Dampfnudelblues
einhändig Essen bin ich mittlerweile unschlagbar.
»Die Uschi wird traurig sein, wenn sie wieder weg muss«, sagt der Papa. »Sie hat sich so gut eingelebt bei uns.«
»Da kann man halt nix machen. So ist das Leben, gell, Sushi«, sag ich.
Sie lacht mich an. Sie mag es, wenn ich mit ihr rede. Manchmal lacht sie dann richtig mit Tönen.
»Wieso sagst du Sushi zu ihr?«, will der Papa jetzt wissen.
»Weil das hervorragend zu ihr passt«, sag ich und schieb mir ein Stückerl Kartoffel in den Mund. »Außerdem«, sag ich kauenderweise. »Ist Uschi der Name von der Mama. Und das soll auch so bleiben.«
Der Papa lacht. Leise und brummig. Dann steht er auf. Sein Teller ist noch halb voll.
»Was hat er denn jetzt wieder?«, schreit mir die Oma her.
Ich zuck mit den Schultern.
Durch die offene Haustür hör ich das Feuerzeug klicken. Er raucht einen Joint.
Nach so dermaßen vielen Jahren hängt er noch immer der Mama nach. Unglaublich.
Nach dem Abwasch geh ich hinaus in den Garten. Der Papa hockt hinten in seinem Schaukelstuhl und hat offensichtlich zu Ende geraucht. Ich setz ihm den Zwerg Nase auf den Schoß.
»Wann genau ist der Deutschkurs zu Ende?«, will ich noch wissen.
»Nächste Woche.«
»Hat sie denn schon was gelernt, die Panida?«
Der Papa nickt.
»Ja, sie kann fragen, was das Fleisch kostet. Und wo die Apotheke ist. Und wie man zum Flughafen kommt.«
»Das ist wichtig«, sag ich. »Das mit dem Flughafen. Besonders, wenn man mit dem Leopold zusammenlebt.«
Der Papa macht ein finsteres Gesicht. Aber ich muss auch schon weg.
Am Abend ruf ich die Zuckerschnute von der Taxizentrale an.
»Sie haben mich grade noch erreicht«, sagt sie. »Ich hab nämlich jetzt Feierabend.«
»Vielleicht doch einen Kaffee? Einen klitzekleinen?«
»Keine Chance«, lacht sie. »Also, ich hab noch nicht mit allen Fahrern reden können. Aber das, was ich bisher erfahren hab, ist sowieso immer dasselbe. Und zwar sind alle Fahrten vom Taxistand Hauptbahnhof aus gestartet worden. Und zwar von jungen Männern. In der letzten Zeit war es dann eigentlich immer der Gleiche. Blonde Haare, groß, schlank. Hilft Ihnen das irgendwie weiter?«
»Noch ein spezieller Hinweis, vielleicht?«
»Die überwiegende Mehrheit der Fahrer war der Meinung, dass es ein Stricher war. Sie haben auch immer dortwarten müssen. So zwanzig Minuten, halbe Stunde vielleicht. Dann ist der Bursche wieder mit zurückgefahren.«
Bingo!
Am Nachmittag ruft mich der Birkenberger Rudi an, und der war nicht faul, mein lieber Schwan!
»Du wirst nicht glauben, was ich rausgefunden hab«, frohlockt er in den Hörer.
Dann erfahr ich, dass er tatsächlich in der Schrebergartensiedlung war. Die Besitzer des Häuschens heißen Sänger. Es ist ein nettes Ehepaar und sie haben ihn gleich auf einen Kaffee eingeladen. Wie er das gemacht hat, sagt er nicht. Berufsgeheimnis, sagt er, der Spinner. Jedenfalls hat er erfahren, dass der Sohnemann von den Sängers grad wieder einmal auf Entzug ist. Im Bezirkskrankenhaus Mainkofen, um genau zu sein. Das vierte Mal schon, übrigens.
Das Spritzbesteck hat er auch gefunden, der Rudi. Es war unter einer losen Diele im Häuschen. Eingewickelt in Alufolie. Mich würde ja nur interessieren, wie er das gemacht hat. Hat er während dem Kaffeeplausch ganz nebenbei den Fußboden rausgerissen?
Jedenfalls bin ich jetzt einen entscheidenden Schritt weiter. Der Rudi sagt,
wir
sind einen entscheidenden Schritt weiter. Na gut.
Weil der Nachmittag ruhig ist und sich sowieso grad nichts anbietet, fahr ich ins BKH Mainkofen. Mit meinem Dienstausweis komm ich dort vermutlich wunderbar rein und niemand wird irgendwelche Fragen stellen. Ich setz mich in den Streifenwagen und fahr los.
Es ist genauso, wie ich’s gesagt hab, und im Nullkommanix sitz ich dem jungen Sänger gegenüber. Er weiß von dem Toten im Gartenhaus und sagt, er wär sein Freund gewesen.Er ist sichtlich mitgenommen. Gesprächig ist er anfangs nicht, man muss ihm jedes Wort aus der Nase ziehen.
»Wo habt ihr euch eigentlich kennengelernt, du und der Marcel?«, frag ich zuerst.
Er lacht bitter und steht auf. Lehnt sich an die Wand und schaut aus dem Fenster. Es ist vergittert.
»Ja, hier halt. Vor circa zwei Jahren. Auf Entzug. Ironie des Schicksals.«
»Aha. Und was habt ihr in dem Gartenhäuschen von deinen Eltern gemacht?«
»Da haben wir manchmal gepennt. Wenn wir halt nicht heimwollten.«
»Ihr habt euch zuerst vollgepumpt und dann dort
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