Dangerzone
meine Eltern waren, um sie selber zu fragen, wieso ich hier ohne sie war, doch mein Opa sprach nicht über sie. Sie gehörten eben zur Vergangenheit...
Zu oft ertappte ich ihn allerdings dabei, wie er mich mit Zuneigung und voller Erinnerungen im Blick betrachtete. Ich wusste, er dachte an seine Tochter, die meine Mutter gewesen war. Soviel hatte ich aus ihm rausbekommen. Er sagte, ich hätte genauso strahlende wissende Augen wie sie, auch wenn meine etwas schlammiger grün waren als ihre. Ja... so war er, niemals nur aus Höflichkeit nett, sondern immer geradeaus. Ich denke im Alter von sechsundachtzig Jahren kann man es sich schon mal leisten, jedem die Meinung ins Gesicht zu sagen. Man hat ja auch lang genug eingesteckt. Also kann man da dann schön austeilen.
Trotzdem wünschte ich mir, er hätte länger gelebt. Dann hätte ich mich jetzt nicht so schrecklich verlassen und einsam gefühlt.
Ich tapste hier also heulend, einsam und verlassen durch den heißen Sand der noch heißeren Wüste und guckte nicht nach links und nach rechts, als ich plötzlich etwas fühlte...
Manchmal hatte ich solche komischen Gefühle. Also blickte ich auf und wischte mir schnell die letzten Tränen aus den Augen. Im Gehen drehte ich mich um und blieb schockiert stehen. Mir folgte der weiße Wolf!
Seine Zunge hing ihm seitlich aus dem Maul und er grinste mich eindeutig wieder an. Ich schaute weiter, scannte die Gegend nach anderen Wölfen, doch es war nichts weiter zu sehen als Sand, Sand und nochmal Sand. Naja... noch ein paar verdurstende Bäumchen und die glühenden Sonnen. Ich will ja nicht lügen.
"Was willst du von mir?" rief ich ihm zu. Er setzte sich einfach nur hin, ganz gemütlich, so als würde ich mich normal mit ihm unterhalten und nicht gleich einen cholerischen Anfall bekommen.
Ich schüttelte den Kopf. Es war mir peinlich, dass er es mitbekommen haben musste, wie ich hemmungslos geweint hatte. "Verfolgst du mich etwa?" rief ich ihm zu. Er legte den Kopf leicht schief. So auf die Art. Vielleicht. Vielleicht auch nicht... Arschwolf!
Ich verengte die Augen und stemmte die Hände in die Hüften. "Hör auf mir hinterher zu laufen! Ich komme super allein zurecht! Wenn ich jetzt weiter gehe, will ich, dass du sitzen bleibst. Ich kann nicht gut heulend durch die Wüste spazieren, wenn ich von einer Bestie verfolgt werde, die mir jeden Moment in den Rücken springt."
Er schnaubte, blieb aber sitzen. "Ja. Du hast schon richtig verstanden!" rief ich. "Ihr seid alle gleich. Alles fleischfressende Monster!" nach diesen Worten drehte ich mich um und marschierte einfach weiter.
Ich hielt es natürlich nicht aus und blickte über meine Schulter... um zu sehen, dass er mir weiter hinterher trottete. Ich ballte die Hände zu Fäusten und ging aber weiter, als ich zurückschrie.
"Geh nach Hause und jag ein paar Unschuldige!" Er blieb nicht stehen, sondern grinste nur schon wieder auf diese dämliche Wolfsart. "Verstehst du mich nicht oder willst du mich nicht verstehen?" Ich wirbelte herum, beugte mich herab und nahm eine Hand voll Sand. Ich schmiss den heißen Sand nach ihm, doch er war viel zu weit weg, als das ihn auch nur ein Körnchen berührte. "Hör auf mir hinterher zu laufen!" schrie ich durch die halbe Wüste. "Ich brauche keinen Aufpasser!" Ich drehte mich um und ging einfach weiter, während ich murmelte. "Ich brauche keinen..." Außer meinen Opa vielleicht...
Ich schaute nicht mehr zurück, doch ich war mir sicher, dass er mir weiter hinterher ging. Gut, wenn er so viel Zeit hatte mir hinterher zu laufen, dann sollte er das tun. Ich würde ihm sicher nichts von meinem Wasser abgeben!
Wenn er mich zerfleischen wollte, dann hätte er das sicherlich schon getan, also ließ ich ihn einfach Wolf sein und konzentrierte mich darauf, nicht mehr zu weinen. Das ist gar nicht so leicht, wenn man sich einsam und verlassen fühlt.
Als Mädchen, allein in dieser Welt, ohne jegliche Hilfe, da würde man sich schon gerne tief im Sand eingraben und sich eine Runde selbst bemitleiden... oder da unten bleiben und nie wieder hoch kommen. Das wäre auch eine Möglichkeit.
Stattdessen marschierte ich verbissen weiter... einer mehr als ungewissen Zukunft entgegen.
CUT!
Kapitel 3
Ich lag hier also auf dem Bauch im gerade abkühlenden Wüstensand und wartete darauf, dass ein Sandbuddler durchlief. Es war ein dicker großer Nager mit viel Fleisch an dem runden rattenähnlichen Körper, der unter dem Sand hin und her hetzte, wie ein
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