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Danger - Das Gebot der Rache

Danger - Das Gebot der Rache

Titel: Danger - Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
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stieg und den Mantelgürtel enger zog. Sie hoffte, im Kirchenbüro oder in der Eingangshalle auf Informationen zu stoßen, Broschüren über die Kirche, ihre Geistlichen und das Personal, und hoffentlich auch etwas über die anderen Kirchen in der Stadt.
    An diesem Samstag war in der Eingangshalle niemand zu sehen. Probeweise drückte sie gegen die zweiflügelige Haupteingangstür. Sie ließ sich mühelos öffnen. Die Kirche war riesig, aber einladend. Über dem gefliesten Fußboden erhob sich etwa zwei Stockwerke hoch die Decke, die mit goldgerahmten illusionistischen Malereien versehen war. Das Kirchenschiff war erhellt von gedämpften Lichtern und Dutzenden von Kerzen, deren Flammen vor dem groben Mauerwerk flackerten. Die meisten der dunklen Kirchenbänke waren leer, nur einige wenige andächtige Gläubige saßen darin.
    Olivia blieb stehen und blickte auf den Altar. Plötzlich überkam sie ein intensives Gefühl. Ein dringendes Bedürfnis danach, zu glauben. Sie war nie besonders religiös gewesen und hatte nur auf Drängen ihrer Großmutter die Messe besucht. »Wenn dir alles zu viel wird«, hatte Grannie gesagt und Olivias Hand fest in ihre genommen, »ist es an der Zeit, mit Gott zu reden. Sein Haus aufzusuchen.«
    Doch heute war Olivia nicht hier, um zu beten, sondern um ein wenig herumzuschnüffeln.
    Sie bekreuzigte sich schnell und begann mit ihrer Suche, indem sie Ausschau hielt nach einem Büro oder einem Ständer mit Informationen über die anstehenden Gottesdienste. Wenn sie hier nicht fündig wurde, würde sie der St. Louis Cathedral am Jackson Square einen Besuch abstatten. St. Louis war die älteste und berühmteste Kathedrale von New Orleans und nur einen halben Block von ihrer Arbeit entfernt. Und wenn das alles nichts brachte, blieb ihr immer noch das Internet.
     
    Vater McClaren beobachtete die Frau, die in die Eingangshalle eilte, und verspürte eine verbotene Gefühlsregung, die er schnell niederkämpfte. Sie war windzerzaust, ihr lockiges Haar widerspenstig und feucht, das Gesicht gerötet, die perfekt geschwungenen Lippen zu einem Schmollmund verzogen. Sie bekreuzigte sich, als wäre sie verunsichert oder aufgewühlt, und sie passte nicht recht zu den anderen Gemeindemitgliedern, die ihren täglichen Kirchgang absolvierten. Sie machte den Eindruck, als suche sie etwas. Oder jemanden.
    Bestimmt nur eine weitere verlorene Seele, die gerade lange genug in die Kirche kam, um sich ins Gästebuch einzutragen, das Vater O’Hara und er in der Nähe der Eingangstür ausgelegt hatten.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er und trat auf sie zu. Selbst in dem gedämpften Licht bemerkte er, dass ihre Augen von einem einzigartigen Goldton waren.
    »Ich würde gern mit einem Geistlichen sprechen«, sagte sie ein wenig außer Atem. Auf ihrem Nasenrücken waren Sommersprossen, und sie wirkte leicht verunsichert, aber das war er gewohnt.
    »Ich bin Priester«, sagte er, und sie blickte ihn an, als hätte er behauptet, ein Außerirdischer zu sein. »Wirklich«, versicherte er ihr. »Ich bin Vater James McClaren.«
    Offensichtlich war sie nicht wie die anderen.
    »Oh.« Sie zog die Augenbrauen zusammen und zögerte, fast als hätte er ihr etwas Beängstigendes mitgeteilt. Seltsam. »Ich wusste nicht, dass Sie in der Kirche Jeans tragen dürfen«, erklärte sie und beäugte ihn immer noch … ja, wie? Misstrauisch?
    »Das trage ich auch nicht, wenn ich offiziell Dienst habe«, gab er zu und deutete auf seine verwaschene Levi’s, »aber ich bin gerade unterwegs zum Kreuzgang. Ich hab nicht damit gerechnet, jemandem zu begegnen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass es Gott egal ist, was ich anhabe.«
    Die junge Frau zog eine Augenbraue hoch. Offensichtlich war er nicht die Art Geistlicher, die sie erwartet hatte. Aber auch das war er gewohnt.
    »Möchten Sie die Beichte ablegen?«, fragte er und deutete auf die Beichtstühle neben dem Altar. »Vater O’Hara hat Dienst, ich werde ihn für Sie suchen.«
    »Nein«, sagte sie plötzlich. »Ich bin nicht hier, um zu beichten, ich möchte bloß … mit jemandem reden.« Dabei blickte sie ihn mit ihren whiskeyfarbenen Augen, die von dichten, dunklen Wimpern gerahmt waren, fest an. Sie war eine umwerfende Frau.
    Frauen waren sein Verderben. Besonders die schönen.
    »Darf ich mit Ihnen reden?«, fragte sie und schien ihre Zurückhaltung ein wenig aufzugeben. »Ich meine, wenn Sie irgendwann eine Minute für mich erübrigen können.«
    »Wie wäre es jetzt gleich?«

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