DanDep-StaderVer
draußen. Der hat bestimmt weiche Hände, wie ein Babypopo.« »Sie sind wütend.«
»Nein, es ist bloß, wenn ich mit Leuten wie Ihnen zu tun hab, merke ich plötzlich, wer ich bin. Da bin ich sofort so klein mit Hut.«
»Das hab ich nicht gemeint, und das wissen Sie auch.«
»Ich repariere Motorräder. Das ist eine ehrliche Arbeit. Ich hab mein ganzes Leben lang hart gearbeitet. Wenn man hart arbeitet, kriegt man solche Hände. Und die sind nicht schön. Wollen Sie mal sehen?«
Er nahm ihren Arm und fuhr ihr mit seinem schwieligen Zeigefinger an der Innenseite herunter. Auf der weichen Haut blieb ein rosaroter Striemen zurück. Sie fröstelte leicht, und Potts missverstand es als Ekel.
»Das ist nicht schön«, sagte er. »Nichts, was Frauen wollen.«
»Woher wissen Sie, was Frauen wollen?«, fragte Ingrid. Potts starrte sie verwirrt an. Ingrid sah auf ihre Uhr.
»Ich muss los«, sagte sie. »Ich muss zurück zu meiner Mutter. Man kann sie nicht lange allein lassen.«
»Schon klar.« Er glaubte, er hätte sie vertrieben.
Doch da sagte sie schnell: »Ich möchte Sie zum Essen einladen, zu mir nach Hause. Kommen Sie?«
Potts war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte. Er antwortete nicht gleich. »Ich bin nicht der richtige Umgang für Sie«, sagte er schließlich. »Und ich mach mich vor Ihren schicken Freunden nicht zum Affen.«
»Keine anderen Leute, nur wir zwei. Und vielleicht meine Mutter, aber die ist meistens in ihrem Zimmer. Kommen Sie?«
»Im Ernst?«
»Ich bin eine gute Köchin. Ich mache Ihnen einen Braten. Sie sehen mir aus wie ein Mann, der einen guten Braten zu schätzen weiß.«
Potts war felsenfest davon überzeugt, dass es ein Fehler war, dass es ein böses Ende nehmen würde, dass er sich mit dieser Sache irgendwie in die Scheiße reiten würde. Die Warnungen seines Vaters, beim Vögeln nicht zu hoch hinauszuwollen, sich nicht mehr zu wünschen als das, was ihm von seiner niederen Stellung her zustand, dröhnten ihm wie ein Güterzug durch den Kopf. So etwas Gutes passierte im wahren Leben einfach nicht, jedenfalls nicht einem Menschen wie Potts. Und wenn es doch passierte, war es bloß ein Trick oder ein schlechter Witz von Gott, um ihm das Wasser abzugraben. Das hatte sein Alter immer gesagt. Aber Potts war verrückt, Potts war ein Spinner, Potts würde wieder mal sein Glück versuchen. Er sagte:
»Klar, sicher. Gerne.«
Ingrid holte ein Notizbuch heraus, schrieb ihm ihre Telefonnummer und Adresse auf und gab ihm den Zettel. »Dienstagabend um sieben. Adresse und Telefonnummer haben Sie hier. Sie werden mich doch hoffentlich nicht versetzen?«
»Nein«, antwortete Potts, auch wenn er es selbst nicht genau wusste.
»Dann freue ich mich auf Ihren Besuch, Mr. Potts«, sagte sie.
»Potts«, sagte Potts. »Bloß Potts.«
Um halb sieben war Drehschluss, um acht kam Bobby aus der Maske und stieg in den Wagen. Er war vierzehn Stunden auf dem Set gewesen, und trotz seines Geldes, trotz seiner Dessousmodel-Freundin, trotz des Ruhms und der Autos und der schicken Villa auf dem Berg tat er Spandau fast ein bisschen leid. Aber so erging es ihm bei Schauspielern öfter. Ihr Leben war vollkommen anders, als es sich die Leute vorstellten, und was es ihnen auch bescherte, es waren immer Extreme. Von allem entweder nicht genug oder von allem viel zu viel, und beide Alternativen konnten auf tückische Weise tödlich sein. Es war schlimm, der Kunst zuliebe am Hungertuch zu nagen und sich mit Ach und Krach über Wasser zu halten, ohne dass es irgendein Schwein mitkriegte oder interessierte. Andererseits war es vielleicht noch schlimmer, von Ruhm und Geld gemästet zu werden wie eine Weihnachtsgans, bis man sich von den Menschen, die einem nahestanden, so weit entfernt hatte, dass man genau das verlor, was einen zum Schauspieler machte.
Es war ein harter Tag gewesen. Nicht so hart wie manche, weil auf dem Set alles glattgelaufen war, aber Mark triezte sie, um auch ja alle Einstellungen in den Kasten zu bekommen. Deshalb waren die Tage lang. Obwohl manche Schauspieler rumzickten, weil der Regisseur sie gnadenlos antrieb, wussten doch alle, dass es noch sehr viel übler kommen würde, wenn sie hinter dem Drehplan zurückblieben. Es war billiger und einfacher, jeden Tag ein paar Überstunden dranzuhängen, als Extradrehtage zu verplempern. Natürlich waren die zusätzlichen Kosten in der Kalkulation berücksichtigt worden, aber Mark machte ihnen trotzdem Feuer unterm Hintern. Er war
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