Danger - Das Gebot der Rache
beliebte Talkshow, wurde mittlerweile mehrmals die Woche ausgestrahlt. Sie beendete ihr Programm freitagmorgens um drei Uhr.
»Ein Priester«, murmelte Montoya. »Ich glaube es nicht.«
Bentz tat das genauso wenig. Wenngleich er sein eigenes Hühnchen mit der katholischen Kirche und einem ganz bestimmten Geistlichen zu rupfen hatte. Dieser Vater war ein Scheißkerl, aber Ornat hin oder her, er würde keinen Mord begehen. Davon war Bentz überzeugt.
Das Telefon klingelte, und er kehrte an den Schreibtisch zurück und nahm den Hörer ab. »Bentz.«
»Rick, hier spricht Stan Pagliano.«
Die Haare in Bentz’ Nacken sträubten sich. Er spielte etwa alle halbe Jahr mit Stan Karten. Stan war ebenfalls alleinerziehender Vater und hatte eine Tochter in Kristis Alter. Außerdem arbeitete er für die Feuerwehr von New Orleans. »Was gibt’s?« Er ging um seinen Schreibtisch herum. Die Telefonschnur dehnte sich.
»Ich war die halbe Nacht im Einsatz. Schlimmer Brand, nicht weit von Bayou St. John. Kleines Häuschen. Als der erste Anruf einging, war es schon zu spät.«
»War jemand in diesem Haus?«
»Ja. Es ist nicht viel übrig geblieben … Nun, wir denken, es handelt sich um eine Frau. Schwer zu sagen. Der Gerichtsmediziner und die Jungs von der Spurensicherung sind hier, aber ich dachte, du würdest dich ein wenig umsehen wollen. Die Sache ist die, Rick: Hier ist nicht einfach jemand mit einer Zigarette im Bett eingeschlafen. Es sieht nach Brandstiftung aus, und offenbar war die Frau mit Händen und Füßen ans Waschbecken gekettet. Sie hatte irgendetwas um den Hals, und obwohl der Körper stark verbrannt ist, sieht man, dass mit ihrem Kopf etwas nicht stimmt.« Er atmete hörbar aus, und Bentz wusste, was kommen würde. »Er ist – fast abgetrennt.«
Bentz’ Haut kribbelte. Er blickte auf die Tür und wünschte, Olivia Benchet zurückrufen zu können.
»Es gibt noch mehr. Die Spurensicherung kümmert sich darum, aber es würde nicht schaden, wenn du einen Blick darauf wirfst, bevor alles eingetütet und markiert ist.«
»Bin schon unterwegs«, sagte Bentz. Sein Magen zog sich zusammen, als Stan die Adresse herunterratterte. Er legte auf und griff nach seiner Jacke. Montoya blickte ihn an. »Jemand ist bei dem Brand in der Nähe der Esplanade ums Leben gekommen. Vermutlich eine Frau. Bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, die Hände und Füße ans Waschbecken gekettet, der Kopf fast abgetrennt.«
»Verdammte Scheiße«, murmelte Montoya und zog scharf die Luft ein.
Bentz steckte seine Glock ins Schulterholster. »Das kannst du laut sagen.«
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Kapitel fünf
K risti Bentz stieg aus dem olympiagroßen Becken. Zwei Meilen. So lange war sie seit sechs Monaten nicht mehr geschwommen, und es fühlte sich gut an. Sie schnappte sich ihr Handtuch vom Haken an der Wand und atmete tief durch. Ihre Nase war voller Chlor, ihre Ohren waren verstopft, trotzdem hörte sie die widerhallenden Stimmen der frühmorgendlichen Schwimmer. Ms. Carter, eine maskulin wirkende Schwimmtrainerin in Sportkleidung und mit Trillerpfeife, patrouillierte in Plastikschlappen durch die Halle und sammelte liegengebliebene Schwimmbretter und Schwimmbrillen auf.
Vor den Fenstern waberte Nebel, und durch die beschlagenen Scheiben sah Kristi Studenten, die über den Hof neben den Sportanlagen in ihre Seminarräume eilten. Sie blickte auf die Uhr.
Mist. Es war sieben Uhr fünfundvierzig. Wenn sie sich nicht beeilte, würde sie zu spät zu ihrem ersten Kurs kommen. Schnell trocknete sie sich ab und bemerkte aus dem Augenwinkel etwas Ungewöhnliches, etwas Dunkles vor dem Fenster. Sie wandte sich um und erblickte hinter der beschlagenen Scheibe flüchtig eine Gestalt. Ein Mann, etwa eins achtzig groß, spähte herein. Warum spazierte er nicht einfach durch die Tür?
Und was scherte sie das? Was machte es schon, wenn er glotzte? Wahrscheinlich war er einer von der Sorte, die sich daran aufgeilten, Studentinnen in Badeanzügen zu beobachten. Irgendein langweiliger Streber, der sich nicht traute, ein Mädchen um ein Date zu bitten.
Armseliger Perverser.
Sie hüllte sich in ihr Handtuch, eilte in die Umkleide und duschte heiß. Als sie in Jeans und Sweatshirt schlüpfte, hatte sie den Voyeur schon vergessen. Rasch band sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zurück, legte etwas Lippenstift und Wimperntusche auf, schnappte sich ihren Rucksack und rannte über den Campus. Die meisten Jugendlichen waren bereits in den Hörsälen verschwunden. Nur
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