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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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du
nicht
versuchst, ein besserer Tänzer zu werden?«
    »Ich bin eben eine komplizierte Person«, sagte Justin mit funkelnden Augen. »Ich stecke voller Widersprüche.«
    Vanessa musste lachen. »Kompliziert? Das stimmt allerdings. Denn du bist ein sensibler Tänzer, der noch nicht wieder seine Topform erreicht hat, und gleichzeitig ein unsensibler Trottel. Du bist uncool, weil du nicht so viele Freunde hast, aber du bist zu cool, um rechtzeitig zum Unterricht zu kommen. Oder dein Hemd zuzuknöpfen oder dir die Haare zu schneiden.« Ihre Worte klangen schärfer, als sie beabsichtigt hatte, und für den Bruchteil einer Sekunde meinte sie zu sehen, wie er zusammenzuckte.
    »Da hast du mich ja ganz schön unter die Lupe genommen«, sagte er ruhig. »Ich hoffe nur, du betrachtest alle, denen du hier begegnest, so kritisch.« Sein Tonfall war ernst, sogar aufrichtig.
    Vanessa schwieg. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Willst du dich über mich lustig machen?«
    Sein Gesicht war ruhig und undurchdringlich. »Nein.«
    »Warum bist du hier, wenn du kein besserer Tänzer werden willst?«
    »Du meinst offenbar, dass du schon sehr viel über mich weißt«, sagte Justin. »Also finde es doch selbst raus.«
    Vanessa verdrängte die Gedanken an Justin. Sie nahm ihr iPad auf den Schoß, um Elly eine E-Mail zu schicken, starrte auf den blinkenden Cursor und überlegte, was sie ihr schreiben sollte. Sollte sie sie fragen, was passiert war? Ihr das Neueste aus der New Yorker Ballettakademieerzählen? Sollte sie Elly eigentlich überhaupt schreiben, wo sie doch ausdrücklich darum gebeten hatte, dass sie nicht mit ihr in Kontakt treten sollten? Schließlich tippte sie eine ganz kurze Nachricht.
    Ich weiß, dass Du nichts von uns hören willst, aber ich wollte Dir nur sagen, wie froh ich bin, dass es Dir gut geht. Wenn Du jemals darüber reden willst, sag mir einfach Bescheid. Ich bin immer für Dich da. Alles Liebe, Vanessa
    Auch im Tanzunterricht am Nachmittag versuchte sie nicht an Justin zu denken, aber das war unmöglich, denn immer, wenn sie ins
plié
ging, sah sie seinen Kopf vor sich, denn er war der Größte in ihrer Klasse. Und jedes Mal, wenn sie im
écarté
die Arme ausstreckte, sah sie seine großen Augen, die sie im Spiegel betrachteten.
    »Und eins-zwei-drei, eins-zwei-drei«, sagte Hilda und ging die Reihe der Tänzer entlang. Sie benutzte einen dünnen Stock, mit dem sie die Haltung der Beine, des Rückens und der Arme korrigierte. »Und hoch!«, sagte sie. »Und halten!«
    Vanessa streckte ein Bein nach hinten. Vor sich sah sie Hilda, die mit dem Stock leicht gegen TJs Hüfte schlug. »Du wackelst zu sehr!«, sagte Hilda. »Es soll leicht aussehen, und nicht schwer!«
    Hilda marschierte weiter, an Blaine vorbei, der versuchte, sich den Schmerz auf seinem Gesicht nicht anmerken zu lassen, während er in dieser Stellung blieb. Seine perfekte Haltung erstaunte Vanessa. Man vergaß immer wieder, was für ein ausgezeichneter Tänzer er war, denn außerhalb des Ballettsaals tat er alles, um nicht durchblicken zu lassen, wie viel Energie er auf das Tanzen verwendete. Er sprach nie darüber, dass er noch nach dem Training übte, oder darüber, wie viel Zeit er damit verbrachte, seine Schrittfolgen durchzugehen. Doch Vanessa wusste, dass er trotz seines oft albernen Geplänkels offenbar genauso hart arbeitete wie sie.
    »Höher«, bellte Hilda ein weiteres Mädchen an. »Zieh den Bauch ein! Höher aufs
relevé
! Versuch wenigstens ein Mal, schwerelos auszusehen!«
    Als sie schließlich zu Vanessa kam, blieb sie stehen. »Gut«, sagte sie, als sie sah, wie Vanessa das Bein hielt. »Jetzt eins-zwei-drei, eins-zwei-drei.
Fouetté

    Vanessa löste die Hand von der Stange und drehte sich, wobei sie das Bein mit einem kleinen
rond
ins
passé
zog. Der Raum verschwamm rings um sie her, bis alles, was sie sehen konnte, Hildas scharf blickende Augen waren, die sie aufmerksam beobachteten.
    »Gut«, sagte Hilda. »Und jetzt noch mal von vorn.«
    Vanessa folgte ihren Anweisungen und spürte ihr Körpergewicht auf den Zehen, als sie sich drehte. Einzelne Haarsträhnen klebten ihr an den Schläfen, als sie die Stange losließ und den Hals dabei in bühnenreifer Eleganz neigte.
    Im Spiegel konnte sie sehen, wie Justin höhnisch lächelte, während Hilda weiterging, um Steffie zu kontrollieren, und widerwillig knurrte.
    »Zu steif«, kritisierte sie Garret, Blaines Schwarm. Ihr Gesicht verhärtete sich vor Missfallen. »Zu

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