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Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Stratmann
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den Grenzen ist bei Ihnen ja eine komplizierte Angelegenheit. Bei den Kindern geht das schon los. Rums, Fettnapf. Die Dinger stehen ja überall herum.
    »Polly?«
    »Hm?«
    »Ähm. Etwas fragen wollte ich dich.«
    »Hm?«
    »Warum reagierst du nie darauf, wenn deine Mutter so hässlich zu dir ist?«
    Polly unterbrach ihre Tätigkeit bei Kralle fünfzehn und sah mich an:
    »Weil ..., weil ich ..., keine Ahnung, weil’s ja eh nix bringt. Heulen zum Beispiel. Bringt ja nichts.«
    »Woher weißte denn das?«
    »Weil ich’s ausprobiert hab. Deshalb. Früher hab ich immer losgeheult, wenn die so war, ich weiß auch nicht, da musste ich sofort heulen.«
    »Und heute?«
    »Keine Ahnung, kommt nix mehr.«
    »Wie, kommt nix mehr?«
    »Ja, kommt nix mehr. Die schreit mich an, und dann denk ich ganz schnell an was anderes, und dann kommt nix mehr.«
    »Hm.«
    »Tja«, Polly zuckte die Schultern.
    »Weißt du denn dann noch, was die gesagt hat? Wenn du an was anderes denkst?«
    »Nö. Oft nicht. Ist ja eh immer das Gleiche, was die sagt!«
    »Und dein Vater? Was macht denn dein Vater?«
    »Der schreit mich nicht an.«
    »Aber wenn deine Mutter dich anschreit, was macht der dann?«
    »Das kriegt der doch gar nicht mit.«
    »Wieso das denn nicht?!«
    »Is halt so. Deswegen schreit die den ja auch manchmal an. Weil der immer nix mitkriegt.«
    »Ach, du liebe Güte!«
    »Wieso? Wieso du liebe Güte?«
    »Na ja, weil ich das traurig finde, wenn hier eine immer schreit, einer nix mitkriegt und das Kind auch schon nicht mehr heult.«
    »Tja. Weiß ich jetzt auch nicht, ist halt so. Die schreit halt rum, und ich denk total fest an was anderes, ich überleg dann, wie meine Wohnung später mal aussieht oder was wir in der nächsten Dienstagsgruppe machen. Oder morgens im Bus freu ich mich auf unsere Klassenlehrerin, hab ich dir doch alles schon mal gesagt. Ich hab mich voll da dran gewöhnt, echt. Ich hab schon mal gedacht, vielleicht ist meine Mutter ja auch ein bisschen behindert, mit den Nerven oder so.«
    »Behindert??«
    »Ja, kann doch sein. So nervenbehindert. Da redet die selber auch oft von, dass die die Nerven für irgendwas nicht hat. Die ist wahrscheinlich mit zu wenig Nerven auf die Welt gekommen, und jetzt isse behindert. Und Behinderte können ja nix dafür; für ihre Behinderung. Weil, ist halt so.«
    »Und du denkst, deine Mutter schreit gar nicht, weil sie dich nicht lieb hat, sondern, weil sie behindert ist?«
    »Rrrrrrichtig, Schlaumaus.«
    »Hat dir das jemand so erklärt?«
    »Nö.«
    »Du bist da von ganz allein drauf gekommen??«
    »Rrrrichtig.«
    Ich war fix und fertig von dem Gespräch. Da hatte Polly sich eine Krankheit für ihre Mutter ausgedacht, damit sie es besser aushielt, wenn diese sie attackierte! Was sollte ich damit nun machen? Erhielt Polly sich damit einfach ihr inneres Gleichgewicht oder würde sie vielleicht doch eines Tages bekloppt davon, dass sie sich so eine krude Geschichte über ihre Mutter ausgedacht hatte? Sollte ich mal mit dem Vater reden? Diesem Nichtsmerker?
    Na, das würde ja mächtig Eindruck machen: Eine Maus knöpft sich einen Vater vor!

      
    Ich hatte den Samstagnachmittag gewählt.
    Polly hatte ich gesagt, ich müsse mal für mich sein und sie allein mit ihrem Rad zu Ben fahren lassen. Dort wollte sie ein bisschen Schlagzeug üben.
    Ihre Mutter Sonja war mit ihrer kinderlosen Freundin Julia in der Stadt.
    Und Herr Weller schraubte in der Garage an seinem Motorrad herum.
    Ich hüstelte in meine rechte Vorderpfote.
    »Na? Britta? Was machst du denn hier? Hoffst du, ich mache jetzt einen Kalender mit dir aufm Motorrad?«
    Nein, hoffte ich nicht.
    »Herr Weller, ich äh ..., ich würde Sie gern mal sprechen. Allerdings nicht hier draußen, könnten wir vielleicht reingehen?«
    Ich drehte mich sofort um und ging zügigen Schrittes vor ihm ins Haus zurück.
    Ich hockte unten im Wohnzimmer, da hörte ich ihn murmelnd seine Schuhe im Flur ausziehen: »Ich muss bescheuert sein: Ich folge einer Maus ins Haus!«
    »Hier bin ich!« Ich wollte den Gesprächsbeginn so lässig wie möglich gestalten. Vielleicht schaffte ich es mit der richtigen Methode ja, dass er sich mit meinen Aussagen befasste und nicht vorwiegend damit, wer sie tätigte.
    »Was gibt’s denn zwischen mir und einer Maus zu besprechen?«, ließ Herr Weller sich aufs Sofa fallen.
    »Ja, ich find das auch ein bisschen komisch, hier, mit uns beiden, das müssen Sie mal nicht meinen, aber ich würde nicht mit Ihnen

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