Dampfnudelblues
merk ich genau. Er läuft planlos durch den Saustall und schaut wie der Teufel. Dann aber setzt er sich aufs Kanapee.
Und er entdeckt die Sushi.
»Ja, was haben wir denn da?«, fragt er und auf einmal hat seine Stimme einen ganz komischen Tonfall. »Ein kleines Mandeläuglein. Das ist ja niedlich. Ist das deines?«
»Ich rate dir, nimm deine Pratzen da weg!«, sag ich, vielleicht eine Spur zu schrill.
Er horcht auf.
Er schaut mich an.
Dann schaut er die Sushi an. Er nimmt sie hoch. Sehr vorsichtig. Fast liebevoll. Sie liegt in seinem Arm und schläft dort ganz entspannt weiter.
»Vorsicht!«, warne ich ihn.
»Geh, Franz. Ich hab in meinem Leben schon so viele, deutlich gefährlichere Sachen transportiert. Handgranaten, Sprengstoffe, Säuren aller erdenklichen Sorten. Für so was hab ich ein Händchen, glaub’s mir. Meinst du wirklich, ich könnte ein Kleinkind nicht halten?«
Er streicht ihr ganz sanft über die Stirn.
Ich steh auf.
»Setz dich!«, fährt er mich an.
Ich tu, was er sagt.
»Ist es dein Kind?«
Ich schüttel den Kopf. Im Moment krieg ich keinen Ton über die Lippen.
»Es ist nicht deines?«, fragt er und seine Stimme ändert wieder die Klangfarbe. Es ist der blanke Hohn, der aus ihr spricht.
»Das ist ja ein Jammer, nicht wahr. Du hast die Verantwortung für ein Kind und kannst sie nicht tragen. Ein Jammer, wirklich.«
»Leg sie zurück!«
»Oh, es ist also ein Mädchen? Hat sie denn auch einen Namen?«
»Leg sie zurück!«
»Ich glaube, du verkennst die Situation gerade, mein Freund. Die Situation hat sich nämlich jetzt komplett geändert, kapiert?«
Mir wird schlecht.
Er steht auf und wandert umher. Die Sushi schläft auf seinem Arm. Es sind nur seine Beine, die sich bewegen. Oben herum ist er ganz ruhig.
Ich brauche meine Waffe, verdammt. Die aber hängt samt Halfter und Lederjacke an der Tür vorn am Haken. Keine Chance, da ranzukommen.
»Ah, was haben wir denn da Feines?«, fragt er dann und schaut auf meinen Teller. »Dampfnudeln? Wunderbar!« Er nimmt einen Löffel voll. Dann noch einen. Die Vanillesoße trieft ihm vom Kinn.
»Göttlich«, sagt er und blickt auf sein Bündel im Arm. »Wenn auch schon ein bisschen kalt. Schade.«
Dann setzt er sich wieder hin und lehnt sich zurück. Die Sushi schläft in seinen Armen ganz friedlich. Er wirkt entspannt. Er atmet tief ein und dann wieder aus.
»Dann werd ich dir die Geschichte jetzt einfach mal erzählen, mein Freund. Und zwar genau so, wie sie war. Wirhaben ja Zeit, wir drei Hübschen. Oder hast du etwa noch was vor heut Nacht?«
Die Beatles spielen den Blues.
Die Sushi streckt sich und gähnt.
Und mir platzt gleich der Schädel.
»Er hat mir einfach nicht zugehört, der Bub«, sagt der Sieglechner weiter. »Er hat gesagt, ich soll mich aus seinem Leben raushalten. Er kann machen, was er will und auch mit wem. Wie hätt ich da weiterhin zuschauen sollen, ha? Also hat eben ein anderer Plan hermüssen. Und da … da kommt mir diese Sache mit dem Schlüsseldienst doch praktisch wie gerufen. Das hat mir nämlich jetzt einen Zutritt verschafft, verstehst? Einen Zutritt zu dem Haus von diesem miesen Rektor.«
»Warum hast du nicht einfach bei ihm geläutet und sie zur Rede gestellt?«
Der Bruno lacht auf.
»Ja, weil die zwei alles abgestritten hätten. Der Höpfl sowieso und der Marcel natürlich auch. Nein, nein, ich musste die beiden schon in flagranti erwischen.«
»Und das hast du dann auch getan?«
Mein Hals ist so rau, als hätte ich Rasierklingen gefrühstückt.
Der Kidnapper nickt.
»Ja, bei Gott, das hab ich. So was Widerliches kannst du dir überhaupt gar nicht vorstellen, Franz.«
Er streichelt der Sushi über den Bauch. Sie grunzt.
»Und was ist dann passiert?«
»Ich hab den Marcel hinausgeschmissen und hab mich dann um den Höpfl gekümmert.«
»Du hast ihn misshandelt?«
»Das kann man wohl sagen. So lange, bis er mir geschworen hat, die Finger von dem Buben zu lassen. Zuersthat er mich ja noch ausgelacht. Diese Drecksau. Und er hat geprahlt, wie gut sich so ein kleiner Arsch bearbeiten lässt. Ich soll das doch auch mal ausprobieren. Vielleicht würd ich dann auch lockerer werden. Lauter so Zeug hat er gesagt, der Höpfl. Aber am Ende hat er nur noch gewinselt, das kannst du mir glauben.«
»Weiter.«
»Dann bin ich weg. Ich hab ja zur Arbeit müssen. An diesem Tag hab ich nämlich Dienst gehabt. Witzigerweise ist dann ausgerechnet dein Auftrag gekommen. Und wie du weißt, hab ich dir die
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