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Dancing Jax - 01 - Auftakt

Dancing Jax - 01 - Auftakt

Titel: Dancing Jax - 01 - Auftakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Angestellte?«, fragte Martin. »Was für ein schrecklicher Mensch!«
    »Nein, ich glaube, das hier waren Frauen aus dem Dorf. Zumindest war sich Geralds Großmutter einigermaßen sicher, dass es keine der Bediensteten waren. Was meinen Sie, wie schockierend das in der damaligen Zeit gewesen sein muss, wo doch der Anblick eines entblößten Beins schon Empörung hervorrief? Kein Wunder, dass Nettie sich mit ihm zerstritt.«
    Martin überblätterte einige weitere anzügliche Seiten. Dann hielt er inne, als er auf das wesentlich konventionellere Porträt einer ernst dreinblickenden – und bekleideten – Frau stieß, die steif auf einem Stuhl saß, zur einen Seite Ezra, zur anderen Austerly. Diesmal waren die Jungen einige Jahre älter.
    »Ist das Nettie?«, fragte er. »Sie ist jünger, als ich gedacht hätte – und sehen Sie sich Austerlys Gesicht an! So voller Zorn.«
    »Oh nein, das ist nicht Nettie. Das ist die neue Gouvernante, Grace Stapelthorpe. Aber was Austerly angeht, haben Sie recht. Er hat sie gehasst. Sie war sehr streng und hat ihm viele Vorschriften gemacht, was er gar nicht gewohnt war. Auch die übrigen Angestellten mochten sie nicht sonderlich. Sie war eine reizbare, selbstgerechte Fanatikerin und völlig ungeeignet für diese Art von Arbeit. Sie glaubte eisern an Hölle und Verdammnis und war fest entschlossen, den Fellows-Kindern Gottesfürchtigkeit einzubläuen.«
    »Hat sie es geschafft?«
    Evelyn warf ihm über den Rand ihrer Brille einen Blick zu. »Ganz im Gegenteil«, bemerkte sie düster.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Martin, ziehen Sie dieses Bild aus den Fotoecken und drehen Sie es um.«
    Er gehorchte und sah, dass jemand etwas auf die Rückseite geschrieben hatte. In schwarzbrauner Tinte prangte darauf eine schwungvolle, selbstsichere und gestochen scharfe Handschrift.
     
    Als ich sechs Jahre alt war, trat die sauertöpfische Grace mit dem Steingesicht in mein Leben – die gegenseitige Abscheu war vom ersten Augenblick an greifbar.
     
    Verwundert blickte Martin auf.
    Evelyn nickte langsam. »Ja«, sagte sie. »Das ist die Schrift von Austerly Fellows. Irgendwann, ich schätze mit zehn oder elf, hat er dieses Album gefunden und die Fotos auf der Rückseite beschriftet. Die meisten seiner Notizen sind nichts als Schimpfworte, aber dieses hier – und ein weiteres – sind … aufschlussreich.«
    Martin las weiter.
     
    Ich hasste sie wie noch niemanden zuvor. Mich bestrafte sie viel öfter als Ezra. Mit Inbrunst verhaute sie mich, während sie mir Geschichten von der Hölle und von Verdammnis erzählte. Deshalb fasste ich, nach nur zwei Monaten, den Entschluss, sie systematisch zu vernichten, und begann, sie Stück für Stück in den Wahnsinn zu treiben. Sie wollte, dass ich die Macht des Himmels fürchtete, also schwor ich, sie mit der verlässlichen Macht des Teufels und all seiner Werkzeuge zu zermürben. Ich machte sie glauben, dass Dämonen sie holen kommen wollten. Ich legte ihr tote Tiere ins Bett, malte ihr Flüche in die Schuhe, schrieb ihr höllische Drohungen in ihr stinklangweiliges Tagebuch und bastelte einen Talisman, der die finsteren Elemente beschwören sollte. Diesen nähte ich in ihr Kissen und ihre Albträume waren danach ganz famos! Wie ich es genossen habe, ihren Schreien zu lauschen, während ich nachts im Stillen wach lag und darauf lauerte. Ich war so listig, dass der Sieg innerhalb von nur einem Mondmonat mein war …
     
    Martin ließ das Foto sinken. »Was meint er damit?«, fragte er.
    Evelyn beugte sich vor und nahm ihm das Album ab. Sie blätterte zur nächsten Seite und nahm, ohne es anzusehen, ein anderes Bild heraus. Als sie es umgedreht hatte, las sie vor, was auf der Rückseite stand.
     
    Schaut nur mein siegreiches Gesicht an! Noch deutlich kann ich mich an die schiere Hochstimmung jenes Tages erinnern. Zum ersten Mal durchfuhr mich die freudige Erregung wahrer Macht – mein erster Mord an einem Menschen!
     
    Stirnrunzelnd ließ Evelyn die Fotografie aus ihren Fingern gleiten.
    »An diesem Morgen«, erklärte sie, »fand man Grace Stapelthorpe erhängt im Stall. Bevor Doktor Bartholomew die Polizei rief, hat dieser Leichenschänder sie abgelichtet und seine Kinder angewiesen, ihm dabei zu assistieren. Dieses abscheuliche Bild zeigt den sechsjährigen Austerly, wie er schadenfroh in die Kamera grinst, während er die Beine der Leiche festhält, damit das Foto nicht verwackelt. Ich glaube nicht, dass Sie das sehen wollen.«
    »Nein danke. Was war

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