Danger - Das Gebot der Rache
klare Vision wie vergangene Nacht, es waren eher Bruchstücke. Glasscherben anstelle eines ganzen Fensters. Aber ich habe gespürt, dass dieser Mann, dieser Priester, nicht nur schon einmal getötet hat, sondern dass er sich auf einer Art blutigen Mission befindet. Es hat bereits mehrere Opfer gegeben – zwei, vielleicht drei … oder mehr. Ich bin mir nicht sicher, was genau mit ihnen passiert ist, aber sie sind gestorben. Auf grausame Art und Weise.« Sie nagte an ihrer Oberlippe und kniff gedankenverloren die Augen zusammen. »Etwas ist ganz und gar faul in dieser Stadt. Böse. Und seine Mission ist ist noch längst nicht beendet. Im Gegenteil: Sie hat gerade erst begonnen.«
Volltreffer. Durchgeknallte Irre.
Bentz hatte genug gehört, doch Olivia Benchet blickte wieder auf die Fotos von seiner Tochter. Auf dem ersten Bild war Kristi noch keine sechs, ihr breites Lächeln entblößte die Zahnlücke, die sie hatte, seit sie in den Kindergarten gekommen war. Das andere war erst letztes Jahr aufgenommen worden und zeigte eine hübsche Siebzehnjährige. Sie lächelte leicht, doch in ihren haselnussbraunen Augen lag ein Anflug von Trotz, ihre Kinnhaltung wirkte herausfordernd.
»Sie sind Vater, Detective Bentz, und in dieser Stadt geht ein Monster um, das Frauen tötet. Wie würden Sie sich fühlen, wenn der Killer es auf Ihre Tochter abgesehen hätte?« Sie deutete auf die beiden Fotos. »Die Frau, die er gestern Nacht ermordet hat, ist auch eine Tochter und hat möglicherweise Geschwister.« Wieder richteten sich die whiskeyfarbenen Augen flehend auf ihn. »Ich hoffe, Sie rufen mich an, wenn Sie herausfinden, dass ich die Wahrheit gesagt habe, denn möglicherweise kann ich Ihnen helfen.«
Er trat um den Schreibtisch herum und hielt ihr die Tür auf. »Wir werden auf Sie zukommen, sollte etwas an der Sache dran sein.«
»Ich hatte Sie gebeten, nicht herablassend zu werden«, erinnerte sie ihn. Ihre Mundwinkel zuckten. »Zum Glück kann ich nicht Ihre Gedanken lesen, aber ich sehe sehr wohl, was in Ihren Augen geschrieben steht.« Damit war sie zur Tür hinaus.
»Autsch«, sagte Montoya. Mehrere Officer drehten den Kopf und sahen Olivia nach, als sie mit schwingenden Hüften in den tief sitzenden Jeans und dem verwaschenen Sweatshirt an ihnen vorbeirauschte. Ihr Rücken war kerzengerade, ihr Kinn hoch erhoben. Bentz konnte den Blick nicht von ihr wenden, doch sie schaute sich nicht einmal um. Nur ein Hauch ihres Parfums hing noch in seinem Büro.
Montoya stieß einen langen, leisen Pfiff aus. »Ganz schön starker Tobak.«
»Stimmt.« Bentz befingerte die Karte, die sie ihm dagelassen hatte, und beobachtete, wie sie die Treppe hinunter verschwand. Dann gab er sich einen Ruck. Er war doch nicht Montoya, war schließlich kein geiler Teenager mehr. Sie war eine attraktive Frau – na und? Davon gab es Dutzende. Und nicht alle hatten gleich mehrere Schrauben locker. Er tippte mit einer Ecke ihrer Visitenkarte gegen die Schwielen in seiner Handfläche.
»Noch eine schöne Frau, die reif ist für die Klapsmühle«, stellte Montoya nachdenklich fest. »Wir kriegen hier in der Stadt wirklich immer heftigere Fälle ab.«
»Amen«, sagte Bentz. »Aber denk dran, sie ist eine ganze Zeit in Tucson gewesen.«
»He, die da unten sind auch nicht gerade wild nach Verrückten. Gibt es nicht in Tucson so viele Leute, die diese verdammten UFO s sehen?«
»Das ist in Roswell, New Mexico.«
»Ist ja ziemlich nahe dran.« Montoya zog den Reißverschluss seiner unvermeidlichen schwarzen Lederjacke zu, die er zu der unvermeidlichen schwarzen Jeans trug, und stellte den Kragen auf. »Zu viel Wüstensonne, wenn du mich fragst.«
»Tu ich aber nicht.«
Montoya ging über Bentz’ Bemerkung hinweg, goss sich die Reste seines Kaffees in den Mund und zerknüllte den Pappbecher in der Faust. »Da schmoren die Gehirne weg. Du hast doch bestimmt schon mal diese Rinderschädel gesehen. Das kommt von der Sonne. Brennt einem das Fleisch von den Knochen, und sämtliche grauen Zellen sind weg.«
»Und das bei lebendigem Leibe?«
»Es fängt langsam an.« Montoya ließ wieder sein mörderischen Lächeln aufblitzen und schleuderte den zerknüllten Becher in den Mülleimer.
»Um wie viel Uhr ist das Feuer ausgebrochen?«, fragte Bentz und wünschte sich, er könnte Olivia Benchet aus seinem Kopf verbannen.
»Heute am frühen Morgen. Gegen drei oder vier.«
Das stimmte mit Olivias Geschichte überein. »Midnight Confessions«, Dr.Sams
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