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Damon Knights Collection 9

Damon Knights Collection 9

Titel: Damon Knights Collection 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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dem Mond ab. Ich spüre einen hypnotischen Sog, als ich mich gewaltsam von ihm losreiße.
    Der Hof sieht silbern und lieblich aus, obwohl er nun alles andere als ein lieblicher Ort ist. Unter all den Geräuschen im Haus vernehme ich das leise Rauschen des Cobb-Baches, der gegen die Überreste des alten Dammes schlägt. Es wird kühl werden, denke ich, und ziehe mir Hose und Hemd an. Wie viele mögen wohl jetzt draußen im Mondschein sein? Einige gewiß. Schläft überhaupt noch jemand friedlich in Somerset? Gern würde ich nackt den Bach entlang wandern, doch schon der Gedanke daran macht mich lächeln. Irgend jemand könnte mich sehen, und am Morgen würde die Geschichte von einer nackten jungen Frau kursieren, am Abend würde sie bereits zu einem hin und her geisternden Gespenst geworden sein, und nachts würden dann Mr. Larson oder Miss Louise sterben, denn beide warten nur auf ein Zeichen, daß es an der Zeit sei.
    Ich reibe mich mit einem Anti-Insektenmittel ein, angeblich garantiert geruchlos, doch ich rieche es und fühle es fettlos und sehr feucht auf Armen und Beinen.
    Ich schleiche mich aus dem Haus, wo meine Mutter und mein Vater schlafen. Die Nacht ist noch heiß, unser Haus kühlt erst gegen Morgen aus, kein Windhauch regt sich, nur der Mond, der den Himmel ausfüllt. Jemand kichert im Hof, ich zische, denn wir sind noch zu nahe am Haus, unter dem Fenster meiner Mutter dort droben im ersten Stock. Wir laufen um die Wette zum Teich, dort wo man den Bach gestaut hat, und springen in das silbern glänzende Wasser. Jemand faßt mich am Fuß, ich halte die Luft an und kämpfe mit einem der Jungen unter Wasser. Ich kann nicht sagen, wer es ist. Dann und wann stößt einer einen Schrei aus, und wir verharren bewegungslos, denn wir fürchten, mein Vater könne kommen und uns fortjagen. Mindestens eine Stunde spielen wir im Wasser, bis der Wind sich erhebt und die Moskitos vertreibt. Dan stolpern wir über Steine und werfen uns ins Gras. Die Nacht ist nun kühl, und wir sind angenehm müde und schläfrig. Als ich zurückgehe, schließt sich gerade die Haustür. Atemlos halte ich an und lausche angestrengt, bis ich die Schrit te höre: mein Vater, der wieder ins Bett geht.
     
    Ohne Licht anzumachen, schlüpfe ich in meine Sandalen und nehme meine Zigarette und Streichhölzer. Das Mondlicht reicht aus. Im Flur halte ich kurz vor der Schlafzimmertür meiner Eltern an, dann gehe ich die Treppe hinunter. In diesem Haus brauche ich kein Licht, obwohl ich ein Jahr nicht mehr hier gewesen bin. Im Erdgeschoß steht alles weit offen, die Küchentür, die Flurtür, alle Fenster. Nur die Fliegengitter befinden sich zwischen mir und der Welt. Ich denke an die ver riegelten Fenster in meinem Apartment in der 87. Stra ße und lächle wieder und denke, wie gut es ist, frei und zu Hause zu sein. Die Nacht ist still und warm und duftet nach Gras und Phlox und der Kletterrose drüben am Garagenspalier. Ich hatte vergessen, wieviel stärker es in der Nacht duftet. Die Moskitos schwirren um mein Gesicht, doch lassen sie sich nicht nieder. Der Weg ist überwuchert von Unkraut und wilder Akelei und Löwenkraut. Tagsüber bildet er ein unruhiges, buntgesprenkeltes Muster aus leuchtenden Farben, doch nun ist er silbern und grau und dunkelrot.
    Am Bach unten finde ich einen glatten Felsbrocken und lasse mich nieder. Gedankenlos beobachte ich, wie das Licht über das Wasser spielt, und als Wind aufkommt, denke ich, es muß drei Uhr morgens sein. Ich kehre in das unruhige Haus zurück und gehe zu Bett, denn nun endlich kann ich schlafen.
     
    Ich gehe in die Stadt und erinnere mich, wie ich einst hier langhüpfte oder mit meinem Fahrrad den Fußweg entlangradelte, wo große Kalksteinplatten lagen, die feucht wie poliertes Marmor glänzen. Ich amüsiere mich über die brüchigen Platten und denke an den Boden darunter, wie er sich vergeblich von dem Gewicht zu befreien müht. Noch mehr amüsiere ich mich über mich selber; ich verachte Menschen, die der Natur anthropomorphe Züge unterstellen. Ich tue es nie, nur hier in Somerset. Ich trage ein Kleid, denn noch immer beachte ich die hiesigen Sitten. Nach Schulabschluß durften Mädchen in der Stadt weder Shorts noch Hosen tragen.
    Ich zähle: sieben verlassene Häuser in der Hauptstraße. Unser Haus steht am anderen Ende der Hauptstraße, fast einen Kilometer vom Ortsausgang entfernt, wo die Magnolia Avenue ansteigt und zum Highway 590 wird. Alle Seitenstraßen haben Blumennamen. Ich gehe

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