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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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war Vanessa durch die Figuren so abgelenkt, dass sie den Jungen, der am Rand stand, beinahe nicht bemerkte. Seine breiten Schultern waren vornübergebeugt, während er sich die Schuhe anzog.
    »Zep?«
    Er stand auf, und sie konnte sich selbst in seinen Augen gespiegelt sehen. Er schaute fast schuldbewusst drein und wollte gerade etwas sagen, aber da klang schon Josefs Stimme durch den Raum. »Wir wollen anfangen!«
    Die nachmittäglichen Proben fanden meistens im kleinen, intimen Rahmen statt, nur mit den Mitwirkenden. Manchmal bat Josef Justin dazu, weil er die wichtigste Zweitbesetzung war, aber meistens waren nur die Prinzessinnen, Vanessa und Zep anwesend. Für Vanessas Rolle gab es keine Zweitbesetzung, weil Josef niemand anderen für würdig befunden hatte. Nur Anna Franko bat er manchmal dazu, damit sie Vanessa beobachten sollte, nur für alle Fälle.
    Doch bevor alle auf ihre Positionen gingen, versammelten sie sich um Zep und fragten ihn, ob es ihm wieder gut gehe. Vanessa war zurückgetreten, wartete und schaute ihn prüfend an. Sie hatte ihn seit Tagen sehen wollen, aber jetzt, wo er hier war und direkt vor ihr stand, hatte sie ein merkwürdiges Gefühl. Er sah nicht so aus, als wäre er krank gewesen, sondern er wirkte im Gegenteil sehr gesund.
    »Vanessa.« Zep streckte die Hand aus, um ihre Wange zu berühren, aber sie wich zurück.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du krank bist? Ich hab mehrmals bei dir geklopft, aber du hast nie reagiert.«
    »Ich war im Krankenhaus«, sagte Zep. Sein Gesicht war ruhig und unbeweglich. Es deutete nichts darauf hin, dass er log.
    »Oh«, sagte Vanessa und fühlte sich plötzlich schuldig. Sie hatte alle möglichen schrecklichen Dinge geargwöhnt, und dabei war er wirklich krank gewesen. »Warum hast du mir nichts gesagt? Ich hab mir solche Sorgen gemacht!«
    »Ich war nicht ganz bei mir und total durcheinander«, sagte Zep verwirrt. »Es ging nicht um dich.«
    Es ging nicht um dich.
Seine Worte versetzten ihr einen Stich, und sie zuckte zusammen, als hätte sie jemand geschlagen. Er schaute sie merkwürdig an, fast, als hätte er Mitleid mit ihr. Am liebsten wäre sie die Treppen hinaufgerannt, raus in den kühlen New Yorker Nachmittag, und nicht stehen geblieben, bis sie so weit von der New Yorker Ballettakademie weg war, dass sie den Weg zurück nicht mehr finden würde – selbst, wenn sie es versuchte.
    Sie wandte den Blick ab, denn sie wollte das Mitleid in Zeps Augen nicht sehen, aber im Spiegel sah sie Justin. Er hatte zugeschaut und ihre Demütigung miterlebt. Sie hatte ihn dabei ertappt, und nun versuchte er so zu tun, als hätte er nichts mitbekommen. An seinem unbehaglichen Blick konnte sie jedoch erkennen, dass er alles ganz genau gehört hatte.
    Vanessa lachte verärgert auf. Sie konnte nicht entkommen. Wohin sie sich auch wandte, überall schauten sie Justin oder Anna oder die anderen Prinzessinnen an und warteten nur darauf, dass sie einen falschen Schritt machte.
    »Auf die Positionen!«, sagte Josef und betrachtete Vanessa und Zep argwöhnisch.
    Vanessa nahm ihren Platz in der Mitte des Raums ein, nur Zentimetervon der verbrannten Stelle entfernt. Zep stand hinter ihr, so dicht, dass sie seinen Atem auf der Schulter spürte.
    »Tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt habe.«
    Ehe sie antworten konnte, hob Josef die Hand. »Eins und zwei und drei und los   … «
    Sie folgte Josefs Anweisungen, beugte den Kopf zurück und streckte den Arm zum Licht hin aus.
    »Ich hätte rücksichtsvoller sein sollen. Ich war nur so müde, dass ich es kaum bis zur Tür geschafft habe«, sagte Zep und strich ihr mit der Hand über den Rücken.
    Die Prinzessinnen umringten sie. Alle bewegten sich in dem seltsamen, unregelmäßigen Rhythmus. Josef gab den Takt vor und zählte die ganze Zeit mit, doch das Metrum änderte sich auf so unberechenbare Weise, dass Vanessa kaum mitkam. Es war ein merkwürdiger Tanz, der allerschwierigste, den Josef proben ließ. Auf seine Anweisung streckte sie das Bein vor und lehnte sich zurück in Zeps Arme.
    »Deine Tür? Ich denke, du warst im Krankenhaus?«, flüsterte Vanessa verwirrt.
    Zeps Augen starrten sie ausdruckslos an.
    »Das war ich auch. Ich meine, bis gestern Abend. Nach dem Essen haben sie mich entlassen.«
    »Jetzt hoch«, sagte Josef zu Vanessa. »Langsam, als ob du eine Rauchsäule wärst.«
    Vanessa bemühte sich, Josefs Anweisungen Folge zu leisten, aber sie war abgelenkt. Zep war

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