Dampfnudelblues
oder? Und die brauchen doch ihren Führerschein, alle beide. Besonders der Bengo. Der wohnt doch momentan noch in Landshut. Dem können Sie auf gar keinen Fall den Schein zwicken!«
»Kann ich sehr wohl!«
Der Bürgermeister überlegt.
»Ihre Bedingungen?«, fragt er dann schließlich.
Ich überlege auch. Das heißt, ich tu natürlich nur so, als ob. Weil ich selbstverständlich längstens schon weiß, was ich will. Aber ich dehne diese Was-will-der-von-mir-Situation gerne etwas in die Länge.
»Also«, drängelt mein Gegenüber.
Ich zerbreche den Bleistift einhändig in zwei Teile. Das unterstreicht, was ich zu sagen hab.
»Kein Veranstaltungsschutz mehr!«
»Herrgott, Eberhofer!«, murrt der Bürgermeister und steht auf. Ich mach dasselbe und gehe zur Tür. Dort hab ich zuvor die beiden Tüten mit der sichergestellten Täterbekleidung deponiert. Damit wink ich jetzt zum Abschied.
Keine zwei Minuten später kommt er schon zu mir ins Büro gehetzt. Darauf hab ich natürlich gewartet. Ich steh direkt an der Tür und halt ihm die beiden Tüten entgegen.
»Sie haben gewusst, dass ich komme?«
Ich nicke und überreich ihm meine Beute.
»Kein Veranstaltungsschutz mehr«, sag ich noch einmal.
»In Gottes Namen«, brummt er beim Weggehen.
Kapitel 9
Gleich darauf mach ich mich dann auch schon auf den Weg nach München. Der Termin in der Gerichtsmedizin steht an, und natürlich auch der Birkenberger.
In solchen Fällen nehm ich immer gern den Zug, weil erstens München autoparkmäßig eine Katastrophe ist und man zweitens nie eine bessere Gelegenheit hat, einfach mal blöd zu schauen. Ja, im Abteil sitzen, zum Fenster rausschauen, die bayrische Idylle vorbeiziehen lassen und blöd schauen. Das ist erstklassig. Manchmal schau ich so dermaßen blöd, dass ich fast das Aussteigen vergesse.
Wie ich mich zum Mittagessen in unserem ehemaligen Stammlokal einfind, ist der Rudi schon da. Er liest die Speisekarte. Das heißt, er behauptet ja immer, überhaupt keine Speisekarten zu lesen. Vielmehr wär das die perfekte Tarnung für seine Schnüfflereien. Observieren, nennt er das. Weil aber überhaupt niemand außer uns im Lokal ist, frag ich mich, wen er wohl grad observiert.
»Servus, Rudi. Wem schnüffelst denn schon wieder hinterher«, sag ich, zieh einen Stuhl hervor und setz mich nieder.
»Ich schnüffel überhaupt niemandem hinterher. Generell nicht. Und jetzt schon gar nicht. Ich lese die Speisekarte. Was dagegen?«, sagt er und schaut noch nicht einmal auf.
»Und weißt du schon, was du bestellst?«, frag ich ihn und nehm mir die andere Karte.
Der Wirt kommt und bringt mir ein Bier. So ganz ohne Bestellung.
»Servus, Franz«, sagt er. »Gibt’s euch zwei also doch noch.«
»Schaut ganz so aus«, sag ich und proste ihm zu.
»Einen Schweizer Wurstsalat für mich«, sagt der Rudi.
»Ich nehm einen Obatzten mit Breze«, sag ich.
Der Wirt sammelt die Karten ein, tippt sich damit ans Hirn und geht.
»Und, was gibt’s Neues in unserer großartigen Landeshauptstadt?«, sag ich, einfach um überhaupt irgendetwas zu sagen. Schließlich muss die eingerostete Lockerheit unserer jahrelangen Freundschaft ganz langsam wieder zum Laufen gebracht werden.
»Gut schaust aus. Hast ein bisschen abgenommen?«, leg ich noch nach. Ein bisschen Schmiere kann Wunder bewirken.
»Findest du?«, sagt der Rudi, langt sich an den Bauch und schaut an sich runter. Er freut sich.
»Und braun bist du, mein lieber Schwan!« Nein, es ist jetzt nicht so, dass ich übertreibe. Es ist die Wahrheit. Er ist braun wie ein Schokoriegel. Natürlich nicht so wie der Buengo, aber für europäische Verhältnisse halt direkt wie ein Neger.
Dann erfahr ich, dass diese Hautfarbe von seinem neuen Tätigkeitsfeld herrührt. Weil er sich nämlich jetzt spezialisiert hat, der Rudi. Auf Bonzen. Genauer gesagt auf fremdgehende Bonzen. Es ist nämlich jetzt in diesen Kreisen in Mode gekommen, mit seinem Tätatä in den Urlaub zu fahren. Meistens Kurztrips in den Süden. Weil man da unerkannt bleibt. Und weil man da völlig ungeniert Armin Arm durch die Gegend flanieren kann, ohne womöglich auf irgendwelche Bekannte zu stoßen. Das ist natürlich angenehmer, als sich auf einem Autobahnparkplatz auf der Rückbank des Wagens zu vögeln, sagt der Rudi. Und ihm ist es auch lieber. Weil er schon lieber in einem schicken Eiscafé in der Sonne hockt und das Geturtle gegenüber observiert statt auf einem grindigen Parkplatz im strömenden Regen.
Das
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