Dan
seine Frage zu dumm, um sie zu beantworten. »Weil er denkt, wenn er das Geld findet und es unserem Vater bringt, wird der ihm seine Sünden vergeben – die echten und die, die er sich einbildet.«
»Und warum helfen Sie ihm nicht dabei?«
Sie zuckte die Schultern. »Das hat persönliche Gründe.«
»Sie hassen Ihren Vater.«
»Selbstverständlich. Ebenso wie Sie ihn hassen. Und du.« Sie neigte den Kopf in Maggies Richtung. »Viejo wusste, dass irgendjemand aus seinen Reihen dem FBI Informationen zuspielt, und nahm an, es sei Ramon. Das kam auch beim Prozess heraus, da Sie beide ja praktischerweise tot beziehungsweise verschwunden waren.« Sie beugte sich vor. »Aber wollten wir nicht in diesem Gespräch herausfinden, wer mich so verstümmelt hat?«
»Constantine Xenakis?«
»Oh nein, er hat mich nicht angerührt. Aber anscheinend hat er dem Typ, der mich misshandelt hat, den Zettel vor der Nase weggeschnappt.«
Xenakis war das durchaus zuzutrauen, und auch, dass er mit ihr unter einer Decke steckte. Zusammen mit Lucy hatte er inzwischen nachvollziehen können, wie der Grieche ihn in Max’ Haus auf Star Island ausfindig gemacht hatte – Xenakis wusste viel über Bullet Catcher; es war ihm also vermutlich nicht neu, dass sie befreundet waren. Er musste herausgefunden haben, wo Max’ Frau wohnte, und es dann einfach auf gut Glück versucht haben.
Der Typ war zweifellos ziemlich gut. Die Frage war nur, für wen er kämpfte. Außer für sich selbst.
Angenommen, nicht er hatte Lola verstümmelt, sondern der Mann, den Lola zu Beginn des Treffens beschrieben hatte – ein muskulöser Kerl mit kastanienbraunem Haar, dunklen Augen und einem Muttermal am Hals –, dann war dieser Unbekannte eine völlig neue Figur in diesem Spiel.
»Wie viele Zettel haben Sie?«, meldete sich Lola plötzlich. »Sie haben meinen, Sie haben Maggies, und Sie sagen, dass Sie den von Ramon haben. Der andere Typ muss den vierten haben, sonst wäre er nicht so scharf auf die restlichen drei. Und er muss wissen, was es zu gewinnen gibt, sonst würde er sich nicht so eine Mühe geben.«
»Vielleicht arbeitet er auch für Viejo«, mutmaßte Dan, »und soll dafür sorgen, dass die Zettel aus dem Verkehr gezogen werden, damit kein anderer das Geld findet. Der Alte weiß wahrscheinlich ohnehin, wo es ist.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Schon möglich. Wenn er es noch nicht gewaschen hat, müsste es noch dort sein.«
Dan wandte sich zum Bildschirm und deutete auf die südwestliche Ecke des Binnenmeeres, blieb jedoch vage, um nicht preiszugeben, dass sie die vierte Koordinate bereits im FBI -Archiv gefunden hatten. »Sagt Ihnen diese Gegend etwas?«
»Ja. Mein Onkel hatte eine Hütte im Lake Maracaibo.«
»Im Lake?«, fragte Maggie nach.
»Ein Pfahlbau. Die gibt es dort überall, besonders im Süden, wo es keine Ölbohrtürme gibt und jede Menge Fischfang. Es sind einfache Fischerhütten auf Pfählen. Ich war mit meinem Onkel einmal da, als ich sieben oder acht war.« Sie musterte die Karte. »Das muss ziemlich genau da gewesen sein. Rund fünfzig Kilometer vor der Küste, auf der Höhe eines Ortes namens …« Sie tippte sich nachdenklich ans Kinn. »Puerto Concha. Gelegen an einem der Zuflüsse zum Lake.« Sie blickte zwischen Dan und Maggie hin und her. »Ist das die Stelle, wo das Geld liegt?«
Als Dan nicht reagierte, riss sie neugierig die Augen auf. »Ich hätte es mir denken können. Es wäre ein ideales Versteck. Im Umkreis von Meilen nichts als Wasser – zumindest war das vor Jahren so. Besonders sicher ist es allerdings dort nicht. Die Hütte ist nach einer Seite offen und hat ein Strohdach; die Ausstattung beschränkt sich auf einen Anlegesteg und eine Toilette. Ich nehme an, er …«
Als sie zögerte, widerstand Dan dem Impuls, sie zu drängen. Maggie ging es offenbar genauso.
»Er was?«, fragte sie.
»Vielleicht hat er es im Wasser versenkt, in einer Schutzhülle.«
Maggie sah Dan an. »Hältst du das für möglich?«
Er bezweifelte es. Er bezweifelte überhaupt vieles, das aus Lolas Mund kam, doch im Augenblick hatten sie wenig Alternativen. »Möglich ist alles.«
Lola verschränkte ihre Arme und betrachtete den Bildschirm. »Es wäre sehr wohl denkbar, dass er das Geld dort versteckt, weit weg von der Plantage, auf der er lebt. Nur – wie würde der alte Bastard da runterkommen, krank, wie er ist?«
»Er ist krank?«, fragte Dan.
Sie schloss angewidert die Augen. »Er ist vor allem niederträchtig,
Weitere Kostenlose Bücher