Danielle Steel
seine guten Eigenschaften in Erinnerung behalten. Joe war in Paris, als Andy eines Freitagnachmittags bei Kate anrief. Er hatte eigentlich vorgehabt, Reed abzuholen und ihn über das Wochenende mit nach Connecticut zu nehmen. Dort bewohnte er mit seiner Familie ein wunderschönes Haus. Doch er saß im Büro fest. Seine Frau und der Säugling waren beide krank geworden, so dass auch sie nicht in die Stadt kommen konnte, um Reed abzuholen.
»Vielleicht kannst du Reed einfach in den Zug setzen, Kate. Julie wird ihn dann in Greenwich abholen. Ich werde nämlich bestimmt erst spät zu Hause sein.«
Kate hielt von dieser Idee nicht viel. Reed war darüber sehr enttäuscht. Er liebte es, seinen Vater in Greenwich zu besuchen. Nachdem Kate mit dem Kleinen gesprochen hatte, rief sie Andy noch einmal an und schlug vor, Reed selbst nach Greenwich zu bringen. Sie würde nicht mehr als eine S tunde brauchen und hatte ohnehin nichts Besseres zu tun.
»Bist du sicher? Es gefällt m ir gar nicht, dass ich dir solche Umstände mache.«
39 2
Kate war im fünften Monat, doc h sie fühlte sich großartig. »Aber es macht mir Spaß. Und außerdem habe ich dann ein wenig Ablenkung.«
Reed war begeistert, als Kate ihm von ihrem Plan erzählte. Stephanie blieb in der Obhut der Kinderfrau zurück. Für die Kleine würde es sonst zu spät werden. Um sechs Uhr machten sich Mutter und Sohn auf den Weg. Kate wollte gegen acht wieder zu Hause sein. In Paris war es Mitternach t, und Joe hatte bereits angerufen.
Auf dem Weg aus der Stadt he rrschte beträchtlicher Verkehr, doch das war nicht ungewöhnlich. Um Viertel nach sieben erreichte Kate Andys Haus. Julie hatte den Säugling auf dem Arm. Sie wurde von heftigen Bauc hschmerzen geplagt, und sie und ihr Kind waren zudem erkälte t. Der Kleine sah Andy sehr ähnlich und glich auch Reed ein wenig. Kate gab ihrem Sohn zum Abschied einen Kuss. Julie lud sie zum Essen ein, doch Kate wollte sich gleich wieder auf den Weg machen. Die beiden Frauen lachten, als sie einvernehmlich feststellten, dass Kate inzwischen sehr rund geworden war.
»Vielleicht ist es gar kein Kind, sondern ein Elefant«, lachte Kate, als sie in den Wagen stieg. Sie kurbelte das Fenster hinunter und stellte das Radio an. Gut gelaunt fuhr sie los. Es war ein lauer Abend, und sie genoss es, hinter dem Steuer zu sitzen. Um Viertel vor acht war sie wieder auf der Landstraße. Gegen Mitternacht rief die Kinderfrau in Greenwich an, weil Kate noch nicht nach Hause zurückgekehrt war.
Julie ging ans Telefon. Die Frau war offensichtlich in großer Sorge. Zuerst hatte sie vermutet, Kate habe vielleicht ihre Pläne geändert und unterwegs bei Freunden vorbeigeschaut. Doch nun war es schon spät, und sie hatte diese Möglichkeit verworfen. Vielleicht war Kate ja auch müde geworden und hatte sich entschlossen, die Nacht bei den Sc otts zu verbringen? Das hielt sie zwar eigentlich für unwahrscheinlich, doch sie wollte sich
39 3
lieber vergewissern. Julie war sehr erstaunt, dass Ka te noc h nicht zu Hause angekommen war. Über irgendwelche Pläne wusste sie nichts und erklärte, dass Kate sie schon nach wenigen Minuten wieder verlassen hatte. Julie fragte auch Andy, ob Kate vielleicht ihm gegenüber irgendetwas hatte verlauten lassen. Doch Andy schüttelte nur müde den Kopf. Er war schon beinahe eingeschlafen. »Wahrscheinlich hat sie sich mit ein paar Freunden zum Dinner in New York getroffen. Sie hat erzählt, dass Joe wieder einmal unterwegs ist.« Andy wusste, dass Kate meist allein ausging.
»Aber dafür war sie gar nicht passend angezogen«, stellte Julie zweifelnd fest. Kate hatte einen schlichten Baumwollrock m it einem weiten Oberteil getragen und dazu alte Sandalen. Das Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden.
»Oder sie ist ins Kino gegangen«, murmelte Andy schlaftrunken.
Julie bat die Kinderfrau, noch einmal anzurufen, wenn Kate nicht nach Hause käme. Kate war ihr von Anfang an sympathisch gewesen. Julie wusste zwar, dass sie Andy sehr weh getan hatte, doch er konnte die Vergangenheit mittlerweile sehr gelassen sehen. Julie selbst war natürlich froh, dass die Dinge sich so entwickelt hatten, denn sie war sehr glücklich mit ihrem Mann.
Die Kinderfrau rief am nächsten M orgen um sieben Uhr erneut an. Kate war immer noch nicht zurückgekehrt.
Nun war auch Andy in großer Sorge. »Das sieht ihr gar nicht ähnlich«, sagte er zu Julie, als er den Hörer auflegte. Reed war schon unten beim Frühstück. Der
Weitere Kostenlose Bücher