Dampfnudelblues
leuchtet ein.
Und da hat er sich jetzt schon direkt einen guten Ruf gemacht in der Szene. Und so jettet er jetzt quasi pausenlos zwischen St. Tropez und Bibione hin und her. Sogar in Miami war er schon zweimal. Respekt.
»Da kannst du ausgezeichnet mal mitkommen, Franz. Das geht dann alles auf Spesen. Lässt sich gut realisieren«, sagt der Rudi.
»Du bist also jetzt ein Schickimicki-Spanner und wirst dafür auch noch bezahlt?«
»So würd ich das nicht formulieren.«
Der Wirt bringt das Essen. Der Obatzte ist ein Gedicht. Leicht rass, zart cremig und mit roten Zwiebelringen. Die Breze außen knackfrisch, innen weich und duftend.
»Der Obatzte schaut wunderbar aus«, sagt der Rudi und stochert in seinem Wurstsalat.
Ich nicke.
»Können wir tauschen?«
Ich schüttel den Kopf.
Ich kenne das gut. Mir passiert das auch immer. Dass mir das Essen von meinem Gegenüber bedeutend lieber wär als mein eigenes. Aber nachdem der Rudi jetzt lang genug in der Speisekarte gestöbert hat, hätte er den Obatzten fabelhaft selber entdecken können. Dem Rudi seine Gabel landet in meinem Teller.
»Also, jetzt langt’s aber«, sag ich.
»Jetzt hab dich doch nicht so«, sagt der Rudi.
Der Obatzte schmeckt ihm.
»Ah!«, sagt er und schwenkt sein Besteck erneut in meine Richtung. Ich stech ihn mit der Gabel in den Handrücken.
Der Rudi kreischt. Wie ein Weib. Wirklich.
»Ein Pflaster und eine neue Gabel«, ruf ich dem Wirt zu. Er bringt beides umgehend. Wir essen weiter und jetzt bleibt sein Arm da, wo er hingehört.
»Was gibt’s Neues in der Liebe? Bist du eigentlich mit der Susi noch beieinander?«, will er dann wissen.
»Das kann man so nicht sagen.«
»Kann man schon. Ziemlich genau sogar. Mit einem einfachen ja oder nein kann man das eindeutig definieren.«
Ich zuck mit den Schultern.
»Ah, nein, der Eberhofer kann das natürlich nicht! Dem muss man ja zuerst ein Weib stricken, gell?«, sagt der Rudi ziemlich überheblich.
Eine Zwiebel hängt ihm am Mundwinkel.
»Was heißt denn hier stricken? Man hat halt so seine Vorstellungen, gell.«
»Und die wären? Wie muss sie denn bitteschön sein, deine Traumfrau?«
Er hat die Zwiebel gefunden und saugt sie jetzt ein.
»Ja, mei, hübsch halt und jung und gern auch mit Hirn«, sag ich so.
»Also doch stricken«, sagt der Rudi.
Ich fürchte, wir kommen heute auf keinen grünen Zweig mehr.
Und eigentlich muss ich auch schon wieder weiter, weil der Termin in der Gerichtsmedizin direkt vor der Tür steht.
Wir verabschieden uns und machen aus, uns telefonisch zu kontaktieren. Das waren dem Rudi seine Worte. Erkann gar nicht anders. Redet nur noch von kontaktieren, observieren, datieren und lamentieren. Jedenfalls zahlt er die Rechnung, weil er sie sowieso von der Steuer absetzen kann.
Ich bin pünktlich in der Gerichtsmedizin, die Obduktion ist gerade vorbei. Der Pathologe mit Handschuhen bis unter die Achselhöhle erwartet mich schon.
»Sind Sie der Eberhofer aus Landshut?«, kommt er mir entgegen und streckt mir den Ellbogen hin.
Den schüttel ich kurz.
»Niederkaltenkirchen bei Landshut«, sag ich.
Er lacht.
»Aber Eberhofer ist richtig?«
»Einwandfrei«, sag ich.
Wir sind etwa im selben Alter. Er hat lange, wellige, blonde Haare, im Nacken zusammengebunden. Irgendwie erinnert er mich stark an die Kelly Family. Er kennt das wahrscheinlich. Jedenfalls sagt er: »Nein, keine Verwandtschaft zum singenden Volk. Ich bin der Günter.«
»Ich bin der Franz.«
Wo wir jetzt schon einmal so ein inniges Verhältnis haben, dränge ich zum Wesentlichen. Weil mich natürlich hauptsächlich die Neugierde nach München getrieben hat.
»Also, wie schaut’s aus?«, frag ich jetzt.
Er deutet zum Obduktionstisch rüber, da liegt wohl der Höpfl.
Wir gehen hin.
Mein lieber Schwan!
Der Kopf steht aufrecht auf dem Tisch. Drunter so was wie ein Zewa, ziemlich zerknautscht, und es sieht irgendwie aus, als trägt der Höpfl so eine Halskrause wie sie früher einmal die Franzosen hatten.
»Irgendwas Außergewöhnliches vielleicht? Gift, Kugeln, Schädelbruch? Irgendwas, das ein Fremdverschulden erklären könnte?«
»Jetzt schau dir doch den Batz einmal an. Glaubst du ernsthaft, da könnte man ein Fremdverschulden hundertprozentig ausschließen? Aber um die Frage zu beantworten. Kein Gift, keine Kugeln, kein Schädelbruch.« Aha.
»Aha«, sag ich.
»Aber er könnte zum Beispiel wunderbar erstochen worden sein. Oder erwürgt. Wenn das kurz vor dem Zugunglück
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