Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
Kaffeepott hin. „Bitte.“
„Danke, dein Büro sieht anders aus.“
„Ja, mir gefiel das alte nicht und habe es eben nach meinen Vorstellungen neu eingerichtet. Ich mag es licht und hell.“
Sandra schlug den Aktenordner auf, beugte sich darüber und las, notierte Punkte, während Daniel sie verstohlen dabei beobachtete. Sie sah fast unverändert aus, nur pummeliger. Er hatte eine kurze Zeit bedauert, dass zwischen ihnen so falsch gelaufen war, aber nur sehr kurz, da Carola kam und ihn für eine Weile gefesselt hatte. In den vergan- genen Jahren hatte er sie vergessen. Aber sie war es gewesen, die ihn, ohne dass sie es jemals gewusst hatte, aus seinen Depressionen befreite, die ihn nach der Scheidung von seiner Frau befallen hatte.
Er hatte schlimme Monate durchlebt, war in eine fremde Umgebung gezogen, weil er gedacht hatte, es würdeseine Tiefs verschwinden lassen. Ein Trugschluss, wie er schnell bemerkt hatte. Das schwarze Etwas, die Umklammerung, dass Loch mit der großen Leere waren trotzdem da gewesen. Zeitweise hatte er sogar an Selbstmord gedacht, war aber zu feige gewesen.
Dann kam Sandra. Diese hysterische Furie hatte ihn aus seiner Lethargie gerissen. Er musste bei ihr ständig aufpassen, dass sie ihn nicht überrannte und er hatte gemerkt, dass er wieder Lust auf Sex bekam. Damals war es schief gelaufen. Das eine Mal war so ad absurdum gewesen und dass war es, dass er am meisten bereute, obwohl gerade das der Ausschlag war, dass er anfing normal zu leben.
Während er sie beobachtete dachte er zurück, etwas, dass erlange nicht mehr gemacht hatte, da er die Gedanken an diese Zeit meistens verdrängte.
Wir waren Kinder gewesen, Petra und ich und trotzdem habe ich geglaubt, sie sei die große Liebe. Wie konnte er mit seinen knapp zwanzig Jahren wissen, was Liebe ist? Damals war er noch so voller Illusionen, so idealistisch, so pathetisch. Aber er hatte es geglaubt und im Laufe der Jahre war es wie eine Besessenheit gewesen. Petra, die Frau mit den grünlichen Augen, den weichen Locken, dem schönen Körper, gehörte ihm. Alles hatte ihn an ihr verzaubert, aber es war Besitzerstolz gewesen, dass er der Erste, der Einzige bei ihr war. Trotzdem war ihm seine Arbeit, seine Karriere wichtiger gewesen, als seine Frau. Er war leichtsinnig mit ihrer Liebe umgegangen, selbstsüchtig, bis zum Tag, als er feststellte, dass es nur Lüge ihrerseits gewesen war, eine Illusion seinerseits und sie für immer weg war. Was folgte, war wie ein Albtraum gewesen. Eine bodenlose Leere, neben einer schieren Verzweiflung waren gekommen, mit aller Wucht, hatten ihn in einen Sog gezogen, aus dem er keinen Ausweg mehr sah. Er war nach Hamburg gezogen, hatte als Erster Hauptkommissar die Mordkommission übernommen und sein erster Fall hatte ihn mit Sandra zusammengeführt.
„Habt ihr sooo viele Aussagen von Leuten bekommen? Da müssen irgendwelche Anhaltspunkte zu finden sein.“
Es dauerte einen Moment bis er in die Wirklichkeit zurückfand. „Was sagtest du?“
„Träumst du? Ich sagte, bei so viel Papier, müsste man Hinweise finden. Da müssen mehr etwas bemerkt haben.“
„Es will aber keiner etwas gesehen haben.“
„Ist das in allen Fällen so?“
„Ja.“ Er setzte sich auf die Schreibtischkante. „Das ist in dem Milieu gang und gäbe. Keiner weiß etwas, keiner hat etwas gesehen. Nur die wenigsten packen aus. Wenn du dir die Aussagen durchließt, wirst du feststellen, dass sie nichts aussagen. Notabene sind das normale Wohnungen und da bekommt sowieso kaum jemand etwas mit.“
„Das sind bessere Huren gewesen. Da kommt man so als Normale nicht heran. Mindestens eine dicke Brieftasche muss vorhanden sein. Und dass die Huren nichts mitbekommen, ist wohl klar. Alle geistig zurück- geblieben oder durch die Syph blöde im Kopf.“
„Einfältige Einstellung und heuchlerisch! Du solltest deine Ausdrucks- weise einmal überprüfen, sie ist ordinär“, stellte er im kalten Tonfall fest. „Das ist das nächste Problem. Frauen die so arbeiten, haben es in gewisser Weise geschafft. Sie müssen nicht mehr auf die Straße und verdienen mehr. Sie haben ein, zwei Freier pro Nacht in angenehmer Atmosphäre. Das setzt keine aufs Spiel, um mit uns zusammen- zuarbeiten.“
„Gibt es Stress unter den Zuhältern? Einen Neuen vielleicht?“
„Nein, nichts. Davon sind wir zuerst ausgegangen, aber das ist es nicht. Die würden die Frauen, wenn überhaupt, töten, Ende. Niemals so bestialisch zurücklassen. Bei den Frauen überlegt
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