Dangerous Liaison
hatte Marcel dem Geschehen zugesehen. Als Jesse die Utensilien aus ihrem Schlafzimmer geholt hatte, war er ihm voller böser Vorahnungen langsam gefolgt. Hilflos musste er mit ansehen, wie Jesse sich mehrmals an Robin verging. Er sah das schmerzverzerrte Gesicht seines Freundes, sah die Genugtuung und die Freude, die Jesse während des Aktes empfand, und plötzlicher Ekel für den Sektenführer überkam ihn.
Lautlos schlich er wieder nach oben und erbrach sich im Bad. Jetzt wusste er, dass Robin ihm beständig die Wahrheit gesagt hatte, dass Jesse wirklich keinerlei Skrupel kannte.
Erschöpft und geschwächt schleppte er sich danach ins Schlafzimmer und legte sich aufs Bett. Sein Gesicht glühte vor Scham, sein Magen schmerzte, und das kam nicht von den Nachwirkungen der Schläge. Es war der Ekel, den er auf einmal vor Jesse empfand, Ekel vor sich selbst, weil er ihm Robin ausgeliefert hatte. Er machte sich die heftigsten Vorwürfe, weil er Robin nicht geglaubt und auf Jesse vertraut hatte. Das war nicht der Jesse, den er kennengelernt hatte, das war ein völlig anderer Mensch gewesen. Ja, Marcel hatte schon an Ritualen teilgenommen, hatte gesehen, wie Jesse Menschen getötet hatte. Damals erschien es ihm richtig. Nun aber kamen ihm das erste Mal Zweifel an diesem Treiben. Verzweifelt starrte Marcel die Wand an. Er kannte Jesses Macht, seine weitreichenden Beziehungen, hatte miterlebt, was mit einigen anderen Aussteigern geschehen war. Und mit einem Mal war er nicht mehr überzeugt davon, dass Jesse Robin wirklich wieder in den Kreis der Loge zurückholen wollte. Vielmehr befürchtete er, Jesse wolle nur seine Rache ausleben.
Marcel bekam das erste Mal Angst, Angst um sein Leben.
Wie lange Robin dort auf der Liege gelegen hatte, nachdem Jesse ihn blutend zurückgelassen hatte, wusste er nicht. Irgendwann versiegten die Tränen, und er verspürte nur noch einen dumpfen Schmerz in seinen Eingeweiden. Geronnenes
Blut bedeckte seine Schenkel, und Robin säuberte sich notdürftig mit dem Wasser aus der Flasche, die neben seinem Lager stand. Resigniert zog er dann die Decke über seinen schmerzenden Körper und starrte blicklos ins Leere. Würde Jesse doch noch gewinnen?
Langsam kam es Robin so vor. Er würde keine zweite Chance zur Flucht bekommen, dessen war er sich sicher.
Leise seufzte er. War das wirklich sein Schicksal, hier in diesem Kellerloch zu sterben? Seinen Hund nie wieder zu sehen, David nie wieder zu sehen? Was würde der tun, wenn Robin nicht zurückkehrte? Würde er Savage bei sich behalten oder ins Tierheim geben? Robin wollte das dem Hund nicht antun, wollte das seinem einzigen Freund nicht antun. Was würde David denn von ihm denken?
Diese Gedanken machten ihn wahnsinnig, er wollte ihnen entfliehen, doch er wusste nicht, wie.
Robin begann, die Gitterstäbe zu zählen, die Steine an den Wänden, die Fliesen auf dem Boden, nur um sich abzulenken. Kalte Panik griff nach seinem Herzen und drückte es zusammen, erschwerte ihm das Atmen. Er war doch noch so jung! Er wollte nicht so ein Ende! Aber kein Mensch würde nach ihm suchen, wie auch!
Doch hier irrte er sich.
David hatte Savage zwar zu sich geholt und versorgte den Hund gut, aber er war misstrauisch geworden. Einfach jemand anderen anrufen zu lassen, entsprach so gar nicht Robins Art. Und dann meldete er sich überhaupt nicht mehr! An sein Handy ging nur noch die Mailbox ran, auf seine Bitte, sich bei ihm zu melden, reagierte Robin nicht, auch seine SMS blieben unbeantwortet.
David wusste, wie viel seinem Freund der Hund bedeutete, und er konnte sich nicht vorstellen, dass Robin einfach so für eine solch lange Zeit verschwand. Also begann er, Nachforschungen anzustellen. Er fuhr zu Robins Haus, zu dem er einen Schlüssel besaß, und durchsuchte die Stellen, an denen Robin, wie er wusste, seine privaten Notizen aufbewahrte. Er fand die Adresse von diesem Marcel und fuhr dorthin.
Ein Nachbar erzählte ihm, dass Marcel nach Los Angeles geflogen war. Hier wurde David das erste Mal richtig stutzig.
Warum behauptete der Franzose ihm gegenüber, nach Paris zu fliegen, seinem Nachbarn aber erzählte er etwas völlig anderes?
Um einen Hinweis zu bekommen, durchsuchte David erneut und diesmal besonders gründlich Robins Haus, fand aber lediglich die Handynummer Marcels und rief auch dort an.
Jedoch nahm auch hier keiner ab, reagierte keiner auf seine Bitte, ihn doch einmal zurückzurufen.
Und schließlich las David Robins neu
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