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Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Stratmann
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zumindest ich es besser fände, er würde mit dem Quatsch mal aufhören? Aber ich scheine ja hier der Einzige zu sein. Die Mami findet das ja nicht so schlimm. Dann macht ruhig weiter so, der eine pinkelt, die andere zieht ein frisches Laken drüber. Ich muss übrigens noch mal ins Büro, ich lass euch hier raus.«
    Das konstruktive Gespräch fand ein Ende, und wir gingen ins Haus.
    »Hey, Pipimän!«, hier grüßte der Bruder. Sven, vierzehn Jahre alt.
    »Haben wir eigentlich nur Geisteskranke in dieser Familie?!«, stellte die Mutter daraufhin, nicht ganz unberechtigt, in den Raum.
    Malte verschwand mit mir in seinem Zimmer, und wir rumpelten auf sein Sofa. Da kam seine Hand in die Tasche und zog mich heraus. Malte grinste mich an. Gott sei Dank, er grinste.
    »Geil, oder?«
    Ich schaute ihn fragend an.
    »Die gehen alle voll ab aufs Pinkeln! Die drehen total durch! Das ist geil!«
    »Entschuldige, Malte, vielleicht stehe ich ja auch gerade auf der Leitung, aber was genau ist da geil?«
    »Mäuschen, jetzt stell dich nicht doof! Vorher hieß es immer, ja Malte hier, Malte da, du bist vorlaut, du bist unordentlich, du bist anstrengend, du bist zu anstrengend, du frisst Popel. Und jetzt? Reden die nur noch vom Pinkeln.«
    »Aha. Und du findest das also toll, wenn dein Bruder sagt: Hallo Pipimän?«
    »Ja klar, richtig cool ist das nicht, aber eben das in der Stunde war echt ’ne Ausnahme von meinem Vater. Seitdem wir zu dem schlauen Schädel gehen, sind die viel lockerer. Am Anfang waren die immer nur am Meckern über mich, und der Sven war immer der Tolle. Jeden Tag war einer sich tierisch am Aufregen. Über alles. Total Horror. Dann hab ich halt irgendwann angefangen mit Bettnässen, das ging irgendwann einfach los, keine Ahnung, fand ich erst total scheiße, aber dann waren meine Eltern auf einmal total besorgt und so, ob ich vielleicht irgendwie auch noch ’ne Krankheit hab da unten oder so. Und in der Therapie, da müssen die jetzt immer alles noch mal neu sagen, wenn das vorher zu meckerig war. Die sagt dann immer: ›Können Sie das noch mal positiv formulieren, Herr Rückert? Säuselsäusel.‹ Und dann sagen die ihre Sachen noch mal in Nett, und dann lobt die die, und die sind total stolz dann.«
    »Und was war dann heute mit deinem Vater los?«
    »Na ja, ich hab das heute ’n bisschen ... zu dolle ..., das war heute die vierte Stunde bei der Winter-Schädel, und ich hab immer brav geantwortet und so, und da wollte ich heute mal rauskriegen, wie lange ich das durchhalte, wenn ich mal fast immer Nein sage und keine Ahnung und so. Sechzehn Neins! Haste mitgezählt?«
    Das hatte ich. Und ich war bei jedem Nein tiefer in die Bauchtasche gekrochen, weil ich mir schon dachte, dass Erwachsene das nicht mögen, wenn ein Kind derart antwortet.
    »Und da ist Papa eben mal ein bisschen ausgerastet hinterher, aber so war der früher nur! Die Winter-Schädel hat dem das schon ganz viel abgewöhnt.«
    Wenn diese doppelbenamte Therapeutin doch so erfolgreich war, zumindest, was den Ton in der Familie anging, konnte ich Malte schlecht fragen, ob es sich nicht lohnte, einmal in die Gelben Seiten zu schauen. Aber vielleicht war deren ständige Fragerei, ob man eine Äußerung noch einmal freundlicher versuchen könnte, auch einfach nur gleichzusetzen damit, dass Installateure von Muffen sprechen, dass Klavierstimmer Oktaven strecken und Friseure Foliensträhnen legen. Fachsprache eben.
    »Malte?« Maltes Mutter stand in der Tür. »Holst du uns für’s Abendessen schnell noch acht frische Brötchen?«
    Sie wartete die Antwort ihres Sohnes gar nicht ab und schloss nach Auftragserteilung in Frageform einfach wieder die Kinderzimmertür. Malte war mir bis hierhin eh schon als ein äußerst wendiges Kerlchen aufgefallen, und so hatte er auch für diese Situation zügig eine Lösung parat:
    »Das machst du!«, sagte er zu mir.
    Für einen Moment war ich unsicher, wie sich das bei Menschen seines Alters mit dem Humor verhielt. Da sprach er aber unbeeindruckt weiter: »Der Bäcker ist hier gleich in der Parallelstraße, siehste direkt aufm Schild, da steht groß ›Holzbecher‹ dran, und da gehste rein, sagst acht Brötchen bitte, fertig.«
    »Du hältst es nicht für problematisch, dass ich im Unterschied zu der übrigen Kundschaft aus der Tierwelt stamme?«, gab ich zu bedenken, wurde aber eines Besseren belehrt. »Quatsch! Da gibt’s einen Hund, dem stecken die für sein Herrchen einfach die Tüte zwischen die Zähne und

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