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Danach

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Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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ich und starrte auf die leerstehenden Gebäude.
    »Die Ehrgeizigen stellen Crystal Meth her, und die anderen konsumieren es. Oder sie arbeiten in einer Fastfood-Bude im Neubaugebiet. Willkommen in der amerikanischen Provinz.«
    Wir bogen um eine Kurve und fuhren auf eine breite Umgehungsstraße. Sie war leer, aber Tracy versicherte mir, dass sich hier freitags die Autos drängten, weil die Straße direkt zu den Stränden der Golfküste führte.
    Wir folgten den Anweisungen unseres Navigationsgeräts und erreichten schließlich ein Farmgebäude aus Backstein, das inmitten hügeliger Baumwollfelder und Rinderweiden lag. Die Auffahrt war ein rötlicher, sandiger Feldweg.
    Als ich aus dem Auto stieg, brannte die Sonne unbarmherzig auf mich herunter, und ich wünschte mir, etwas Leichteres angezogen zu haben als eine graue Baumwollhose und eine weiße Leinenbluse.
    Bevor ich den ersten Schritt machen konnte, rief Tracy: »Vorsicht!« Ich blickte nach unten und entdeckte den größten Ameisenhaufen, den ich je gesehen hatte. Er war fast einen halben Meter hoch. Ich bückte mich und beobachtete das Gewusel der Insekten, die hektisch durch ihren Bau krabbelten. Einige trugen kleine weiße Fetzen herum, andere blieben stehen, um ihre Genossinnen kurz mit den Fühlern zu berühren, bevor es weiterging.
    »Feuerameisen«, sagte Tracy. Ich zog eine Grimasse und umrundete den Ameisenhaufen in großem Abstand.
    Da wir uns nicht telefonisch angekündigt hatten, hatten wir keine Ahnung, ob Sylvias Eltern zu Hause waren, aber Tracy wusste, dass die Farmer in den Südstaaten wegen der Hitze schon früh mit der Arbeit fertig sein mussten.
    Es war jetzt vier Uhr nachmittags, die heißeste Zeit des Tages.
    Wir klopften und hörten kurz darauf, wie jemand im Inneren des Hauses etwas rief. Dann machte ein Mann Anfang sechzig die Tür auf, die nicht abgeschlossen war, wie mir sofort auffiel. Der Mann trug Jeans und ein weißes T-Shirt, aber keine Schuhe. Vielleicht hatten wir ihn bei einem Nickerchen gestört. Ich spürte die kühle, frische Luft der Klimaanlage und hoffte inständig, dass er uns hereinbat.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte der Mann etwas reserviert, aber freundlich. Er glaubte bestimmt, dass wir etwas verkaufen wollten, wirkte aber dennoch kein bisschen abweisend oder unhöflich. Tracys unorthodoxes Aussehen schien er nicht einmal zu bemerken, obwohl ihre Gesichtspiercings im Sonnenlicht funkelten.
    »Mr Dunham, wir sind wegen Ihrer Tochter hier«, übernahm Tracy die Führung.
    Augenblicklich trat ein verstörter, angstvoller Ausdruck in sein Gesicht. Er musste glauben, wir wollten ihn über den Tod seiner Tochter informieren, daher beeilte ich mich zu versichern: »Es geht ihr gut, keine Sorge.«
    Seine Gesichtszüge entspannten sich sofort.
    »Zumindest hoffen wir das«, fügte ich hinzu. »Wir kennen sie nicht persönlich, würden uns aber gerne mit ihr in Verbindung setzen und ihr ein paar Fragen stellen.«
    »Sie steckt doch nicht etwa in Schwierigkeiten?«, fragte er gequält. Es brach mir das Herz, ihn so leiden zu sehen.
    »Nein … nein, Sir. Nicht, dass wir wüssten. Aber sie wurde vielleicht … Zeugin von etwas und könnte wichtige Informationen haben.«
    »Zeugin von etwas, was ihr sogenannter Ehemann getan hat?« Seine Stimme klang jetzt schroff, und ich sah, wie sich seine Nackenmuskeln anspannten. Dann schien es, als könnte er jeden Moment in Tränen ausbrechen.
    »Es hat mit ihm zu tun, ja«, antwortete ich. »Über die Einzelheiten können wir leider momentan noch nicht sprechen.« Das war beinahe die Wahrheit.
    »Sie arbeiten also für die Polizei?«, fragte er und sah Tracy prüfend an.
    »Nein, nicht direkt«, antwortete sie. »Aber die Polizei … weiß von unseren Ermittlungen.«
    Er musterte uns genauer. Offenbar bemerkte er Tracys halbgeschorenen Kopf erst jetzt, denn er beugte sich näher zu ihr hinüber. Dennoch zögerte er nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor er uns ins Haus bat.
    »Erline!«, rief er im typischen Südstaaten-Singsang. »Wir haben Besuch!« Obwohl wir den Kummer über seine Tochter wieder aufgewühlt hatten, lächelte er uns freundlich zu. Ich mochte ihn auf Anhieb. Wie hatte sich die Tochter dieses Mannes ausgerechnet Jack Derber als Ehemann aussuchen können?
    Seine Frau kam in den Flur, um uns zu begrüßen, und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. Wir stellten uns vor, wobei wir nicht unsere echten Namen benutzten.
    »Hat Dan Sie etwa da draußen in der Hitze

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