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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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an Sehnsucht? Sie durchliefen alle Anfangsstadien des Kennenlernens, sie sagten genau die richtigen Worte. Aber für sie fühlte es sich nicht an wie eine Beziehung, sondern eher wie die Probe für eine Darbietung.
    Und im weiteren Verlauf der Proben hatten sie immer weniger Zeit miteinander verbracht. Vanessa bemerkte, dass Josef mit Zep immer ungeduldiger wurde und ihn plötzlich anfuhr aus Gründen, die Vanessa nicht nachvollziehen konnte. Sie schob es auf Josefs ungestümes Temperament. Doch das war nicht das einzig Merkwürdige. Einmal meinte Vanessa, die Fratelli-Zwillinge zu sehen, wie sie Zep beobachteten, doch als sie genauer hinschaute, waren die beiden verschwunden. Sie fing wohl schon an, Gespenster zu sehen. Wahrscheinlich machte sie der große Druck, der auf ihr lastete, paranoid. Josef nahm Zep weiterhin jeden Tag nach der Probe mit in sein Büro – um die Choreografie seiner Rolle mit ihm durchzusprechen, vermutete Vanessa. Sie zog sich dann in die Bibliothek zurück und versuchte, sich in ihre Lehrbücher zu vertiefen. Doch sie konnte an nichts anderes denken als an Zep und daran, wann sie ihn wiedersehen würde. War er wirklich ihr Freund? War ihre Beziehung echt? Oder entglitt er ihr wieder?
    TJ wälzte sich im Bett auf die andere Seite, wachte aber nicht auf, als Vanessa leise aufstand. Sie murmelte etwas Unverständliches im Schlaf, und ihre Stimme klang sorgenvoll. In letzter Zeit schlief TJ nicht besonders gut. Sie war bedrückt, besonders wenn die Rede auf Elly kam, und konnte einfach nicht verstehen, warum sich keineraußer ihr solche Sorgen um sie machte. Vanessa gab sich alle Mühe, TJ nicht aufzuwecken.
    Draußen waren die Straßen New Yorks ruhig, abgesehen vom leisen Rauschen des Verkehrs auf dem Broadway. Vanessa zog sich an und band ihr Haar zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammen, so wie ihn auch ihre Schwester getragen hatte. Ihre Tanztasche war schon gepackt. Sie warf sie über die Schulter, öffnete leise die Tür und schlich hinaus auf den Korridor.
    Sie hatte vorgehabt, in den Trainingssaal im Balletttheater zu gehen und sich für die erste echte Probe aufzuwärmen, in der sie richtig tanzen und nicht nur die Schrittfolgen markieren würden. Doch als sie in die Eingangshalle trat, hielt sie inne. Durch die Glasscheiben sah sie die Sonne über dem Lincoln Center aufgehen. In einiger Entfernung schlenderte eine Gruppe Teenager mit ihren Skateboards und Rucksäcken den Gehweg entlang. Vanessa sah, wie einer von ihnen an einem Straßenstand einen Donut kaufte. Ihr fiel auf, dass sie gar nicht mehr wusste, wie es war, einen gemütlichen Bummel mit Freunden zu unternehmen und nicht übers Ballett oder die Proben zu sprechen, ohne schlechtes Gewissen einen Donut zu essen und an den Nachmittagen freizuhaben und zu unternehmen, wozu man gerade Lust hatte. Die Tasche glitt ihr von der Schulter. Ihr war bewusst, dass sie einfach gehen konnte. Die Eingangshalle lag verlassen vor ihr. Keiner würde sehen, wie sie fortging.
    Sie blickte den Korridor hinunter zu den Übungsräumen und verstand zum ersten Mal, wie sich ihre Schwester gefühlt haben musste, als sie beschloss, davonzulaufen. Sie musste nur die Tür aufmachen und konnte alles hinter sich lassen – ihre Rolle im
Feuervogel
, die mysteriösen Vermisstenfälle, Justin und seine beiden Kumpane, selbst Zep und seine schmerzhafte Unverbindlichkeit.
    Sie machte einen Schritt Richtung Tür und dann noch einen.
    Da klingelte ihr Handy.
    Als Vanessa es aus ihrer Tasche kramte, kam der Hausmeister mit Wischmopp und Eimer um die Ecke. Sie musste ihn angestarrt haben wie ein Gespenst, denn er warf ihr einen neugierigen Blick zu, als sie den Anruf entgegennahm.
    »Mom?«
    »Oh, Vanessa, ich bin so froh, dass du dich meldest!« Ihre Mutter war völlig außer Atem.
    Vanessa erstarrte vor Schreck. »Warum?«, fragte sie mit Blick auf die große Uhr über dem Eingang. »Es ist sechs Uhr morgens! Ist alles in Ordnung bei euch?«
    »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Ich hatte auf einmal eine ganz trockene Kehle und habe geschwitzt – was mir sonst nie passiert, das weißt du ja   … «
    »Was ist passiert? Musst du ins Krankenhaus?«
    »Nein, nichts dergleichen. Ich bin einfach nur so froh, dass du ans Telefon gegangen bist. Du meldest dich sonst ja gar nicht mehr. Das macht mir Sorgen.«
    Vanessa seufzte erleichtert auf. »Tut mir leid, Mom. Ich hab einfach nur wahnsinnig viel mit den Proben für den
Feuervogel
zu tun.«
    »Das

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