Danger - Das Gebot der Rache
kirchliches Gewand. Wie das eines Chormitglieds … oder eines Ministranten.« Ihr Blick traf den von Bentz, und er erkannte ihre Furcht, die Sorge, sah, wie aufgewühlt sie war. Gleichgültig, ob sie es zugab oder nicht – auch sie fragte sich, ob James irgendetwas mit der Sache zu tun hatte.
Dann hängst du das Priesteramt jetzt also an den Nagel? Sagst dich von deinem Gelöbnis los? Gibst deinem Leben eine ganz andere Richtung wegen einer Frau?
Vater James traf an der Kirche ein und stellte fest, dass die Seitentür einen Spalt offen stand. Wieder einmal. Monsignore O’Hara war oftmals nachlässig, was das Zusperren anbelangte, und wenn James ihn darauf hinwies, kam stets dieselbe alte Leier: »Die Türen von Gottes Haus stehen jederzeit offen.«
Genau das Zitat, das du gebraucht hast, als du Olivia dazu bewegen wolltest, die Messe zu besuchen.
Olivia.
Sein Herz machte einen Sprung, als er an sie dachte. Die Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht, in der sie um ein Haar miteinander geschlafen hätten, zerriss ihm fast das Herz. Am nächsten Morgen hatte sie ihn mit einer Tasse Kaffee in der Küche empfangen, die Hände in den Taschen ihres Bademantels, und sich für den schrecklichen Fehler entschuldigt. Die Schuld in ihren großen goldenen Augen hatte sein eigenes Elend widergespiegelt. Er hatte den Kaffee getrunken, das Frühstück gegessen, das sie für ihn zubereitet hatte, und ein paar lahme Witze vom Stapel gelassen, die ihm jetzt peinlich waren, dann war er aus dem kleinen Haus hinaus in den Wintermorgen spaziert. Die ganze Fahrt zur Kirche über hatte er an Olivia gedacht und weder auf den Verkehr noch auf den beginnenden Regenguss geachtet.
Jetzt schritt er durch die offene Tür an der hinteren Seite von St. Lukas und dachte, dass er mit dem Monsignore würde sprechen müssen. Dass die Tür zum Haus Gottes jederzeit offen stehen solle, war theoretisch schön und gut, aber undurchführbar. So etwas führte unweigerlich zu Schwierigkeiten – Diebstahl, Vandalismus oder Schlimmerem. Und Vater James hielt es für unklug, Probleme heraufzubeschwören.
Außer wenn es dabei um Frauen ging.
James McClaren schauderte bei der Wende, die seine Gedanken nahmen, und bog in einen rückwärtigen Gang ein. Er spürte eine Kälte in der Luft … irgendetwas stimmte nicht. Dann sah er den Abendmahlskelch auf dem Boden der Sakristei liegen, der dorthin gerollt sein musste – der Wein war verschüttet.
Was um alles in der Welt hatte das zu bedeuten?
Die Haare in seinem Nacken stellten sich auf. Er ging in die Hocke, hob den Kelch auf und betrachtete die Flecken auf dem Fußboden. Wein, ja … aber auch die Wände waren mit blutroten Tropfen übersät. Sein Herz begann heftig zu pochen. Kein Wein. Blut.
Er sprang auf. Sein Herz hämmerte, seine Kehle war wie ausgedörrt, und er wurde das Gefühl nicht los, dass im Haus Gottes das Böse lauerte. Beklommen folgte er der Blutspur – rote Tröpfchen, die zum Altar führten …
»Allmächtiger!«
James blieb abrupt stehen. Er konnte nicht fassen, was er da vor sich sah: Ein Messdiener lag mit aufgeschlitzter Kehle auf dem Altar. James rannte in großen Sätzen die Stufen hoch, doch als er bei dem Jungen ankam und sein blutleeres Gesicht sah, die Flecken auf seinem weißen Chorhemd, wusste er, dass er tot war.
»Lieber Gott, nein!«, entfuhr es James. Bei dem Ministranten handelte es sich um Mickey Gains … ein schwieriger Junge, mit dem es das Leben nicht gut gemeint hatte. James horchte auf den Herzschlag des Jungen, aber er hörte nichts. Er atmete nicht.
Für James war der Tod nichts Unbekanntes, schon oft hatte er Sterbenden Trost gespendet, aber er hatte noch nie etwas so Grausames, Brutales gesehen. Er taumelte rückwärts, dann rannte er zum Kirchenbüro und wählte panisch die 911. Seine Hände waren voller Blut, genau wie sein Hemd und jetzt auch der Telefonhörer. Sein Notruf wurde entgegengenommen.
»Helfen Sie mir!«, rief er. »Hier ist ein Junge … er ist tot. Mickey Gains ist ermordet worden, hier in St. Lukas«, schrie er in den Hörer. »O Gott, schicken Sie jemanden her, und rufen Sie Rick Bentz an! Detective Bentz soll sofort rüberkommen!«
[home]
Kapitel vierunddreißig
B entz’ Handy klingelte, als sie nur noch fünf Blocks von St. Lukas entfernt waren. »Detective Bentz«, meldete er sich, während er sich durch den Verkehr schlängelte. »Ja, ich bin fast da. Höchstens noch zwei Minuten. Ruft Montoya an!« Er legte auf und
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