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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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beobachtete Vanessas Gesicht. Sie dachte an die Male zurück, als sie den Tanz fast perfekt hinbekommen hatte. Als Justin ihr jetzt beschrieb, wie sich der Raum und das Licht veränderten, erinnerte sie sich daran, wie sich ihr Körper angefühlt hatte, wenn er sich in vollkommenem Einklang mit der Natur bewegte.
    »Ich glaube, du weißt, wovon ich spreche«, wiederholte Justin leise.
    Vanessa schluckte und wich seinem Blick aus. Der Umkleideraum kam ihr plötzlich unglaublich eng vor.
    »Wenn das bei allen Tänzerinnen geschieht, öffnet sich ein Tor zwischen dieser Welt und der nächsten. Der Ring von dreizehn Ballerinenfungiert als Umrahmung dieses Tors. Und die letzte Tänzerin – die Solotänzerin – wird die Trägerin des Dämons. Wenn er angerufen wird, pulsiert er durch ihre Glieder, er bewohnt ihren Körper, während sie tanzt, und verschlingt so ihre Seele. So kommt er in unsere Welt.«
    Vanessa fehlten die Worte. Nur eines ging ihr immer wieder durch den Kopf.
Margaret.
    Sie war die Solotänzerin gewesen, der Feuervogel – die Rolle, die auch Vanessa jetzt tanzte. War Margaret etwa die vierzehnte Tänzerin gewesen? Hatte sie versucht, einen Dämon zu beschwören, und war ihre Seele dabei verschlungen worden? War sie deshalb verschwunden?
    Als könnte er ihre Gedanken lesen, trat Justin näher. »Es heißt jedoch, dass es bisher nur viermal gelang, einen Dämon herbeizurufen, und das ist schon Jahrhunderte her. Josef ist das noch nie gelungen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Der Überlieferung nach brach nach diesen vier Malen, als die Dämonen auf unsere Welt losgelassen wurden, vollkommenes Chaos aus: Massaker, Seuchen, vielfältiges Leid und Tod. Berichten zufolge waren ganze Dörfer besessen, die Menschen verloren den Verstand und zerstörten ganze Städte. Das passiert ja heutzutage nicht in diesem Ausmaß.«
    Vanessa schauderte bei dem kalten Unterton in Justins Stimme. »Wenn eine Dämonenbeschwörung derart zerstörerische Folgen hat, warum um alles in der Welt ist Josef dann so scharf darauf?«
    »Wenn man es richtig macht, kann man den Dämon unter Kontrolle bringen. Kannst du dir vorstellen, welche Macht man dann hat? Anstatt zu zerstören, könnte man damit etwas aufbauen, etwas Neues erschaffen   … Menschen beherrschen. Armeen befehligen. Lauter verrückte Dinge tun.«
    »Ich versteh das alles nicht«, sagte sie zögernd. »Und was passiertmit den Tänzerinnen, wenn es nicht gelingt? Wenn der Dämon nicht durchkommt?«
    »Dann bleiben sie zwischen den Welten stecken«, erklärte Justin.
    Die leuchtenden weißen Figuren spukten in Vanessas Kopf herum, und auf einmal wurde ihr klar, dass sie die Antwort bereits gekannt hatte. Die weißen Figuren an der Wand, die verbrannten Stellen, die schwarze Asche in der Mitte des Raums, direkt an der Stelle, wo die Solistin mit ihrer Schlusspose endete. Ihr fiel auch wieder ein, was Helen vor dem Central Park zu ihr gesagt hatte: Dass jemand versuche, sie in die Wände einzusperren. Und Vanessa dachte auch an die Figur, die wie Margaret aussah, und an ihren markerschütternden Schrei, als sie zu einer Flamme aufloderte. Das also war mit ihr geschehen.
    »Demnach lebt Margaret noch?«, fragte Vanessa.
    Justin senkte den Kopf. »Das weiß ich nicht.«
    »Du weißt es nicht? Aber wo ist sie dann? Was ist mit ihr passiert?«
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte Justin. »Ich weiß nur, dass der Versuch mit ihr nicht erfolgreich war.« Sein Gesicht war tiefernst. »Keiner von Josefs Versuchen war erfolgreich.«
    Vanessa sah ihn forschend an. »Chloë«, schoss es ihr auf einmal durch den Kopf. »Diesen Sommer hatten die Schülerinnen der Fortgeschrittenenklasse alle einen Sonnenbrand.«
    »Der kam nicht von der Sonne«, sagte Justin. »Und du hast sicher gehört, wie ich das Datum vorgelesen habe? Es war nur eines aus einer Liste mit vielen Daten. Es sind die Tage, an denen sich das Tor zwischen den Welten am leichtesten öffnet. Zuletzt war das im August der Fall, und Josef hat deshalb noch vor dem eigentlichen Schuljahresbeginn eine Probe angesetzt.«
    »Heißt das, diese dreizehn Mädchen waren dabei, als das mit Chloë passiert ist?«, fragte Vanessa bestürzt. »Und trotzdem sind alle bereit, an einem erneuten Versuch teilzunehmen?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob sie es freiwillig tun. Vielleicht zwingt Josef sie dazu. Es gibt finstere Mächte, die den menschlichen Geist unter Kontrolle bringen können.«
    »Aber wie? Und warum? Chloë war doch ihre

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