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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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Büro war, wo ihr vielleicht mitgeteilt werden würde, dass sie von der Schule flog. Lieber abwarten und herausfinden, was er von ihr wollte.
    »Trainieren? Vielleicht solltest du auch hin und wieder eine Pause einlegen. Geh lieber in die Bibliothek.«
    »Okay, Mom. Mach ich«, sagte sie und legte auf, nachdem sie sich verabschiedet hatte. Vanessa checkte ihre SMS. Noch immer keine Nachricht von Elly. Rasch wählte sie ihre Nummer und horchte auf das Klingeln, einmal, zweimal, dreimal. Dann Ellys nette Stimme mit Südstaatenakzent, die sagte, dass sie ihren Anruf derzeit nicht persönlich entgegennehmen könne.
    »Elly, ich bin’s, Vanessa. Ich wollte nur noch mal nachfragen, ob bei dir alles in Ordnung ist. Du musst mir nichts erklären oder so. Ich will nur wissen, ob es dir gut geht.« Vanessa zögerte, als warte sie darauf, dass Elly ranging. Als das nicht geschah, legte sie auf.
    Josefs Büro lag im ersten Stock des Hauptgebäudes. Die dunkle Holztür stand einen Spalt offen, als sie ankam, und von drinnen fiel ein schwacher Lichtschein auf den Korridor. Ihr Blick traf auf einen unordentlichen Schreibtisch, der mit Unterlagen bedeckt war. Sie klopfte. Keine Antwort. Sie räusperte sich und sagte mit zittriger Stimme: »Josef?« Als keiner antwortete, schob sie die Tür auf.
    Im Büro war es unnatürlich still. Die Luft war stickig, und beißender Geruch nach etwas Verbranntem stieg ihr in die Nase. Die Vorhänge waren zugezogen, und das einzige Licht kam von einer alten Stehlampe, die in der Ecke flackerte, als wäre die Glühbirne kurz vor dem Durchbrennen.
    Vanessa trat einen Schritt weiter in den Raum hinein. Ihr Handy hielt sie noch immer in der Hand.
    Die Wände waren voller Schwarz-Weiß-Fotos von Josef als jungem Tänzer. Daneben hingen Autogrammkarten von berühmten Ballerinen. Ein Aktenschrank stand offen, und man sah eine Reihe Ordner. Schülerakten, dachte sie. Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie ihre eigenen Unterlagen suchen sollte, aber dann besann sie sich eines Besseren. Josef konnte jeden Moment hereinkommen.Wenn er sie dabei erwischte, wie sie seine Schränke durchwühlte, würde sie definitiv von der Schule fliegen. Oben auf dem Schrank standen Trophäen, von einer Staubschicht bedeckt. Sie las die Daten und Auszeichnungen darauf, bis sie eine Gittertür entdeckte, die in ein dunkles Zimmer, vollgestellt mit Büchern, führte. Eine Bibliothek, dachte sie und drückte versuchsweise die Klinke herunter. Die Tür war zugesperrt. Sie wandte sich wieder zum Schreibtisch, auf dem eine hohe Pendeluhr stand. Dabei stieg ihr der Geruch nach Verbranntem noch stärker in die Nase.
    Auf Josefs Schreibtisch lagen mehrere seltsam aussehende Kolophoniumstücke neben einem Skizzenbuch und einem Metronom. Das Kolophonium sah fast so aus wie das, mit dem Vanessa ihre Spitzenschuhe vorne einrieb, nur waren diese Stücke dunkler, fast bernsteinfarben, und durchscheinend. Vanessa blickte über ihre Schulter, um sicherzustellen, dass keiner sie beobachtete, dann nahm sie eines der Stücke in die Hand. Es war schwerer als erwartet und fühlte sich klebrig an. Sie schnupperte daran.
    Der rauchige Geruch nach verbranntem Harz stach ihr unangenehm in der Nase. Sie verspürte einen Niesreiz und streckte ihre Hand hastig wieder von sich weg, schloss die Augen und versuchte, ein Niesen zu unterdrücken.
    »Bitte spiel nicht mit meinen Sachen herum.«
    Vanessas Herz setzte einen Schlag aus.
    Vor ihr stand Josef. Sein Gesicht war wutverzerrt, so wie sie es erst einmal gesehen hatte – als Elly die Probe gestört hatte.
    Sie ließ das Kolophonium auf den Tisch fallen und trat erschreckt zurück. »Ich wollte nichts anfassen. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Ich hätte das nicht tun sollen. Es tut mir wirklich leid.«
    Josefs Gesichtszüge entspannten sich. »Schon gut.« Er ging um den Schreibtisch herum. »Setz dich bitte.«
    Er deutete auf einen Stuhl gegenüber von seinem und wartete, bis Vanessa sich hingesetzt hatte. Ein echter Gentleman, hätte ihre Mutter jetzt gesagt.
    »Vanessa«, begann er und lehnte sich in seinem knarrenden Stuhl zurück. »Vanessa, was sollen wir mit dir machen?«
    »Wie   … wie meinen Sie das?«
    »Ich kannte deine Schwester, das weißt du. Margaret.«
    Vanessa umklammerte nervös die Armlehnen ihres Stuhls. Obgleich sie wusste, dass Josef ihre Schwester unterrichtet haben musste, rief ihr Name Vanessa diese Tatsache wieder deutlich ins Bewusstsein. Sie konnte sich

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