Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
zu bekommen. Die Fünfzehnjährige lieferte das perfekte Interview, mit der Sorte Optimismus, nach der Kate gesucht hatte.
»Ich bin so, so dankbar für diese einmalige Gelegenheit«, sprudelte es aus Charm heraus wie aus einer Talentshowkandidatin, die es ins Finale geschafft hatte. »Dieses Wochenende ist wie eine magische Reise. Es war eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle, ehrlich. Ich wünschte, der coole Ismus wäre hier, dann könnte ich ihm persönlich danken. Er ist klasse, nicht? Wenn er in der Nähe ist, fühle ich mich absolut sicher und aufgehoben. Wie bei meinem Onkel Frank, nur noch mehr … na ja, irgendwie besser und magischer, wie so ein mächtiger Zauberer, nur attraktiver. Wo steckt er eigentlich? Seine drei Muskelberge stehen da drüben, aber er ist nicht zu sehen. Dabei gehen die doch nirgends ohne ihn hin, oder? Echt komisch.«
Während sie redete, bemerkten Kate und Sam ein entferntes Rattern. Alle blickten zum Himmel. In der Ferne sah man einen Helikopter, der direkt auf das Camp zuflog.
Die Kids hatten gelernt, dieses Geräusch zu fürchten. Die Polizei hatte Hubschrauber nur zu gerne eingesetzt, um all diejenigen zu jagen, die sich Dancing Jax widersetzten. Aus den Lautsprechern an Bord hatten sie Passagen aus dem Buch ertönen lassen, während sie mit den Suchscheinwerfern die Straßen absuchten. Ein Entkommen war unmöglich gewesen.
Als der Helikopter näher kam, fiel der versammelten Menge auf, dass darunter, an einem langen Seil, etwas baumelte. Eine Gestalt, ganz in Schwarz gekleidet.
»Oh … mein … Gott!«, quiekte Charm. »Das ist er, oder nich?«
In ein Sicherheitsgeschirr geschnallt, schwebte der Heilige Magus mit ausgestreckten Armen über den Wald auf das Ferienlager zu. Die Enden seiner Lederjacke flatterten wie wild in der Luft und sein schulterlanges Haar wallte im Wind. Der Luftstrom der Rotorblätter drückte die Baumkronen zur Seite, sodass es wirkte, als würde sich selbst die Natur vor dem Ismus verbeugen.
Die Menge unten am Boden geriet völlig aus dem Häuschen. Sie alle jubelten, bis sie heiser waren, und warfen ihre Hüte und Mützen in die Höhe. Old Scorch, der Drache, gab eine Stichflamme zum Besten und Jangler ließ vor Verblüffung sogar sein Klemmbrett fallen. Einen so dramatischen und spektakulären Auftritt hatte er nicht erwartet.
Sam hielt mit der Kamera auf den Himmel. Das war um Klassen besser als jeder Rockstarauftritt. Der Hubschrauber umkreiste das Camp dreimal, dann hielt er über der Bühne inne und der Ismus wurde mittels einer Seilwinde langsam nach unten gelassen. Begleitet von triumphierenden Trompetenklängen stieg er vom Himmel und betrachtete seine Untergebenen mit einem wohlwollenden Lächeln. Es war, als würde ein Gott zu den Sterblichen hinabsteigen.
»Hirnverbrannter Psycho«, murmelte Lee beinahe ehrfürchtig.
Jody dagegen war viel zu ausgepowert und dickköpfig, um sich von diesem übertriebenen Messias-Spektakel beeindrucken zu lassen. »Macho«, sagte sie abfällig. »Sein Ego ist so riesig, dass es die Gezeiten beeinflusst.«
Neben ihr stand Christina, die den Mann, der wie eine elegante Spinne an einem Faden vom Himmel schwebte, mit offenem Mund anstarrte.
»Mit mir könnten die das nie machen«, rief Maggie. »Die würden mich gar nicht erst vom Boden hochkriegen.«
Irgendwo, mitten in der Menge, verfolgte Jim Parker fasziniert und mit neiderfüllten Augen das Geschehen. Inzwischen war er sich ziemlich sicher, dass seine Superkraft übermenschliche Stärke sein würde, insgeheim hoffte er aber sehnlichst auf die Fähigkeit, fliegen zu können. Wie sollte er sonst rechtzeitig dort ankommen, wo man ihn brauchte? Eigentlich war es nur logisch, wenn die beiden Superkräfte sich vereinten. Mit dem kritischen Expertenblick eines Rivalen sah er zu, wie der Ismus landete. Automatisch glitt die rechte Hand des Jungen zu seiner Brust, dorthin, wo sich seine Narbe befand, während seine linke zu seinem Cape wanderte, das er heute Morgen über sein T-Shirt gezogen hatte. Beide Berührungen machten ihm Mut.
Während des gesamten Landungsprozesses verharrte der Ismus in seiner Pose. Er gab ein überaus stilsicheres und eindrucksvolles Bild ab. Dann kam er mit der Eleganz eines Balletttänzers auf der Bühne auf, so grazil, dass Jim auf der Stelle beschloss, auch immer so landen zu wollen. Ab sofort gab es keine plumpen Kniefalllandungen mehr! Das hatte eh furchtbar wehgetan – sein Knie war noch immer geschwollen. Vielleicht
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