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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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zu euch setzen?«, fragte sie bewusst freundlich.
    Zunächst schien sie keiner zu hören, denn alle lauschten aufmerksam Annas Worten. »Ich hab gehört, in der Vergangenheit soll ein halbes Dutzend Ballettschülerinnen verschwunden sein«, sagte Anna gerade. Sie beugte sich vor und senkte die Stimme. »Sie haben in unterschiedlichen Stücken getanzt, doch allen passierte dasselbe. Sie bekamen die Soloparts zugeteilt und benahmen sich bald darauf sehr merkwürdig. Und manche von ihnen verschwanden sogar auf Nimmerwiedersehen.«
    Vanessa wollte gerade versuchen, sich erneut Gehör zu verschaffen, doch als sie hörte, was Anna sagte, erstarrte sie und umklammerte ihr Tablett.
    »Alle Solotänzerinnen?«, fragte ein Mädchen nach.
    »Nicht alle, aber die meisten«, erwiderte Anna leise. »So wie Chloë.«
    Laurel, eine bezaubernde Brünette mit sinnlichen Lippen und einer Vorliebe für dunklen Eyeliner, ergänzte: »Und sie benahmen sich nicht nur merkwürdig – sie wurden völlig verrückt, als wären sie auf Droge oder nicht mehr ganz bei Verstand. Vielleicht liegt ja ein Fluch auf dieser jährlichen Abschlussvorführung.«
    »Meint ihr wirklich?«, platzte Vanessa heraus. Sie hatte ganz vergessen, dass sie eigentlich die Unterhaltung der anderen belauschte.
    Das Gespräch verstummte, und Anna Franko sah Vanessa erstaunt und forschend an. »Was willst du denn hier?« Ihre Stimme klang auf einmal schneidend.
    Vanessa schluckte; plötzlich fühlte sich das Tablett in ihren Händen zentnerschwer an. Am Tisch war es still geworden. »Es   … es tut mir leid«, entschuldigte sich Vanessa mit zitternder Stimme. »Vielleicht setze ich mich doch lieber woanders hin.«
    »Wahrscheinlich solltest du das Essen ganz ausfallen lassen und lieber noch weiterüben«, sagte Anna im Brustton der Überzeugung. Die anderen Mädchen sahen auf ihre Teller hinunter und taten so, als existiere Vanessa gar nicht.
    Vanessa ließ den Blick im Raum umherschweifen, auf der Suche nach Zep, der ihr sicher zuwinken und ihr damit beistehen würde, aber sie hatte kein Glück. Vielleicht hatte es bei den verschwundenen Ballerinen ebenfalls so begonnen, dachte sie, und trat enttäuscht einen Schritt zurück. Auch zu ihren Freunden wollte sie jetzt nicht mehr zurückgehen und ihnen erklären, was gerade geschehen war. Am liebsten hätte sie ihr Tablett einfach fallen lassen, wäre zurückauf ihr Zimmer gerannt und hätte sich dort bei zugezogenen Vorhängen im Bett verkrochen, bis alle sie vergessen hätten. Aber noch viel besser wäre es, einfach auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.

Kapitel fünfzehn
    Vanessas Schuhe tappten leise auf den Treppenstufen, ein, zwei, drei Stockwerke hinauf. Die Stimmen der Mädchen vom Abendessen klangen noch immer in ihrem Kopf nach. Sie ging den Flur hinunter, bis sie zur Tür am anderen Ende kam, und war überrascht, dass sie genauso aussah wie ihre, das dunkle Holz glatt und abgewetzt.
    Vanessa berührte den Türknauf aus Messing und stellte sich vor, das kalte Metall wäre Zeps Hand, aber als sie draußen im Flur Stimmen hörte, wich sie zurück. Eine Gruppe älterer Schüler kam vom Essen und drängte sich durch den Korridor. Sie schienen sie kaum zu bemerken und verschwanden lachend in ihren Zimmern. Vanessa war erleichtert, dass keine vom Prinzessinnentisch dabei war.
    Als die Stimmen leiser wurden, hob Vanessa den Arm, sodass der Ärmel zurückglitt und einen Bluterguss an ihrem Arm offen legte. Es war ein Abdruck von Josefs Daumen und war schon hellviolett angelaufen. Sie holte tief Luft und klopfte.
    Nichts. Sie legte ihr Ohr an die Tür und lauschte. »Zep?« Vanessa wartete auf seine tiefe Stimme. »Bist du da?«
    Sie trat einen Schritt zurück und wühlte in ihrer Tasche, bis sie ihr Handy gefunden hatte. Dann schrieb sie ihm rasch eine SMS.
    Tut mir leid, dass ich Dich enttäuscht hab.
    Sie überlegte, ob sie noch mehr schreiben sollte, als sie im Treppenhaus Annas Stimme hörte. Sie drückte auf »Senden«, huschte in die Dunkelheit des hinteren Treppenhauses und hoffte, dass niemand je erfahren würde, dass sie hier gewesen war.
    Vanessa wartete auf eine Antwort, aber es verging ein ganzer Tag, ohne dass sie von Zep hörte. Er kam weder zu ihrem Zimmer, noch überraschte er sie in der Bibliothek. Sie sah ihn nur einmal kurz im Speisesaal, wo seine metallisch glänzenden Augen sie über die Leute hinweg angestarrt hatten, als wollten sie eine Entschuldigung zum Ausdruck bringen. Er schaute sie an und

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