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Danger - Das Gebot der Rache

Danger - Das Gebot der Rache

Titel: Danger - Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
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zusammengezogen, die Nase leicht gerötet von der Kälte.
    »Wir haben alle hin und wieder Zweifel«, sagte er. »Selbst wir Priester.«
    »Sündigen Priester?«, fragte sie.
    »Was denken Sie?«, fragte er zurück und presste für einen kurzen Moment die Lippen aufeinander. »Unglücklicherweise sind wir alle menschlich.«
    Sie war erstaunt. Der Mann, den sie in ihren Visionen gesehen hatte, hatte ganz und gar nicht menschlich gewirkt. Er war abscheulich. Ein Ungeheuer. Die Verkörperung des Bösen, in feine Gewänder gekleidet. Die Wolken öffneten plötzlich wieder ihre Schleusen. Dicke Tropfen kamen vom Himmel und rannen das schräg abfallende Dach hinunter in die Regentraufen.
    »Glauben Sie, dass ich über eine ›seherische‹ Gabe verfüge?«
    »Gottes Wege sind unergründlich.«
    »Kommen Sie, das ist keine Antwort.«
    »Nein, wohl eher ein überstrapaziertes Klischee.« An der Tür zur Kapelle blieb er stehen. »Wie wär’s damit? Ich denke, Gott verleiht jedem von uns bestimmte Gaben. Manche können wir, wenn wir wollen, sehen, berühren, beweisen. Andere sind nicht greifbar, aber nichtsdestotrotz Gaben. Wir können uns glücklich schätzen, wenn wir sie erkennen.«
    »Was, wenn ich meine besondere Gabe für einen Fluch halte?«
    »Dann sollten Sie versuchen, das Ganze von einer anderen Seite zu betrachten. Gott will, dass wir unsere Gaben nutzen, um der Menschheit zu dienen und ihm zur Ehre zu gereichen. Ich wette, wenn Sie es nur entschlossen genug versuchen, finden Sie das Positive daran.«
    »Das wird schwer sein.«
    »Ich bin mir sicher, dass es Ihnen gelingt«, sagte er mit einem ermutigenden Lächeln.
    Wenn du nur wüsstest.
Olivia war versucht, sich ihm anzuvertrauen, ihm zu erzählen, was sie gesehen hatte, aber dann überlegte sie es sich anders. »Ich werde mir Mühe geben«, versprach sie und fragte sich, ob sie gerade einen Mann Gottes belog. »Sind Sie und Vater O’Hara die beiden einzigen Priester hier in St. Lukas?«
    »Im Augenblick ja. Manchmal haben wir Gastpriester hier, die die Messe leiten. Und nur fürs Protokoll: Er möchte gern Monsignore O’Hara genannt werden. Da ist er manchmal etwas pingelig.«
    »Oh. Ich werde mich bemühen, daran zu denken. Kennen Sie noch andere Geistliche in New Orleans, aus anderen Gemeinden vielleicht?«
    »Natürlich.« Er lächelte amüsiert. »Warum?«
    »Reine Neugier«, sagte sie, und das konnte man wohl kaum als Lüge bezeichnen. So gern sie diesem Mann Gottes auch vertrauen wollte, sie wusste doch, dass es ihn unweigerlich befremden würde, wenn sie ihm die schreckliche Geschichte erzählte. Im Augenblick brauchte sie einfach nur einen Freund. Jemanden, mit dem sie reden konnte. »Danke für Ihre Zeit.« Sie reichte ihm die Hand.
    Er schloss seine kalten Finger um ihre. »Sie können jederzeit zu mir kommen, wenn Sie Fragen haben, Olivia. Und … vielleicht möchten Sie auch gelegentlich mal eine Messe besuchen. Mit mir zu reden ist sicher gut, aber womöglich sollten Sie sich besser direkt an den himmlischen Vater wenden.«
    »Das kann ich aber auch zu Hause tun, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich, aber die Türen von Gottes Haus stehen Ihnen jederzeit offen.« Er lächelte, und sie fühlte sich schon viel besser. »Hier.« Er griff in seine Tasche und zog seine Börse heraus, der er eine Visitenkarte entnahm. »Sie können mich gern anrufen, und Sie sind stets herzlich in St. Lukas willkommen.« Er drückte ihr die Karte in die Hand. »Ich werde nach Ihnen Ausschau halten.«
    Erwarte nicht zu viel, dachte sie, als sie die Karte entgegennahm.
    »Sagen Sie nichts … Sie hätten nicht gedacht, dass Priester Visitenkarten bei sich tragen. Oder E-Mails schreiben, oder? Nun, das tun auch nicht alle. Ich dagegen bin der Ansicht, dass das den Alltag vereinfacht. Und sich am Computer Visitenkarten zu erstellen ist ein Kinderspiel.«
    Olivia lachte und entspannte sich, dann steckte sie die Karte in ihre Brieftasche. »Vielen Dank.«
    »Danken Sie nicht mir. Da sind weitaus höhere Mächte im Spiel.«
    Vater James hielt ihr die Tür auf und beobachtete, wie sie über den Parkplatz zu einem roten SUV ging. Sie war eine interessante Frau. Aufgewühlt. Schön. Und sie hatte ihn belogen. Er fragte sich, warum, aber er versuchte, sie nicht zu verurteilen. Er war nicht der Mann, der andere richten durfte.
    Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, dass das Gott überlassen bleiben sollte.
    Wusste er selbst nicht zu genau, was Sünde war? Wie sich der Sog

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