit seiner Ankunft in Somerset gealtert. Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder den EEG zu. Roger träumt.
„Alles ist friedlich, ich sehe ein Ballspiel aus großer Entfernung, alles ist sehr still.“ Ich beiße mir auf die Lippen, während ich dieser fremden Stimme zuhöre, die einen anderen Akzent, eine andere Intonation hat: natürlich ist sie flacher und schwächer, doch unabhängig davon, es ist eine andere Stimme. Es ist ein friedlicher Traum, keine Wünsche, keine Bedürfnisse. Er gleicht den Träumen, die meine sechs Versuchspersonen mir erzählten, zwar von Person zu Person verschieden, doch immer die gleichen. Plötzlich wird Rogers Stimme schärfer, als er sich dem Ende des Traumes nähert, sein Bericht wird drängender. „Und ich mußte herauskommen, doch konnte ich mich nicht bewegen. Ich war dort festgefroren, beobachtete das Spiel, hatte Angst vor etwas, das ich nicht sehen konnte, doch wußte ich, daß es hinter mir war. Konnte mich nicht bewegen.“
Ich sehe Staun ton an, der auf die sich bewegenden Diagramme starrt. Roger ist wieder still, also stelle ich das Tonband ab und betrachte die folgenden Aufzeichnungen. Muster eines typischen Alptraums.
Staunton gähnt, und ich wende mich ihm zu und frage: „Warum versuchen Sie nicht etwas zu schlafen? Mir geht’s wirklich gut. Schließlich habe ich den ganzen Tag über geschlafen.“
Er gähnt wieder und sagt dann: „Wenn … wenn ich träume, wecken Sie mich dann?“ Ich nicke, und er streckt sich auf der Couch aus und ist sogleich eingeschlafen.
In dem Raum steht eine Kaffeemaschine mit starkem, heißem Kaffee, und ich gieße mir eine Tasse ein und versuche, das Buch zu lesen, das Roger besorgt hat, ein Spionagethriller. Aber ich kann mich unmöglich darauf konzentrieren. Das Hotel ist nachts nicht lauter als mein eigenes Haus, doch sind es nicht dieselben Geräusche. Ich merke, wie ich lausche, Rascheln in der Halle, in der Ferne wird eine Tür geöffnet und wieder geschlossen, das übliche Quietschen auf der Veranda. Ich setze mich aufrecht. Das Lachen einer Frau? Unmöglich, um drei Uhr fünfzehn morgens? Ich trinke noch etwas Kaffee und gehe zum Fenster. Ist dort Licht im Haus der Sayers? Ich blinzle und sehe noch einmal hin, ich weiß, daß ich es mir eingebildet habe. Ich erinnere mich, wie das Baby immer des Nachts wach war. Es ist jetzt vermutlich fünfzehn oder sechzehn. Früher war ich dort ab und zu Babysitter, und das Kind wollte nie schlafen.
Ich kehre zu dem Elektroenzephalographien zurück und bemerke, daß Sid wieder träumt. Ich lange nach dem Telefon und warte, daß die Spitze des Diagramms sich glätten möge und ziehe langsam meine Hand wieder zurück. Diesmal ist es ein langer Traum. Nach fünf Minuten werde ich unruhig, doch warte ich noch immer. Roger hat mir gesagt, daß ich den Schlafenden nach zehn Minuten wecken soll, wenn er immer noch träumt. Ich warte und schrecke plötzlich auf und drücke auf den Telefonknopf. Er antwortet nicht.
Ich vergesse, das Tonband anzustellen, eile in das Zimmer, ihn von dem Traum zu erlösen, der zum Alptraum wird, und als ich seine Schulter berühre, befinde ich mich selber darin.
Somerset ist lebhaft und fröhlich. Spielende Kinder. Überall sind Sonnenschirme. Im Garten des Sagamore-Hauses stehen Tische. Damen in langen weißen Kleidern gehen umher und lachen fröhlich. Der Gouverneur wird erwartet, und Dorothea und Annie schwirren umher, befehlen die Mädchen in schwarzen Kleidern mal hierhin, mal dahin, überall wird gelacht. Ein kleiner Junge bringt die Bowle, in der einen Hand hält er behutsam einen zappelnden Frosch. Man greift den Jungen, zieht ihm gemeinsam die Kniehosen herunter, das Klatschen von Händen auf seinem Hinterteil ist zu hören und dann arges Wehgeschrei. Ich bin sehr beschäftigt, irgendwer versucht mich zur Seite zu ziehen und mit mir zu sprechen. Ich schüttle ihn ab und laufe auf zu dem Tisch, wo Vater und Mutter sitzen, und
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