Danger - Das Gebot der Rache
wenige eilten noch über die Betonwege, die sich kreuz und quer über die Rasenflächen zwischen den alten Backsteingebäuden zogen. Kristi blickte an der Bibliothek vorbei Richtung Adam’s Hall, wo sie Englisch bei Dr.Northrup und auch Psychologie bei Dr.Sutter hatte – in ihren Augen beide seltsame Käuze. Sie waren so … fanatisch! Northrup hielt Shakespeare für einen Gott, und Sutter gab ihnen tonnenweise Hausaufgaben auf. Tonnenweise! Wenn sie sich früher eingeschrieben hätte, wäre sie in Seminare bei weniger anspruchvollen Professoren gekommen, aber wie gewöhnlich hatte sie bis zum letzten Moment gewartet und war dann bei Northrup, Sutter und Dr.Franz – ein weiteres Prachtstück von Professor – gelandet. Da sollte noch einer sagen, das wären keine Irren!
Jetzt war sie allerdings auf dem Weg zu ihrem Lieblingskurs, Religionsphilosophie. Aber es war nicht das Fach an sich, das sie interessierte, auch nicht der Griesgram von Professor – Dr.Zaroster, der so alt war wie seine Lehrbücher. Nein, es war Brian Thomas, sein wissenschaftlicher Assistent, ein Abschlussstudent.
Er
war der Grund dafür, dass sie so früh aufstand und nie eine Stunde versäumte. Wenn Dr.Sutter oder Dr.Franz Hilfswissenschaftler hätten wie Brian, würde sie vermutlich nie verschlafen oder den Kurs schwänzen.
Bei dem Gedanken an Brian lächelte Kristi. Während verschiedener Gruppendiskussionen hatte ihr der Assistent besondere Aufmerksamkeit geschenkt, und sie hatte sich geschmeichelt gefühlt. Groß, mit dichtem Haar und einem Körper, für den sie hätte sterben können, hatte er öfter ein schüchternes Lächeln in ihre Richtung geschickt. Sie hatte ihn dabei ertappt, dass er sie während des Unterrichts gelegentlich beobachtete und schnell zur Seite blickte, wenn sie in seine Richtung sah. Als wollte er nicht, dass sie es bemerkte.
Nun, das hatte nicht funktioniert. Schnell betrat Kristi den Hörsaal und ging die Stufen hinunter, um sich vorn in der Nähe des Lehrpults einen Platz zu suchen. Zaroster schlug gerade sein Buch auf. Der verschrobene Professor warf Kristi einen verärgerten Blick zu.
Was für ein Getue! Sie war doch bloß ein, zwei Minuten zu spät, damit Brian auf sie aufmerksam wurde. Bloß, dass er gar nicht im Hörsaal war! Kristi zog ihr Heft aus der Tasche. Andere schrieben bereits eifrig, manche hatten sogar Palm Pilots bei sich und tippten emsig Daten ein. Zaroster wälzte ein paar muffige alte Folianten und begann mit seiner schrillen Stimme den zylinderförmigen Raum zu füllen.
Kristi riskierte einen Blick durch den Hörsal – und dann entdeckte sie ihn. An der Rückseite, in der obersten Reihe, verteilte er einen Test. Das musste ihr entgangen sein, weil sie zu spät gekommen war.
Na schön … sie würde es sicher packen. Wie schwer konnte ein Test über Buddha schon sein?
Sie blickte über die Schulter und ertappte Brian dabei, dass er sie anschaute. Sie lächelte, und zu ihrer Überraschung lächelte er zurück.
Ihr Herz machte einen Riesenhüpfer. Kristi fühlte, dass ihr die Röte ins Gesicht stieg, und schaute schnell zu Boden. Holte tief Luft. Er war viel älter als sie – vermutlich näher an dreißig als an zwanzig.
Na und? Wen kümmerte das?
Und was war mit Jay?
Einen Augenblick lang verspürte sie ein schlechtes Gewissen. Jay war ihr Freund. Oder vielmehr: war es gewesen. Seit sie aus New Orleans fortgegangen und am College begonnen hatte, war ihre Beziehung schwierig geworden. Kristi blickte auf den schlichten Silberring an ihrem Finger. Ein Freundschaftsring. Etwas, das man bekam, bevor man sich verlobte. Jetzt fand sie ihn lächerlich. Kindisch.
Sie zog ihn ab und schob ihn in die Tasche, dann drehte sie sich noch einmal um. Brian war jetzt nur noch zwei Reihen über ihr und verteilte die Tests. Er blickte sie nicht mehr an, aber sie machte sich keine Sorgen.
Früher oder später würde er sie um ein Date bitten. Darauf wettete sie.
Dichter Qualm hing in der Luft, es stank nach nasser Asche und verkohltem Holz.
Bentz starrte finster auf den Tatort. Das ausgebrannte Gerippe eines eingeschossigen, für den Süden der USA typischen schmalen, rechteckigen Hauses schwelte im Morgenlicht. Abgesperrt mit gelbem Polizeiband standen ein paar vom Feuer geschwärzte Balken um die Öffnung eines in sich zusammenfallenden Kamins. Im Garten waren etwa ein Dutzend Kreppmyrten und Lebenseichen angesengt, genau wie die Verkleidungen und Dächer der Nachbarhäuser.
Beim
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