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Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Stratmann
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Rechtschreib-Richtlinien für Legastheniker kümmern wollte und dass sie alle eventuell mit anpacken müssten.
    Am meisten aber hatte ich mich auf die heutige Runde gefreut, weil ich eine Beobachtung vorantreiben wollte: Ich hatte die starke Vermutung, dass es in der Gruppe ein Liebespaar gab. Ich hatte zwischen zwei Teilnehmern eine vorsichtige Annäherung wahrgenommen, deren Indizien eine Gemengelage waren aus starkem Erröten, wenn der andere sprach, Schubsen, besonders laut über den anderen lachen und gemeinsamem Nach-Hause-Gehen. Die beiden Auserwählten zeigten ein Verhalten zwischen für den anderen durchs Feuer gehen und sofortiges Leugnen, wenn sie dabei erwischt wurden:
    »Ey, du bist ja verknallt, Mann!«
    »Iiich?! Hast du ’ne Macke?! Verknallt, igitt! Das ist was für Schwule!«
    Und ich als feinfühlige Maus Britta werde jetzt an dieser Stelle auf gar keinen Fall veröffentlichen, um wen es sich hierbei handelte.
    Jaja, ich nahm mit den vorherigen Zeilen bereits Schwung zu einer pointenreichen Beschreibung der Annäherung zweier Elfjähriger, aber wenn ich mir vergegenwärtige, welchen inneren Kampf die beiden mit ihrer Zuneigung und gegen deren Veröffentlichung führten, werde ich einen Teufel tun, die beiden hier bloßzustellen. Junge Leute sind da sehr empfindlich. Wenn du unsensibel mit deren dünnen Häuten umgehst, kannst du dir schon mal längerfristig ein Vertrauensproblem einhandeln.
    Vollkommen logisch, eigentlich. Derjenige, der auch nur einmal eine dumme Bemerkung über Tim und mich gemacht hätte, wäre schon im selben Moment von der Liste derer gestrichen worden, denen ich noch einmal etwas von mir gezeigt hätte. Was einem wichtig ist, das gibt man ja nicht zum Drübertrampeln frei. Große wie Kleine, Mäuse wie Menschen, da sind wir alle gleich.
    In erwähnter Dienstagsgruppe wurden in der ersten halben Stunde Weihnachtsgeschenke getauscht – unter anderem nahm Luise strahlend einen rosa Armreif von Maras Oma, der Spitzenköchin, entgegen – , des Weiteren erlebte ich eine spannende Diskussion darüber, wie man mit Erwachsenen verfahren sollte, die einen nicht anschauten.
    Die was nicht??
    Zunächst wusste ich überhaupt nicht, was und wen die Kinder denn damit meinten. Aber dann erinnerte mich Polly daran, dass ich ein solches Exemplar doch bei ihr zu Hause bereits angetroffen hätte.
    Das stimmte, selbst am Esstisch hatten die Erbsen auf Mutter Wellers Teller mehr Blickkontakt mit der Dame als Polly.
    Pollys Mutter hatte wahrscheinlich einen extrem ausgeprägten Tastsinn, wenn sie ihre Augen so wenig benutzte. Aber beim Anfassen hatte ich sie auch noch nicht beobachtet. Vielleicht waren ja ihre Ohren auf allerhöchstem Niveau.
    Mit dieser Mutter ausgestattet, konnte Polly also als Expertin für die anderen Gruppenteilnehmer dienen. Die regten sich nämlich darüber auf, dass Frau Dörrlein, die Deutschlehrerin, ihren Unterricht größtenteils durchführte, ohne mit den Schülern einen anständigen Blickwechsel herzustellen.
    Wie ging denn so etwas bei einer Lehrerin? Man stand inmitten von Schülern und guckte die nicht an? Gut, ich hätte zuvor auch nicht geglaubt, dass es eine Mutter schaffte, mit ihrer Tochter in einem Haus zu leben und diese nur höchst selten mit einem Blick zu streifen. Ich wollte unbedingt mit in diese Deutschstunde, das musste ich mir anschauen, so eine Schulstunde dauerte schließlich fünfundvierzig Minuten, wo guckte die Dame denn die ganze Zeit hin?

      
    »Gutän Morgään!«
    Klassentür auf, Klassentür zu, da war sie, die Frau Dörrlein.
    Rauschte zur Tür herein, rauschte zum Pult, legte ihre Tasche ab, kramte darin herum und brachte DIN-A4-Blätter zum Vorschein, riss den Stuhl vom Pult weg, rammte ihn sich kurz darauf in die Kniekehlen, nun saß sie und zitierte Kai mit der Aufforderung an die Tafel, das Plusquamperfekt von zehn Verben auf das Grün zu schreiben.
    Während Kai schrieb, schaute sie an die Tafel, und als er geendet hatte, stieß sie ihr Gesicht wieder in ihre Notizen, unterdessen wurde Kai an seinen Platz zurückgeschickt und Mara zum Fortsetzen nach vorne gebeten. Während Mara wiederum Kais Aufzählung vervollständigte, verschwand Frau Dörrlein mit dem Kopf in der Schublade ihres Pultes und ließ, nachdem sie Mara an deren Platz zurückgebeten hatte, die Klasse die Bücher herausholen, sodass nun alle sich in das geschriebene Wort vertieften und niemand mehr irgendjemanden angucken musste.
    Ich ergatterte einen Blick

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