Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Fackel«, murmelte Jim voller Bewunderung und Eifersucht.
Der Ismus schwebte direkt über ihnen und stimmte nun, während er mitten in der Luft verharrte, in die Lesung mit ein. Er brauchte dazu kein Buch, er kannte jedes Wort auswendig.
»Und in der Nacht der Vollkommenen Finsternis«, zitierte er, »bastelten die Kinder der Bauern Rübenjack-Laternen und zogen damit um die Grenzsteine …« Seine Stimme klang anders als sonst, rau und laut. Wie ein Donnern drang sie aus seiner Kehle, als stiege sie von irgendwo tief unter der Erde empor. Wie ein Gewitter erfüllte sie das Ferienlager und der Tag wurde mit einem Mal noch düsterer. Schon bald war kein einziger Laut mehr zu hören, außer den Worten, die den Mund des Ismus verließen.
Charm hörte auf, vor Freude auf der Stelle zu hüpfen, und hielt sich die Ohren zu. Jody umklammerte Christina fester, während ihr Tränen über die Wangen liefen. Die Stimme war wie ein Donnergrollen direkt in ihrem Kopf. Sie hämmerte und brüllte in den kindlichen Gemütern, bis die Kleinsten laut weinten. Schließlich taten es ihnen die restlichen Kinder gleich.
Rings um sie stöhnte auch die Menschenmenge unter Schmerzen. Die Pferde stampften auf und stiegen in die Höhe. Selbst die Buben und Damen sanken erschüttert auf ihre Thronsessel. Die Chormitglieder ließen die Bücher fallen und vergruben die Köpfe in den Händen. Die Schwarzgesichtigen brachen zusammen und die Harlekin-Priester wanden sich unter Qualen auf der Bühne. Kate Kryzewski fiel ohnmächtig zu Boden, während Sam auf seine Kamera stürzte. Jangler sank ins Gras und gab ein mitleiderregendes Wimmern von sich.
»Mylord!«, jammerte er, bevor er das Bewusstsein verlor. »Zu viel! Zu … stark.«
Über sechshundert Anhänger von Dancing Jax landeten mit dem Gesicht voran in der Wiese, wo sie ausgestreckt liegen blieben. Nur die einunddreißig Abtrünnlinge standen noch aufrecht.
Die Mächte, die den Ismus durchströmten, nahmen an Kraft zu. Er drückte das Kreuz durch und die Muster, die in sein Fleisch gebrannt waren, loderten weiß und violett und greller als je zuvor. Das pulsierende Leuchten schlug wie mit Fäusten auf die verängstigten Kinder und Jugendlichen ein.
»Das tut weh!«, heulte Jim und klammerte die Hände um seinen Kopf.
Marcus fiel vornüber. Lee hatte das Gefühl, ihm müssten jeden Moment die Schläfen explodieren. Rupesh drückte Tommy ganz fest. Spencer versteckte das Gesicht hinter seinem Stetson und schluchzte hinein. Alasdair verfluchte den Ismus und schleuderte ihm so ziemlich jede Beleidigung entgegen, die er je gehört hatte. Maggie kreischte wie am Spieß und Jody klammerte sich verzweifelt an Christina.
In diesem Moment fühlte sie etwas Warmes, Feuchtes im Haar des kleinen Mädchens. Als Jody ihre zitternde Hand hob, sah sie, dass ihre Finger blutbefleckt waren. Dann spürte sie, wie ein Rinnsal an ihrem eigenen Hals hinunterrann.
Blut trat den jungen Zuschauern aus den Köpfen. Über ihnen explodierte weißes Licht, was sie schließlich überwältigte. Sie alle wurden zu Boden geworfen und ihre Schreie fanden schließlich ein Ende, als sie bewusstlos wurden.
Tommys Hand hielt noch immer die von Rupesh. »Leg endlich einen Zahn zu, Tully!«, ertönte eine genervte Stimme in seinem Kopf. »Wir kommen zu spät!«
Wiehernd vor blankem Entsetzen galoppierten die Pferde aus dem Camp.
12
Im Königreich des Prinzen der Dämmerung brach die Nacht der Vollkommenen Finsternis an.
Schwupps, wurde auch der letzte Klumpen Fleisch aus dem Kopf gekratzt.
Tully blickte von der Rübe auf, die er ausgehöhlt hatte. Endlich war sie fertig! Das war ein gutes Stück Arbeit gewesen. Das schmierige orangefarbene Fruchtfleisch war so hart wie gefrorener Boden und hatte sich nur schwer ausschaben lassen. Tully hoffte, dass er dabei keinen der wertvollen Löffel seiner Mutter beschädigt hatte. Diese Rübe hatte er sich sorgsam aus dem großen Haufen ausgesucht, weil sie beinahe so groß war wie sein eigener Kopf. Der Großteil des feinen, fetten Balls war von einem saftigen Purpur wie das von den Gewändern der feinen Herrschaften, die Tully manchmal durch das Dorf reiten sah. Der Rest der Rübe hatte eine warme Butterfarbe wie von einer Käserinde. Außerdem hingen am unteren Ende eine Reihe von faserigen Wurzeln, die einen hervorragenden Bart abgaben. Mit seinem kleinen scharfen Messer schnitzte Tully ein Furcht einflößendes Gesicht in die Stelle, die er zur Vorderseite bestimmt
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