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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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Entscheidung. Ihr blieb noch ein knappes Jahr im Schoß der Familie, dann war sie mit der Schule fertig und würde ihrem privilegierten Leben für immer den Rücken kehren. Sie würde ganz klein anfangen und ihren Weg alleine gehen. Ihren Treuhandfonds würde sie genauso wenig anrühren wie das viele Geld, das sie irgendwann erben würde. Sie würde ihre eleganten Twinsets in einen Koffer packen und jemand ganz Neues werden.
    Nachts lag sie wach im Bett und dachte an ihre Zukunft. Obwohl sie stolz war auf ihren Entschluss, wusste sie, dass es schwer werden würde, unendlich schwer. Sie würde ein Leben in Luxus und Komfort gegen harte Arbeit und Ungewissheit eintauschen. Aber es fühlte sich gut an.
    Der Übergang sollte so nahtlos wie möglich sein, ihren Eltern zuliebe. Also hielt sie die Fassade der perfekten Tochter bis zum Schluss aufrecht und lebte genauso wie zuvor. Sie trat der Junior League von New York bei, die sich wohltätigen Zwecken verschrieben hatte, tanzte auf dem Gold and Silver Ball, stand brav neben ihren Eltern, schüttelte Hände, sagte bitte und danke und lächelte, wenn es von ihr verlangt wurde.
    Ihre Eltern bemerkten nichts von der Veränderung, die in ihr gärte.
    Als es Zeit fürs College wurde, erwarteten sie natürlich, dass ihre Tochter die Familientradition fortführte und nach Yale ging. Aber für Christine hatte auch diese Eliteuniversität einen unauslöschlichen Makel erhalten. Sie war wild entschlossen, ihren eigenen Weg zu gehen, und zog mit zugekniffenen Augen einen Strich auf der Landkarte, der weit weg führte von New York. Ihr Zeigefinger landete in Oregon, was ihr nur recht war. Weiter konnte man sich nicht von der Park Avenue entfernen, ohne in den Pazifik zu stürzen.
    Ihre Mutter war entsetzt, als sie hörte, dass ihre Tochter in einem Bundesstaat studieren wollte, in dem niemand, den sie kannte, auch nur ein Ferienhaus besaß. Aber irgendwie schaffte es Christine, sich durchzusetzen. Dank der guten Kontakte ihrer Privatschule gelang es ihr sogar, ein Vollstipendium für die University of Oregon zu ergattern. Ihre Eltern lenkten ein, vermutlich in der heimlichen Hoffnung, sie würde ihren Fehler nach einem Semester einsehen und in die heiligen Hallen von Yale übersiedeln, wo sie hingehörte.
    Doch weit gefehlt. Kaum in Oregon angekommen, verspürte Christine eine große Erleichterung. Es beschwingte sie regelrecht, auf sich allein gestellt zu sein. Sie hatte es geschafft, sich mit Würde und Anstand aus ihrer geschützten Welt zu befreien, und trat nun eine Reise an, in deren Verlauf sie sich vollkommen neu erfinden konnte.
    Während des ersten Semesters musste sie entgegen ihren guten Vorsätzen noch auf ihren Treuhandfonds zurückgreifen. Sie nahm so wenig Geld wie möglich in Anspruch und lebte mehr als bescheiden, fest entschlossen, die Anleihe sobald wie möglich zurückzuzahlen. Sie suchte sich einen Nebenjob und lebte von Nudeln und Dosentomaten. Unterdessen verwandelte sie sich immer mehr in eine ganz normale Studentin, die Jeans und Sweatshirt trug, im Studentenwohnheim wohnte und ihr Bett mit Billigbettwäsche bezog.
    Sie kehrte wieder in den herrlich anonymen Zustand ihrer Jugend zurück, bevor der ganze Ärger ausgebrochen war. Niemand in Oregon schien die Artikel über ihren Vater gelesen zu haben, aber vielleicht erkannte auch nur niemand ihren Nachnamen. Sie gab nie von sich aus Informationen über ihre Herkunft oder ihre wahre Identität preis. Wenn sie gefragt wurde, antwortete sie, sie stamme aus Brooklyn und ihre Eltern seien im Einzelhandel tätig.
    Es hätte alles perfekt sein können für Christine, hätte sie nicht in ihrem zweiten Studienjahr ein Interesse für Psychologie und speziell für ihren brillanten und dynamischen Psychologieprofessor Jack Derber entwickelt. Sie hatte sich zufällig für ein Seminar bei ihm eingeschrieben, weil sie den Schein für Sozialwissenschaften brauchte. Aber schon nach dem ersten Tag war sie Feuer und Flamme.
    Manchmal erzählte sie uns – und dabei schwang in ihrer Stimme noch immer ein Rest ihrer früheren Ehrfurcht mit –, wie er den ganzen Raum in seinen Bann gezogen habe, wie die Studenten wie hypnotisiert dagesessen und ihm gelauscht hätten, weil Grundlagen der Psychologie bei ihm wie eine neue Religion geklungen habe. Er war auf eine ruhige, hypnotische Weise charismatisch und brachte seine Zuhörer mit sanfter Stimme dazu, Dinge zu glauben, die zu glauben sie nie zuvor in Erwägung gezogen hatten.
    Zu

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