DanDep-StaderVer
würde dich jemand in seinen Armen wiegen. Ich koch dir was, und wir sehen zu, wie die Sonne untergeht. Das ist das Einzige, woran ich noch denken kann. Dich in den Armen zu halten und zuzusehen, wie die Sonne untergeht.«
»Ich sollte nicht...«
Sie küssten sich noch einmal. Er zog sie auf seine Seite des Tischs, und sie setzte sich auf seinen Schoß. Er vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten und legte ihr die Hände auf die Hüften. Sie küsste seine dunklen Locken, schlang die Arme um seinen Hals. Sie war müde, ausgelaugt vom täglichen Hin und Her. Sie wollte sich mitreißen lassen. Er führte sie zur Koje.
»Sie sind auf seinem Boot«, sagte Martin zu Richie. »Er hat in Ventura ein Boot liegen.«
Richie saß im Esszimmer und aß ein Steak. Sorgfältig schnitt er zuerst den Fettrand ab, dann ein kleines Stück Fleisch, das er in eine Mischung aus Meerrettich und Ketchup tunkte, zum Mund führte und gründlich kaute, bevor er sich mit gleicher Bedächtigkeit dem nächsten Bissen widmete. Den Gorilla, der neben dem Tisch stand und nur darauf wartete, dass er explodierte, würdigte er keines Blickes.
»Was treiben sie da?«, fragte er schließlich, ohne von seinem Teller hochzusehen oder sich bei seinem mechanischen Schneiden und Kauen stören zu lassen.
»Mensch, Richie, was soll ich sagen? Sie spielen Vater, Mutter, Kind - bloß ohne Kind.«
Richie zerkaute das letzte Stück Fleisch zu Stroh, legte Messer und Gabel weg, trank einen Schluck Wein, wischte sich mit der Stoffserviette die Lippen ab und legte die Hände rechts und links neben seinen Teller. Er sagte: »So ein hinterhältiges Miststück. Ich hätte ihr alles gegeben. Wusstest du, dass ich sie doch noch ins Bett gekriegt hab? Die verlogene Fotze.«
Martin wäre wohler in seiner Haut gewesen, wenn Richie laut losgebrüllt hätte, wenn er das Geschirr zerdeppert oder durch die Gegend geschmissen und wüste Drohungen ausgestoßen hätte, wie er es sonst von ihm kannte. So aber kam es ihm vor, als ob er auf einer Bombe säße, die jede Sekunde unter seinem Arsch hochgehen könnte.
»Was willst du machen?«, fragte er.
Richies Hände lagen noch immer flach neben dem Teller, nur seine Daumen zuckten. So blieb er eine Zeit lang sitzen. Dann sagte er: »Ruf Squiers und Potts an. Bestell ihnen, ich hab mal wieder einen Auftrag für sie. Sag ihnen, sie kriegen eine Prämie, wenn sie ihre Sache gut machen. Und frag Potts, die kleine Ratte, ob er sich mit Booten auskennt.«
Potts schloss seine Haustür auf. Er streckte die Hand durch den Spalt, knipste das Licht an und trat zur Seite, um Ingrid den Vortritt zu lassen.
»Es macht nicht viel her«, sagte er.
Ingrid trat ein. Sie wanderte durch das Wohnzimmer, sah sich alles an, lächelte in sich hinein. »Wie schön.«
Potts öffnete den Vorhang zur Terrasse. »Hier draußen ist die Terrasse. Ich hab einen Grill. Und da hinten kann man Hufeisen werfen, wenn man auf so was steht.«
Ingrid entdeckte das Foto von Potts Tochter, das schon zwei Jahre alt war. Er hatte es ihr erst letztes Jahr abgeschwatzt. Bevor sie es ihm schickte, hatte er sie praktisch darum anbetteln und ihr zum Schluss auch noch fünfzig Dollar versprechen müssen.
»Ist das deine Tochter?«
»Ja, das ist Brittany. Ihre Großeltern, die Eltern von meiner Frau, haben momentan das Sorgerecht für sie. Unten in El Paso. Ich kämpfe darum, dass ich sie zurückbekomme. Ich will sie zu mir nehmen, ihr ein richtiges Heim geben. Darum hab ich auch das Haus hier gemietet. Du würdest ihr gefallen. Ihr würdet euch verstehen. Du hättest einen guten Einfluss auf sie.«
»Sie ist sehr hübsch«, sagte Ingrid. »Sie hat viel Charakter, genau wie du. Ich glaube, wir würden gut miteinander auskommen.«
»Meinst du? Denkst du wirklich?«
»Ich weiß es. Das sehe ich ihr an. Wir würden dicke Freundinnen werden.«
Potts spürte einen Glückshauch, der ihn wie ein kühler Nebel streifte.
»Bei mir kommt demnächst ein bisschen Geld rein, die Bezahlung für einen Auftrag, den ich erledigen muss. Keine Riesensumme. Aber genug, dass ich mich selbstständig machen kann, glaub ich. Genug, um eine Werkstatt und Werkzeug zu mieten, eine Hilfskraft anzuheuern. Das kostet nicht viel. Wenn ich den ersten Monat heil überstehe, bin ich übern Berg. Dann hab ich Geld für den Anwalt, dass er mir Brittany zurückholt. Und ihr könnt euch kennenlernen.«
»Ich habe etwas auf die Seite gelegt«, sagte Ingrid. »Ich könnte dir ein bisschen unter die
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