Dampfnudelblues
Käppi auf dem Kopf und der Franz mit dem Zwerg Nase am Arm. Der Zwerg Nase ist frei. Kinder bis zu zwölf Jahren müssen keinen Eintritt zahlen. Das weiß die Oma freilich. Und weil sie im Laufe ihres Alters auf die Größe eines Kindes hinuntergeschrumpft ist, nutzt sie diesen Vorteil eben schamlos aus. Sie steht mit dem Rücken zur Kassiererin.
»Zwei Erwachsene, zwei Kinder?«, fragt die.
Der Papa nickt.
»Unter zwölf?«, fragt sie weiter.
Der Papa nickt.
Wir kriegen die Tickets für umsonst und die Oma freut sich.
Im Grunde ist es auch kein Betrug im klassischen Sinn. Die Oma benimmt sich nämlich wie deutlich unter zwölf. Sie ist aus dem Strömungskanal gar nicht mehr rauszukriegen.Schießt durch die Kurven und quietscht vor Vergnügen. Ich schau ihr eine Zeit lang zu. Immer wenn sie an mir vorbeiströmt, winkt sie mir begeistert heraus.
Dann merk ich, dass der Papa fehlt. Ich geh zurück zur Garderobe und dort ist er dann auch und wimmert aus der Kabine heraus. Er hat seine Badehose vergessen. Das glaubt man ja nicht! Ich hol also bei der Kassiererin eine Leihhose mit Tigermuster. Die einzig verfügbare in seiner Größe.
»Bist du irre?«, fragt er mich, wie er sie sieht.
»Tigerhose oder im Auto warten«, sag ich.
Die Entscheidung fällt ihm nicht leicht.
»Und vergiss die Badelatschen nicht, weil du sonst einen Riesenfußpilz kriegst«, geb ich noch so als Tipp hinterher.
»Du Clown«, sagt der Papa. »Und wie stellst du dir das vor, mit meinem kaputten Fuß?«
Das hab ich saudummerweise vergessen.
Er streckt mir seinen dreizehigen Fuß entgegen. Herzlichen Dank. Die Schnur von den Flip-Flops hängt im zehenlosen Raum.
Später sitz ich dann mit dem Zwerg Nase im Dampfbad. Ihr gefällt der Nebel. Sie versucht ständig, in die Schwaden zu greifen. Tigerlilly hockt am liebsten im Sprudelbecken, wie alle anderen alten Männer auch. Er sprudelt sich dort so von Düse zu Düse. Jedes Mal, wenn der Gong ertönt, rutschen alle eins weiter. Meistens jedenfalls. An einer der Düsen, die so in Halbleibeshöhe ist, entsteht immer ein Stau. Da will keiner mehr weg. Auch der Papa nicht. Dieses Becken meide ich tunlichst.
»Krieg ich ein Eis?«, schreit die Oma auf einmal quer durch das Bad.
Der Papa nickt. Wir gehen zum Eisessen. Die Sushi schleckt mit. Die kleine Zunge in Ekstase. Wenn das der Leopold wüsste! Es schmeckt ihr unglaublich gut.
Danach schnapp ich mir einen von diesen wunderbaren Liegestühlen und versuch, mich zu entspannen. Das klappt ganz einwandfrei. Die Sushi liegt auf meinem Bauch und schlummert gleich weg. Im Nullkommanix schlaf ich auch. Wir müssen unheimlich gut ausschauen, das kleine Schlitzauge und ich. Weil, wie ich hernach aufwach, steht die Damenwelt der gesamten Therme völlig entzückt um uns rum. Und ich krieg eine Handvoll Telefonnummern. Die reichen bis an mein Lebensende.
Der Anruf vom Günter am Abend wirft mich schnurstracks aus meiner Entspannungswolke direkt in die Realität zurück. Die Schamhaare sind alle vom Höpfl, sagt er. Kein einzig fremdes Haar darunter. Der Höpfl war also der Einzige, der zuletzt die wunderbare Tropen-Dusche benutzt hat. Gut. Wenn wir aber dran denken, wie pingelig er zeitlebens war, hat er vielleicht ohnehin keine anderen Duscher neben sich geduldet.
Am nächsten Tag kommt der Simmerl in mein Büro und hat seinen Balg mit dabei. Der Max ist bockig wie immer und hat die Arme verschränkt.
»Jetzt gesteh schon!«, sagt sein Vater und haut ihm eine auf den Hinterkopf.
»Was soll er denn jetzt schon wieder gestehen?«, frag ich, weil wir eine solche Situation schon einmal hatten. Das war bei meinem großartigen Vierfachmord.
»Ja«, schreit der Max. »Ich sag’s ja schon!«
»Was sagst du mir denn Schönes, Max«, frag ich ihn dann.
Er tut mir fast leid.
»Die Schmiererei, auf dem Höpfl seiner blöden Hauswand …«
»Ja?«
»Das waren wir.«
Aha.
»Aha«, sag ich.
»Die Gisela hat die Farbsprühdosen gefunden«, mischt sich der Simmerl jetzt ein. »Wie sie dem Max sein Zimmer geputzt hat.«
»Und wer genau sind wir?«, muss ich noch wissen.
»Ja, ich und ein paar von der Schule halt«, sagt der Max.
»Namen!«, sagt der Simmerl und patscht dem Junior noch mal eine auf den Hinterkopf.
Der Max schmeißt ihm einen Blick rüber, mein lieber Schwan, aber dann sagt er die Namen.
»Aufschreiben!«, sag ich.
Er schreibt sie mir auf und legt mir dann brav den Zettel hin.
»Und aus welchem Grund schreibt man
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