Danger - Das Gebot der Rache
jetzt nicht.«
»Vielleicht solltest du ihn anrufen und fragen, was los ist. Hat er ein Handy?« Sie öffnete die Tüte, spähte hinein und holte einen Taco heraus, eingewickelt in knallbuntes Papier.
»Keine Ahnung. Ich habe seine Nummer nicht«, erwiderte Kristi stirnrunzelnd. Sie hatte die Liste mit den Anrufernummern durchgesehen, doch Brians Anruf war anonym eingegangen.
»Vielleicht ist er krank geworden«, schlug Lucretia vor, wickelte den labberigen Taco aus und biss hinein.
Vielleicht hat er dich auch bloß zum Narren gehalten. Vermutlich hat er bemerkt, dass du ein Auge auf ihn geworfen hast, und hat mit dir gespielt – eine dumme kleine Studienanfängerin, die sich für einen dreißigjährigen Assistenten auf dem Weg zum Doktortitel interessiert. Mach dir doch nichts vor, Kristi, er wird nicht kommen.
»Er hätte doch anrufen können.«
»Nun,
so
spät ist es ja auch noch nicht. Womöglich ist er einfach nur aufgehalten worden. Stau … oder … ach, ich weiß auch nicht.« Lucretia nahm einen Schluck Cola und setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl.
»Trotzdem hätte er anrufen können«, entgegnete Kristi niedergeschlagen.
»Nun, dann ist er eben ein Idiot. Du solltest überhaupt lieber bei Jay bleiben. Er liebt dich schließlich.«
Das wusste Kristi auch. »Jay ist ein guter Kerl, aber er ist ziemlich langweilig.«
»Aber er ist treu und aufrichtig.«
Was du nicht bist, ergänzte Lucretia zwar nicht laut, aber Kristi sah es an ihrem Blick. Lucretia war nach wie vor mit ihrem ersten Freund zusammen, und sie klebte an ihm wie Kleister. Sie gingen auf verschiedene Colleges und sahen sich kaum, doch sie gaben Hunderte von Dollars für Telefonkarten aus und hatten fest vor, die Zeit durchzustehen. Lucretia zog sich jedes Wochenende, das sie nicht mit ihrem Freund verbrachte, in diese Keksschachtel von Zimmer zurück und lernte Tag und Nacht.
Was in Kristis Augen vollkommen spaßfrei war.
»Ach, da fällt mir ein, jemand anderes hat angerufen und wollte dich sprechen.« Lucretia blickte suchend über ihren Schreibtisch und fand schließlich ein winziges Fitzelchen Papier. »Ein Typ namens Willie Davis.«
Kristi stöhnte. »Das ist der Junge, von dem ich dir erzählt habe. Der Typ, der sich in Psychologie immer hinter mich setzt und mich mit Blicken löchert.« Sie nahm Lucretia den Fitzel aus der Hand und zerknüllte ihn. »Er ist harmlos, ein Streber, aber ich habe kein Interesse. Das einzig Gute ist, dass Dr.Sutter etwas gegen ihn zu haben scheint. Er spricht im Kurs ständig Willie an, was den Druck von den anderen nimmt.« Sie warf Willies Telefonnummer in den Papierkorb. »Wenn er noch mal anruft, sag ihm, dass ich ausgegangen bin oder dass mich plötzlich der Schlag getroffen hat oder sonst was.«
»Ich hab es satt, ständig für dich zu lügen.« Lucretia schüttelte den Kopf. »Du musst schon selbst mit ihm fertig werden.«
»Das wird mir schon gelingen«, gab Kristi zurück. Sie war sauer auf Lucretia und auf Brian noch mehr. Dieser Mistkerl. Warum zum Teufel kam er nicht? Gereizt schnappte sie sich ihre Jacke. »Ich gehe.«
»Ohne Brian?« Lucretia riss die Augen auf und biss wieder in ihren Taco.
»Ja. Ohne Brian.«
»Aber du solltest nicht allein ausgehen, Kristi. Die Regeln der Schwesternverbindung …«
»… sind dazu da, gebrochen zu werden. Ich gehe. Allein.«
»Aber … Aber was soll ich ihm sagen, wenn er anruft?«
Dass er mich mal am Arsch lecken kann.
»Dass ich mich ins Samstagabendvergnügen gestürzt habe«, sagte sie, zog ihre Jacke an und verließ eilig das Zimmer. Als sie den Flur entlang zur Treppe lief, hörte sie das Telefon klingeln, doch sie kehrte nicht um, um zu erfahren, ob er es war. Wenn er anrief, gut. Er würde mit der Tatsache leben müssen, dass sie nicht zu den Mädchen zählte, die brav auf einen Jungen warteten.
Selbst dann nicht, wenn er so sexy war wie kein anderer auf dem Campus.
Er beobachtete sie aus der Dunkelheit heraus. Sah, wie sie aus den Glastüren von Cramer Hall herausschoss und die Straße entlang Richtung College-Hof rannte. Sie war einfach vollkommen mit ihren langen, durchtrainierten Beinen und dem geschmeidigen Körper einer Schwimmerin. Ihr Haar, das im bläulichen Licht der Laternen leicht rot schimmerte, wehte hinter ihr her. Sie war allein. Genau wie er gehofft hatte.
Schon bald würde aus Kristi Bentz die heilige Lucia werden.
Wenn er so lange warten konnte.
Ein feiner Nebel verhüllte das Gelände, stieg aus
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