Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
auswendig. Er lehnt Gewalt in jeglicher Form ab, genauso wie Drogen.“
„Erzählen Sie mir bitte von ihm.“ Er fasste nach der Tasse, trank, ließ sie allerdings nicht aus den Augen. Ein eher mütterlicher Typ: Gutherzig, bestimmt ziemlich resolut, vermutete er.
„Er war immer anders als Sandra. Die ist aufbrausend, aber ein scharfer Verstand, will immer mit dem Kopf durch die Wand, egal wie. Volker war und ist ein kleiner Träumer. Er hat sich immer sehr an seine Schwester gehangen. Volker ist sensibel, obwohl sehr realistisch, aber … Sehen Sie sich seine Bilder an, die sagen alles. Kommen Sie mit.“
Sie stand auf und er folgte ihr. Im Flur blieb sie vor einem Bild stehen.
„Das ist von ihm. Sehen Sie es sich an. Denken Sie, dass ein Mensch der so malt, jemanden tötet?“
Daniel sah die Blumenwiese, Schmetterlinge, das frische grüne Gras, darüber ein blauer Himmel, auf dem kleine Schäfchenwolken zogen. Es strahlte Ruhe, Frieden, Freude aus. Man wollte darüber laufen, den Schmetterling fangen, so lebendig wirkte es. Es gefiel ihm, sehr sogar.
„Er hat es extra für den Flur gemalt, weil der so düster sei, hat er damals zu uns gesagt.“
„Es ist wunderschön“, flüsterte er leise.
Daniel sah die Tränen in den Augen der Frau glitzern und legte eine Hand auf ihre Schulter, während sie zum Tisch liefen.
„Wir ermitteln zusätzlich in anderer Richtung. Machen Sie sich keine Sorgen.“
„Danke, dass Sie das sagen. Ich bin nicht so, dass ich denke, in meiner Familie gibt es nur gute Menschen. Aber niemals würde gerade Volker so eine scheußliche Tat begehen. Nie!!! Er hat sie geliebt. Hätte sie ihn verlassen, wäre er traurig gewesen, hätte sich im Atelier oder auf dem Boot vergraben, wäre nach vier Wochen aufgetaucht, lachend, hätte gesagt, Hella, es gibt noch andere hübsche Mädchen. Das ist Volker. Dabei ist er kein Weichei, wie man so schön sagt, oder wie ihn Sandra wiederholt betitelt. Er konnte sich gut wehren, aber das passierte dann schnell und der andere hätte das Nachsehen. Mein verstorbener Bruder hat frühzeitig beide Kinder zum Training in Kampfsport und Selbstver- teidigung gedrängt, aber es hat beiden Spaß bereitet. Volker hat das weiter ausgeführt, auch, als er erwachsen war, bis zum heutigen Tag. Vielleicht ging Volker deswegen allen körperlichen Auseinanderset- zungen aus dem Weg. Er wusste, das wäre für ihn ein Klacks dem ein Ende zu setzen. Heinz hat zu mir gesagt, es stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder.“
Er versuchte sich diese Frau Larsen dabei vorzustellen, aber irgendwie passte es nicht. Dafür war sie viel zu dick, zu aufgeschwemmt.
„Kannten Sie Frau Gallert?“
„Ja, flüchtig. Volker war zweimal mit ihr hier. Ein sehr nettes Kind. Ich mochte sie vom ersten Moment an. Sie hatte irgendwie so etwas… ja Weiches an sich. So fraulich, wissen Sie.“
Er nickte und sah sie fragend an, trank den Kaffee.
„Ich weiß nicht, wie ich sie beschreiben soll. Sie war sehr hübsch, aber nicht darauf eingebildet. Sie machte den Eindruck, als wenn sie es nicht wüsste. Sie war lebhaft, auf eine angenehme Art. Sie war freundlich, ohne sich anzubiedern. So natürlich eben, so von innen heraus.“ Die Frau tupfte wieder mit dem Taschentuch die Tränen weg. „Sie waren so ein schönes Paar und passten perfekt zusammen. Für Volker war es die Frau. Wer macht bloß so was? Weswegen so ein liebes Kind?“
„Das möchte ich ebenfalls gern wissen. Aber wir bekommen den Täter, bestimmt.“
„Glauben Sie mir, Herr Kommissar, er war es nicht.“
„Ich glaube, dass er es nicht gewesen ist, obwohl vieles, nein faktisch alles gegen ihn spricht.“
Sie legte eine Hand auf seinen Arm. „Können Sie ihn nicht entlassen? Er läuft nicht weg.“
„Leider geht das nicht so einfach, aber wir hoffen, dass wir bald genü- gend Beweise für seine Unschuld haben, Frau Lipmann. Versprochen!“
„Danke! Darf ich Sie anrufen, wenn noch etwas sein sollte?“
„Aber sicher. Ihnen gebe ich sogar meine Handynummer“, schmunzelte er. Ihm tat die Frau leid. Für die Angehörigen der Täter war das nie er- fassbar, plötzlich mit einer derartigen Gewalttat konfrontiert zu werden.
Er zahlte, verließ sich nochmals bedankend das Restaurant, fuhr zu dem Haus, wo der Mann wohnte, sprach mit einigen Bewohnern.
Hinterher holte er an der Universität Informationen von zwei Dozenten und überall hörte er fast dasselbe: Ein netter, freundlicher, höflicher, intelligenter Mann, er war es nicht. Er
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